DruckenTeilen
Die Ukraine und die USA stehen laut Wolodymyr Selenskyj vor einem neuen Deal. Dieser würde Kiew beim Kampf gegen Russland und Washington langfristig helfen.
Kiew – Donald Trump steht offenbar kurz vor einem weiteren Deal. Und der kommt tatsächlich überraschend. Denn es soll sich um ein weiteres Geschäft zwischen den USA und der Ukraine handeln. Nachdem der US-Präsident bereits im Zuge der Unterstützung im Ukraine-Krieg sein Rohstoffabkommen bekommen hat und das Weiße Haus zuletzt über Waffenlieferungen an Kiew informierte, für deren Bezahlung die europäischen Partner aufkommen sollen, würde Washington diesmal auf andere Weise profitieren.
Wie die New York Post berichtet, verriet der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, dass er und Trump an einem „Mega-Deal“ arbeiten würden, der seinem Land weitere Waffen aus den USA und den Vereinigten Staaten im Gegenzug im Kampf erprobte ukrainische Drohnen bescheren würde. Vor allem gehe es zwischen den beiden Staatschefs darum, die Lufttechnologie ihrer Länder zu verbessern. Kiew sei bereit, sein gesamtes in der Zeit seit Beginn der russischen Invasion angesammeltes Wissen über die moderne Kriegsführung mit den USA zu teilen.
Selenskyj über „Mega-Deal“ mit Trump“: Es geht um Drohnen und moderne Kriegsführung
„Die Menschen in Amerika brauchen diese Technologie und ihr braucht es in eurem Waffenarsenal“, erklärte Selenskyj demnach mit Blick auf die Drohnen. Er sprach von einer „Win-win-Situation“. Die ukrainischen Exemplare können nicht nur russische Verteidigungsanlagen zerstören, sondern auch schwere Bomber ausschalten und über 1200 Kilometer hinter der Grenze zu Russland zuschlagen, heißt es weiter.
Handschlag unter Staatschefs: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (l.) und US-Präsident Donald Trump arbeiten offenbar an einem „Mega-Deal“. © Ukraine Presidency/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa
Dem Bericht zufolge könnte der Deal vor allem dem US-Militär und der nationalen Sicherheit zugutekommen. Laut Beamten und Drohnenexperten liegen die USA bei dieser Technologie weit hinter Russland und China zurück. Die Soldaten seien weder für den Einsatz der Drohnen, noch für die Verteidigung gegen die unbemannten Geräte gerüstet.
Kiew und Moskau setzen sich täglich gegenseitig mit Drohnen zu, wobei Kreml-Chef Wladimir Putin keinerlei Unterschied zwischen Militär und Zivilisten macht. Zuletzt gab es immer wieder Bombardements in zuvor nicht gekanntem Ausmaß, mit denen die Ukraine überzogen wurde.
Drohnen als wichtiger Faktor im Ukraine-Krieg: Moderne Kriegsführung kommt nicht an ihnen vorbei
Mittlerweile scheint auch Trump den Glauben verloren zu haben, allein über Verhandlungsangebote zum Frieden zu kommen. Der Republikaner drohte Russland mit Sanktionen, sollte sich der Aggressor nicht binnen 50 Tagen auf eine Waffenruhe einlassen. Sein lautstark angekündigter Plan, den Krieg binnen 24 Stunden zu beenden, wurde ohnehin längst pulverisiert.
Dennoch verteidigt sich die Ukraine auch nach fast dreieinhalb Jahren tapfer gegen den zumindest zahlenmäßig überlegenen Angreifer. Vor allem dank der Drohnen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters schreibt, sind ukrainischen Schätzungen zufolge 69 Prozent der Attacken auf russische Truppen und 75 Prozent der Angriffe auf Fahrzeuge und Ausrüstung von Drohnen verübt worden. Der Anteil der Artillerie betrug demnach nur 18 respektive 15 Prozent.
