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Trumps neue Zölle spülen Milliarden in die US-Kassen – doch internationale Reaktionen bleiben bislang aus. Viele Länder fürchten die Folgen eines Handelskonflikts.
München – Die Vereinigten Staaten haben im zweiten Quartal 2025 so viele Zolleinnahmen verzeichnet wie nie zuvor. Nach Angaben der Financial Times summierten sich diese auf rund 64 Milliarden US-Dollar – ein Plus von 47 Milliarden Dollar gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dieser Anstieg ist das Resultat zahlreicher neuer Importzölle, die die US-Regierung unter Präsident Donald Trump seit Anfang April eingeführt hat.
Laut Daten des US-Finanzministeriums fließen dem Staat derzeit rund 600 Millionen Dollar täglich durch Zollabgaben zu. Damit verfügt die Regierung über ein wirkungsvolles Mittel, kurzfristige Einnahmen zu erzielen – bislang ohne spürbare wirtschaftliche Einbußen im Inland hinnehmen zu müssen.
Trump-Zölle: Verhaltener Widerstand aus dem Ausland
Trotz der offensiven Zollpolitik der USA hielten sich viele ihrer Handelspartner bislang mit Gegenreaktionen zurück. Laut Financial Times waren deutliche Gegenmaßnahmen bisher vor allem auf China und Kanada beschränkt. Zwar führte China eigene Strafzölle ein, deren Effekt blieb jedoch begrenzt. Die Erlöse daraus stiegen im Mai lediglich um 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Kanada kündigte zwar Vergeltungszölle in Milliardenhöhe an, zog diese jedoch unter amerikanischem Druck teilweise wieder zurück.
Einige Länder – darunter auch die EU – haben bislang lediglich mit Gegenzöllen gedroht, ohne diese konsequent umzusetzen. Die Europäische Kommission setzte stattdessen auf Gespräche und knüpfte ihre Reaktion an die von den USA gesetzte Frist bis zum 1. August.
Warum Länder Trumps Zölle dulden: Angst vor Handelskrieg
Die zögerliche Haltung zahlreicher Länder lässt sich durch wirtschaftliche Überlegungen erklären. Wie die Financial Times berichtet, fürchten Akteure wie die EU, Kanada oder Mexiko eine Eskalation, die globale Lieferketten gefährden und die Inflation weiter antreiben könnte. Wirtschaftshistoriker Alexander Klein von der Universität Sussex betont, dass bei den Verhandlungen vor allem kurzfristige Ziele wie die Verringerung von Zollrisiken im Vordergrund stehen.
Zoll-Hammer für die EU: US-Präsident Donald Trump kündigt neue Strafzölle in Höhe von 30 Prozent für die EU an. © Evan Vucci/dpa
Auch Marta Bengoa von der City University of New York erläutert, dass die starke Stellung der USA als globaler Absatzmarkt Gegenmaßnahmen unattraktiv mache. Die möglichen Folgen eines großflächigen Handelskriegs seien schlicht zu gravierend. Laut einem Modell von Capital Economics könnte ein beidseitiger Zollsatz von 24 Prozent das weltweite BIP innerhalb von zwei Jahren um 1,3 Prozent verringern.
Internationale Unternehmen unter Zugzwang
Während die US-Regierung von den gestiegenen Zolleinnahmen profitiert, geraten weltweit Unternehmen und Verbraucher zunehmend unter Druck. Multinationale Konzerne wie Apple, Adidas oder Mercedes reagieren mit angepassten Preisstrategien, um zusätzliche Kosten auf mehrere Märkte zu verteilen. Laut Simon Geale vom Beratungsunternehmen Proxima könnten optimierte Lieferketten einige Kosten abfedern – dennoch würden viele Preissteigerungen an die Endkunden weitergereicht. Während US-Konsumenten moderate Aufpreise noch akzeptieren, könnten kräftigere Anhebungen von 20 bis 40 Prozent die Nachfrage merklich dämpfen.
Ein Reuters-Bericht zeigt, wie stark die Auswirkungen bereits sind: Internationale Konzerne bezifferten die durch Trumps Zollpolitik verursachten Zusatzkosten und Umsatzeinbußen bisher auf mindestens 34 Milliarden Dollar. Laut Yale-Professor Jeffrey Sonnenfeld dürften die tatsächlichen Belastungen jedoch deutlich höher liegen, da viele indirekte Effekte bislang noch nicht vollständig berücksichtigt sind.
Langfristige Folgen von Trumps Zollpolitik für die Weltwirtschaft
Wie die aktuellen Handelsgespräche enden werden, ist derzeit noch unklar. Kürzlich veröffentlichte die EU eine Liste möglicher Vergeltungsmaßnahmen im Umfang von 72 Milliarden Euro – jedoch ohne konkrete Zollsätze. Offensichtlich versucht man, keine vorschnellen Konfrontationen mit Trump zu provozieren. Diplomatische Kreise betonen zudem, dass die Verhandlungen im Kontext weiterer geopolitischer Themen – wie etwa der US-Haltung zur Ukraine – gesehen werden müssten.
Langfristig könnte die ausgebliebene Gegenwehr den USA strukturelle Vorteile verschaffen. Laut Creon Butler vom Thinktank Chatham House genießen amerikanische Firmen dadurch relativ ungehinderten Zugang zu globalen Lieferketten, während Hersteller aus Asien und Europa unter hohen Handelsbarrieren leiden. „Kurzfristige Zurückhaltung ist verständlich“, sagt er der Financial Times, „doch auf lange Sicht braucht es strategische Kooperationen mit anderen Wirtschaftspartnern.“