Bei Lara Roth ging es damals mit einer scheinbar harmlosen Erkältung los, es folgten untypische blaue Flecken und blasse Haut und ein langer Behandlungsweg im Uniklinikum Augsburg. Äußerlich zu sehen ist davon heute nichts mehr, denn Lara Roth erkrankte als Kind an Blutkrebs. Mit Spätfolgen wie Knochennekrosen hat sie heute noch zu kämpfen. Ein Jahr lang erhielt die damals 13-Jährige eine intensiven Behandlung: „Ich war zum Teil mehr im Krankenhaus als zuhause“, erinnert sie sich, auch Weihnachten hat sie damals in der Klinik gefeiert.

Lara Roth erinnert sich an das erste Mal, als sie auf die Kinderkrebsstation kam: „Da saßen lauter Kinder mit kahlen Köpfen und die haben gelacht, dabei hatten wir alle gerade eine Diagnose erhalten, die einem Todesurteil nahe kam“, sagt sie. Dieser Zusammenhalt unter den kleinen Patienten und die Unterstützung durch Pflegekräfte sind wichtig, um die Hoffnung bis zum Schluss zu behalten. Denn nicht alle überleben, auch Lara hat Weggefährten verloren. Sie hingegen gehört zu den Überlebenden – wie rund 85 Prozent der krebskranken Kinder. Früher in den 80er Jahren hätten sie nur etwa die Hälfte aller erkrankten Kinder heilen können, sagt Prof. Michael Frühwald. Dass ein solcher Fortschritt möglich war, ist unter anderem der besseren Vernetzung von sechs bayerischen Universitätskliniken mit pädiatrischer Onkologie (Kionet) zu verdanken, darunter Augsburg und München.

Eine eigens mit Krebs-Daten gefütterte KI soll in Augsburg bei der Behandlung helfen

Um die Behandlung möglichst früh beginnen zu können, stehen die Köpfe hinter Kionet, wie Frühwald und Prof. Irene Teichert von Lüttichau von der Technischen Uni München, in regelmäßigem Austausch miteinander. Auch die Entwicklung einer KI-Datenbank mit Daten über die Familie, den Tumor und Röntgenaufnahmen sei in der Entwicklung dank Fördergeldern vom Wissenschaftsministerium.

Ärzte und Pfleger arbeiten bei der Behandlung krebskranker Kinder Hand in Hand. Frühwald betont, wie wichtig gute Pflegekräfte für den Genesungsprozess sind: „Die Eltern erinnern sich später mit Sicherheit an die Pflegerin – und vielleicht noch daran, dass ab und an ein Doktor vorbeigeschaut hat.“ Auch Lara Roth bestätigt, dass eine Vertrauensperson auf der Station, die zuhöre und auch einfach mal nur die Hand halte, ihr viel geholfen habe. Mitunter kämen auch wichtige Details in solchen Gesprächen ans Licht, was eine bessere Behandlung ermögliche.

Das Ziel der Uniklinik ist, möglichst alle Krebspatienten im Kindesalter zu heilen. Gehirntumore etwa gelten immer noch als schwierig heilbar. Man müsse bei dem Thema vorankommen. Das Interesse, auch aus der Pharmaindustrie, sei aber ausbaubar. Während jedes Jahr in Deutschland rund 450.000 Erwachsene an Krebs erkranken, sind es vergleichsweise wenig Kinder. Etwa 2200 pro Jahr. Kinderkrebsforschung ist somit wenig lukrativ. Prof. Teichert von Lüttichau prangert das an: „Jeder, der Kinder als zweitklassig betrachtet, ist ein Idiot“, sagt sie.

In Augsburg fehlt es an Geldern und Medikamenten für krebskranke Kinder

Rund 50 bis 70 Prozent der aktuell an Kinder verabreichten Medikamente gegen Krebs besäßen keine Zulassung für das Alter der erkrankten Kinder und auch nicht für die diagnostizierte Krankheit. Bürokratische Hürden erschwerten die Arbeit in diesem Bereich zusätzlich, auch Gelder seien zum Teil schwer zu gewinnen. In den USA gebe es schon lange aufsehenerregende Sammelaktionen, um auf das Thema Krebs bei Kindern aufmerksam zu machen. Auch in diesem Bereich will das Uniklinikum Augsburg nachziehen. Im Herbst ist eine Spendenaktion mit Motorrad bei der City-Galerie geplant.

Kinderkrebs sei für viele Menschen ein Tabu, über das sie nicht sprechen wollen, sagt Lara Roth: „Als ich damals in die Schulklasse zurückkam, musste ich ständig erklären, warum ich im Sommer eine Mütze auf dem Kopf trage oder warum ich früher gehen muss und nicht am Sportunterricht teilnehme.“ Heute erzählt sie bei verschiedenen Terminen von ihrer Erkrankung, möchte am liebsten Medizin studieren, wenn sie einen Studienplatz bekommt. Während ihrer Behandlung musste sie acht bis neun Medikamente zu sich nehmen, wurde bestrahlt. Trotzdem besuchte sie nach einem Jahr wieder die Schule. Musste nicht mal ein Schuljahr wiederholen. „So richtig gesund habe ich mich aber erst wieder nach vier bis fünf Jahren gefühlt“, sagt sie. Bis heute stehen regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen auf ihrem Programm.

  • Kristina Orth

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  • Augsburg

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  • Michael Frühwald

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