Stand: 16.07.2025 23:14 Uhr

Norwegen schien im ersten Viertelfinalspiel der Frauen-EM die größeren Kraftreserven zu haben. Am Ende waren es aber die Italienerinnen, die das Ticket fürs Halbfinale mit einem 2:1 (0:0)-Sieg klarmachten.


Olaf Jansen

Den Siegtreffer markierte Kapitänin Cristiana Girelli in der 90. Minute. Sie hatte Italien nach 50 Minuten auch in Front geschossen, Ada Hegerberg war der zwischenzeitliche Ausgleich gelungen (66.). „Wir sind so unglaublich stolz, dass wir es ins Halbfinale geschafft haben. Wir erneten jetzt den Lohn für die unglaubliche Arbeit, die wir in den letzten Jahren geleistet haben“, freute sich Trainer Andrea Soncin. „Jetzt wird gefeiert“, jubelte Mittelfelspielerin Arianna Caruso.

Nach Diskussionen: Starspielerin Hegerberg darf starten

Ach, was hatte es in Norwegen für Diskussionen vor dem Match um Hegerberg gegeben. Begriffe wie „Starallüren“ und „Formkrise“ hatten die Runde gemacht, etliche Experten hatten gefordert, ohne die Starspielerin ins Match zu gehen. Aber natürlich: Die Kapitänin führte ihr Team aufs Feld, stand von Beginn an auf dem Platz.

Interessant: Neben ihr durfte Signe Gaupset ran, die 20-jährige Newcomerin. Sie hatte es nach ihrem tollen Spiel gegen Island (zwei Tore, zwei Vorlagen) ebenfalls in die Startelf geschafft.

Italien dominiert die Anfangsphase

Das Zepter übernahmen aber erst einmal – und das kam überraschend – die Italienerinnen. Technisch versierter als ihre Gegnerinnen kamen sie hauptsächlich über die linke Seite. Und hätten in der siebten Minute beinahe den Führungstreffer erzielt. Arianna Caruso tankte sich regelrecht mit dem Ball am Fuß an gleich drei Gegenspielerinnen vorbei in den Sechzehner, schaufelte die Kugel aber unter starker Bedrängnis dann doch knapp am Kasten vorbei.

Zum Haareraufen: Italien vergab zu Beginn einige Chancen.

Es war erstaunlich, denn eigentlich hatte man ja die Norwegerinnen leicht favorisiert vor dem Match. Doch sie wurden von den erheblich leidenschaftlicher und spielstärker zu Werke gehenden Italienerinnen zunehmend unter Druck gesetzt. Nach 19 Minuten die zweite Großchance: Nach Barbara Bonanseas Flanke von links behinderten sich Cristiana Girelli und Manuela Giugliano gegenseitig. Eine von beiden hätte per Kopf eigentlich das 1:0 machen müssen.

Italien drängt, Norwegen geht fast in Führung

Sie verpassten – so wie auch Emma Severini, die zwei Minuten später allein von der norwegischen Kasten die Nerven verlor und Keeperin Cecilie Fiskerstrand anschoss.

Italien war drauf und dran, in Führung zu gehen. Und hätte zur Pause doch um ein Haar zurückgelegen. Erst verpasste Hegerberg beim ersten norwegischen Angriff überhaupt knapp aus dem Gewühl (38.). Kurz vor dem Halbzeitpfiff sah Gaupset, dass Italiens Torfrau Laura Giuliani viel zu weit vor ihrem Kasten stand. Von der Mittellinie zog sie ab, ihr Heber strich aber knapp am Kasten vorbei.

Platz über rechts: Italien belohnt sich mit dem 1:0

„Könnte ein langer Abend werden“, dachten nicht wenige Beobachter zur Pause. Doch die Torlosigkeit hatte nach dem Wechsel nicht mehr lange Bestand. Italien hatte Platz auf rechts. Sofia Cantore spielte flach in die Mitte, wo Kapitänin Cristiana Girelli mit dem langen Bein zum 1:0 verwandelte.

Tor für Italien – 1:0 durch Girelli.

Der ohrenbetäubende Jubel im mit 26.700 Zuschauern fast ausverkauften Stadion in Genf, in dem die italienischen Fans klar in der Überzahl waren, war kaum verebbt, da lag der Ball schon wieder im Tor der Norwegerinnen. Doch diesmal verhinderte eine Abseitsposition das mögliche 2:0.

Unglaublich: Hegerberg scheitert und trifft

Norwegens Kapitänin Hegerberg hatte die Partie bis dahin nicht groß beeinflussen können. In der 60. Minute bekam sie die Top-Gelegenheit, nachdem sie im Strafraum gehalten worden war. Schiedsrichterin Stephanie Frappart zeigte auf den Elfmeterpunkt. Hegerberg übernahm selbst und schoss platziert – allerdings rechts am Tor vorbei. Ein Drama. Nachdem sie gegen die Schweiz einen Elfmeter links am Tor vorbei gesetzt hatte, versagten ihr schon wieder die Nerven.

Die Nerven verloren – Ada Hegerberg

Aber die 30-Jährige ist halt schon lange im Geschäft. Und ist nach vielen Rückschlägen doch immer wieder aufgestanden. So auch an diesem Abend. Sechs Minuten nach ihrem Fehlschuss erlief sie einen langen Ball und legte die Kugel schlau an der herauseilenden Keeperin Giuliani vorbei zum 1:1 ins Netz (66.).

Girelli trifft zum Sieg

Norwegen hatte jetzt das Momentum auf seiner Seite – und wohl auch mehr Kraft. Caroline Graham Hansen bereitete eine gute Möglichkeit vor (75.), in der 86. Minute verzog Ingrid Engen einen Schlenzer aus 16 Metern nur knapp. Das Goldene Tor fiel aber auf der anderen Seite. Italien hatte sich noch einmal zu einem Gegenangriff aufgerafft und es war erneut Girelli, die den Ball per Kopf aus sechs Metern im Tor unterbrachte – 2:1 (90.).

Der Rest war Jubel: Italien steht nach einer entschlossenen Vorstellung erstmals seit 28 Jahren bei einer EM wieder unter den letzten vier Teams. Während Norwegens Team nun nach Hause fahren muss, darf sich Italien auf sein Halbfinale vorbereiten. Das findet am Dienstag (22.07.2025) gegen den Sieger aus der Partie Schweden gegen England statt.