Im Kampf gegen Russland im Einsatz: Die Ukraine lässt unter anderem die weitreichenden Peklo-Drohnen fliegen. © IMAGO / ZUMA Press Wire
Passend dazu, habe ein ukrainischer Zugführer, der aus medizinischen Gründen von der Front evakuiert werden musste, über die moderne Kriegsführung gesagt: „Drohnen, Drohnen, Drohnen. Nur Drohnen. Viele Drohnen.“
Drohnen für die Bundeswehr: Pistorius-Truppe erweitert Ausbildungsprogramm
Und bei eben jener Technologie haben nicht nur die USA, sondern auch die anderen Nato-Staaten offensichtlich noch viel nachzuholen. Selenskyj denkt bei seinem Angebot auch daran, die Unterstützer im Westen für einen möglicherweise nächsten und noch größeren Krieg vorzubereiten. „Wir werden bereit sein, unsere Erfahrungen mit Amerika und anderen europäischen Partnern zu teilen“, versprach der 47-Jährige. Mit Dänemark, Norwegen und Deutschland würden schon Gespräche laufen.
In der Bundesrepublik beschränkt sich das Einsatzgebiet von Drohnen bislang auf Aufklärung und Überwachung. Im Frühjahr informierte das Verteidigungsministerium darüber, die Bundeswehr solle auch moderne und mit Sprengsätzen versehene Angriffsdrohnen erhalten.
Verteidigungsminister Boris Pistorius betonte beim Besuch eines Ausbildungsbataillons im rheinland-pfälzischen Germersheim laut der französischen Nachrichtenagentur Agence France-Presse (afp) an diesem Donnerstag (17. Juli), das Ausbildungsprogramm der Bundeswehr umfasse nun auch ein Modul zu Drohnen. Der SPD-Politiker führte dazu aus: „Die Rekrutinnen und Rekruten werden sowohl die Gefahren als auch den Nutzen von Drohnen kennenlernen. Wie sie sich vor Kampfdrohnen schützen können und wie man sie einsetzt.“
Panzer, Drohnen, Luftabwehr: Waffen für die UkraineFotostrecke ansehenUkraine befürchtet Sommeroffensive: Putin zieht wohl 160.000 Soldaten zusammen
Die Ukraine hat zwar längst diese Erfahrungen. Aber auch ganz andere Sorgen. Laut CNN gehen die Behörden des überfallenen Landes davon aus, dass Russland in den nächsten Tagen oder Wochen eine verstärkte Sommeroffensive beginnen wird. In der Nähe der Frontlinie habe Moskau 160.000 Soldaten zusammengezogen. Zudem sei es den Invasoren zuletzt gelungen, die Streitkräfte durch kleine Fortschritte in eine bessere Position zu bringen. Daher werden die US-Waffen umso dringender benötigt – auch wenn jene aus dem „Mega-Deal“ kaum rechtzeitig eintreffen dürften.
Verwiesen wird auch auf die Folgen des Trump-Ultimatums. Denn da der US-Präsident Russland 50 Tage Zeit gibt, um die Waffen schweigen zu lassen, kann Putin die Tage bis dahin umso intensiver nutzen. Schon vor früheren Verhandlungsrunden hatten beide Kriegsparteien ihre Angriffe intensiviert – offenbar, um bei den Gesprächen mit breiterer Brust auftreten zu können.
Vorbereitung auf eine Sommeroffensive? Russische Soldaten werden in der Region Donezk auf eine Übung vorbereitet. © IMAGO / ITAR-TASS
Trumps Ultimatum an Putin und die Folgen: „Russland kann einen Alternativplan ausarbeiten“
Die Tage bis zur Deadline könnten also entscheidend für den weiteren Kriegsverlauf werden. Keir Giles von der britischen Denkfabrik Chatham House warnte jedenfalls bereits am Dienstag (15. Juli): „Was die Deadline garantieren wird, ist, dass Russland mindestens für die nächsten 49 Tage weiterhin ukrainische Städte bombardieren und Bemühungen intensivieren wird, Tod und Elend unter unschuldigen Zivilisten zu säen.“
Und der Senior Consulting Fellow des Russia and Eurasia Programme ergänzte: „Die Frist von 50 Tagen gibt Russland genügend Zeit, einen eigenen Alternativplan auszuarbeiten und Washington erneut durch einen diplomatischen Trick auszumanövrieren, den Trump möglicherweise bereitwillig akzeptiert.“
Wie viele Wendungen der US-Präsident in diesem Krieg noch hinlegt, ist tatsächlich die vielleicht größte Unbekannte. Mit dem sich anbahnenden „Mega-Deal“ könnte sich Trump aber ohnehin als Gewinner fühlen. Nicht nur Experten dürfte klar, was für einen dicken Fisch die USA da an Land ziehen werden. (mg)