Tokio. Nordkorea wird für Russland im Ukraine-Konflikt unverzichtbar. Je länger der Krieg andauert, desto besser für Kim Jong-un.

Längst sprechen sie, als wären nicht nur sie als Politiker, sondern gleich ihre ganzen Nationen eng befreundet. Kim Jong-un, Diktator Nordkoreas, erklärte dieser Tage, sein Land sei zu „bedingungsloser Unterstützung“ Russlands bereit. Sergej Lawrow wiederum, Russlands Außenminister, bezeichnete die Beziehung seines Landes zu Nordkorea, das er dieser Tage besuchte, als „unbesiegbare Bruderschaft.“ Die Top-Politiker schätzen, was sie aneinander haben. Was soll da noch schiefgehen? 

Im Angriff Russlands auf die Ukraine, der im Februar 2022 begonnen hat und bei dem sich kein Ende abzeichnet, hat sich Nordkorea jedenfalls zu einem unverzichtbaren Partner entwickelt. Der Ein-Parteienstaat aus Nordostasien, der mit Russland auch eine Landgrenze teilt, hat wohl um die 15.000 Soldaten in die Region Kursk entsandt, wo offenbar auch schon Hunderte gefallen sind. Aber was für Nordkorea wie ein schweres Opfer aussehen mag, lässt sich auch als so etwas wie eine Investition lesen. 

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Partnerschaft zwischen Russland und Nordkorea: Ein Coup auf mehreren Ebenen

Denn längst nicht nur Russland profitiert von der nordkoreanischen Beteiligung am Krieg mit der Ukraine. Sofern die Schätzungen des ukrainischen Geheimdienstes korrekt sind, um die 40 Prozent der gegen die Ukraine verwendeten Munition stammen demnach aus Nordkorea, erlebt die nordkoreanische Volkswirtschaft gerade einen Produktionsboom. Knowhow besteht ohnehin: Im Kalten Krieg war Nordkorea mit der Sowjetunion alliiert, deren Ausrüstung teils heute zum Einsatz kommt. 

So ist die neue Partnerschaft mit Russland – die nach Russlands Ukraine-Angriff gar in einen gegenseitigen Verteidigungspakt mündete – für Nordkorea ein Coup auf mehreren Ebenen. Der wegen seines Atomprogramms und schwerer Menschenrechtsverletzungen mit harten UN-Sanktionen belegte Staat hat in Russland nun nicht nur einen starken militärischen Partner, der neues Wissen bereitstellt und für mögliche Verhandlungen mit den verfeindeten Staaten USA und Südkorea die eigene Position verbessert. 

Nordkoreas neue Rolle als Schlüsselpartner

Nordkorea, das ökonomisch bisher in sehr hohem Ausmaß von China abhängt, hat jetzt auch einen weiteren wichtigen Handelspartner – einen gar, der Nordkoreas Hilfe dringend braucht. „Im Moment steht kein Staat Russland so nah wie Nordkorea“, hat Vladimir Tikhonov, Koreanistikprofessor an der Universität Oslo und Experte für Nordkorea, wiederholt erklärt. Aber diese Nähe lässt sich Kim Jong-un offenbar auch gut bezahlen. 

Lawrow in Nordkorea

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un (l) mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow (m) während eines Treffens in Wonsan.
© Uncredited/Russian Foreign Ministry Press Service/AP/dpa | Uncredited

Denn Russland profitiert etwa von den nordkoreanischen Soldaten – die mit ihren Erfahrungen vor Ort zudem das eigene Militär teils für mögliche andere Einsätze stärken – auch innenpolitisch, da so nicht noch mehr russische Männer eingezogen werden müssen. Berichte, dass Nordkorea seine an Russland abgestellte Truppenstärke nun auf 30.000 Männer erhöhe, sind vom ukrainischen Geheimdienst aber revidiert worden. 

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Urlaubsresort in Nordkorea: Direktflüge von Moskau nach Pjöngjang

Unterdessen schätzt das Korea Institute for Defence Analyses aus Südkorea, dass Russland für die militärische Unterstützung Geld oder Güter im Wert von rund 20 Milliarden US-Dollar an Nordkorea bereitstellen dürfte. Zur Einordnung: Laut Schätzungen von Südkoreas Zentralbank betrug Nordkoreas Bruttoinlandsprodukt zuletzt rund 23 Milliarden US-Dollar. Die Beziehung zu Russland beschert Nordkorea insofern einen neuen Wirtschaftsboom. 

Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion

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Und der soll sich fortsetzen. Diese Woche wurde erklärt, dass es erstmals Direktflüge zwischen den Hauptstädten Moskau und Pjöngjang geben wird. Schon am 27. Juli sollen zweimal pro Woche Flugzeuge abheben. Für Kim Jong-un, der im vor allem jenseits der Städte weitgehend armen Land auch ohne demokratische Prinzipien unter Rechtfertigungsdruck gegenüber seiner Bevölkerung stehen dürfte, ist so eine neue Flugverbindung nicht nur ein Soft-Power-Gewinn. 

In Wonsan, an der südlichen Ostküste von Nordkorea, rund 200 Kilometer von Pjöngjang entfernt, wurde Ende Juni ein neues Urlaubsresort am Strand eröffnet. Dort sollen nun vor allem Russen absteigen – deren Geld sehr willkommen ist.