Der deutsche Bestsellerautor Ewald Arenz ist auf dem Land groß geworden – genauer gesagt in einem steingedeckten Jurahaus in Burgsalach, einer kleinen Gemeinde in Mittelfranken. Für seinen aktuellen Roman „Zwei Leben“ (2024) ist der Autor an den Ort seiner Kindheit zurückgekehrt. Zum Auftakt des Literarischen Sommers in Mönchengladbach hat er nun am Samstag, 12. Juli, im ausverkauften Wandelsaal aus eben jenem Roman gelesen.

Wie bereits in den vergangenen Jahren machte die Auftakt-Lesung des Literaturfestivals direkt Lust, im aktiven Nachgang tiefer in die vorgestellte Geschichte einzutauchen. Der Literarische Sommer findet 2025 bereits zum 26. Mal statt, in den vergangenen Jahren waren in Gladbach bereits Autorinnen und Autoren wie Daniela Dröscher und Uwe Wittstock zu Gast. In „Zwei Leben“ erzählt Ewald Arenz nun die Geschichte der beiden Frauen Roberta und Gertrud: Nach einer Schneiderlehre kehrt Roberta 1971 zurück auf den elterlichen Hof. Sie weiß um die Erwartung ihrer Eltern, dass sie den Bauernhof übernehmen soll; liebt das Dorfleben und träumt doch zugleich von der Welt der Mode. Die Pfarrersfrau Gertrud sehnt sich aus der Enge ihrer Ehe und ihres Lebens hinaus. Sie ist die Mutter von Wilhelm, in den sich Roberta verliebt. „Eine zum Scheitern verurteilte Liebe“, wie der Autor am Samstag in der Zentralbibliothek verriet.

In den ausgewählten Lesepassagen beim Literarischen Sommer kam Gertrud nicht vor. Doch ihr Name klang mehrfach an in den überleitenden Gesprächen zwischen Arenz und Maren Jungclaus vom Literaturbüro NRW. Der Austausch zwischen den beiden ließ darauf schließen, dass das Buch noch viele Geschichten und Geheimnisse birgt; die Leseprobe führte in einen atmosphärisch dichten und lebensnah geschriebenen Roman. Arenz las von Robertas Rückkehr auf den elterlichen Hof nach dreijähriger Lehre. Er las von einem prägenden wie erschütternden Erlebnis mit den Jugendfreunden Wilhelm und Wolfgang. Er las von der aufkeimenden Liebe zu Wilhelm. Und er las von Robertas so anrührenden Gesprächen mit dem Großvater – der während des Zweiten Weltkrieges als Soldat und Kriegsgefangener viel mehr von der Welt gesehen hatte, als die Enkelin lange Zeit ahnen konnte.

Haften blieben während der Lesung fast poetisch anmutende Sätze wie: „In das Land waren Familiengeschichten eingeschrieben. Und es konnte sie nur lesen, wer hier aufgewachsen war“. Im Gespräch mit Jungclaus stellte sich der Autor als ältester Sohn einer kinderreichen Pfarrersfamilie vor. All seine Erinnerungen an das Pfarrhaus und das Dorf seien in den Roman mit eingeflossen. Der Schriftsteller und Gymnasiallehrer bezeichnete das Buch außerdem als eine Verneigung vor der eigenen Mutter, einer „starken Frau“, wie er sie nennt. Sie sei einer der Gründe, warum die Hauptfiguren in seinem Roman zwei Protagonistinnen sind. Als seine Mutter um 1971 herum nach der Geburt des vierten Kindes wieder arbeiten wollte, brauchte sie von ihrem Ehemann jeweils eine Genehmigung für die Berufstätigkeit, ein eigenes Bankkonto und den Führerschein, erzählt Arenz. Die Justizreform, die das änderte, wurde erst 1977 beschlossen.

Bei der Lesung in der Zentralbibliothek verriet Arenz, dass er für seinen Roman unter anderem auch im Freilichtmuseum recherchiert hat. Ihm war aufgefallen, dass er die in der Kindheit gesehenen und in Erinnerung gebliebenen Maschinen nicht richtig benennen konnte. Maren Jungclaus fragte Arenz außerdem nach den zahlreichen Geruchsbeschreibungen, die immer wieder in seinem Buch auftauchen – und die sich stets auf einer Skala zwischen „duftendem Heu“ und „stinkender Gülle“ verorten. Sie seien ihm sehr wichtig gewesen, entgegnete Arenz. Denn stärker noch als Musik würden Gerüche den Menschen in die Kindheit zurückwerfen. Auf die Frage, woher die Namen seiner Figuren kämen, antwortete er außerdem, dass er sich von einem Song „mit tieftraurigem Text“ anregen ließ, den er in der Jugend gerne gehört habe. Den Titel und den Interpreten verriet er aber nicht.