Taunusstein verliert mit dem Unternehmen „Unsere Grüne Glasfaser“ (UGG) zum zweiten Mal einen Partner für den Glasfaserausbau, weil die Telekom Kunden abgeworben hat. Denn sie hält zumindest einen von insgesamt fünf noch unversorgten Ortsteilen für lukrativ genug, um dort auf eigene Kosten den Netzausbau vorzunehmen und mit Kunden Verträge zu schließen. UGG hat inzwischen den mit Taunusstein geschlossenen Kooperationsvertrag gekündigt. Darin war der eigenwirtschaftliche Ausbau in den Stadtteilen Wehen, Neuhof, Wingsbach, Seitzenhahn und Watzhahn vereinbart worden.
Im einwohnerstarken Wehen baut die Deutsche Telekom schon seit März das Glasfasernetz aus und wirbt um Kunden. Für die Stadtteile Neuhof, Wingsbach, Seitzenhahn und Watzhahn bleibt hingegen unklar, ob und wann dort nun ein Ausbau erfolgt. Die Telekom hat bisherige Anfragen der Stadt unbeantwortet gelassen. Alle anderen Taunussteiner Stadtteile wurden oder werden mit schnellem Internet versorgt.
Doppelausbau ist unwirtschaftlich
Wie die Stadt berichtet, kam UGG nach sorgfältiger Prüfung der Rahmenbedingungen zu dem Entschluss, von einem Ausbau ohne Zuschüsse und auf eigene Kosten abzusehen. Ein paralleler Ausbau mehrerer Anbieter sei nicht sinnvoll, weil er viel Geld koste und die Bürger unnötig mit Bauarbeiten belaste. Zudem schade ein „strategischer oder teilweiser Überbau“ eines Wettbewerbers dem Vertrauen in den Netzausbau, heißt es mit Blick auf die Telekom.
Die Ankündigung der Telekom, in ausgewählten Stadtteilen selbst Glasfaser verlegen zu wollen, hatte vor zwei Jahren das Unternehmen GVG Glasfaser bewogen, sich aus Taunusstein wieder zurückzuziehen und schon geschlossene Verträge zu kündigen. UGG lässt nun mitteilen, man werde weiter „die Situation mit diesem Wettbewerber in und um Taunusstein kontinuierlich beobachten“.
Verträge werden aufgelöst
Alle Bürger, die mit der UGG schon einen Glasfaservertrag abgeschlossen haben, werden in den nächsten Wochen vom Internetanbieter noch schriftlich informiert, dass ein Ausbau in vier Stadtteilen nicht möglich ist. Die bestehenden Verträge gelten in diesem Fall als hinfällig und werden aufgelöst.
Wer in Wehen wohnt, hat noch die Möglichkeit, einen Vertrag mit der Telekom über einen kostengünstigen Glasfaseranschluss abzuschließen, solange die Bauarbeiten nicht abgeschlossen sind. Taunusstein will sich nun weiter um einen staatlich geförderten Glasfaserausbau bewerben. Eine staatliche Förderung sei die einzige realistische Möglichkeit, um mittelfristig eine flächendeckende Versorgung zu erreichen.
In Taunusstein wiederholt sich, was schon vor zwei Jahren für erheblichen Unmut gesorgt hatte. Der Idsteiner Bürgermeister Christian Herfurth und der damalige Rathauschef von Taunusstein, Sandro Zehner (beide CDU), warfen der Telekom „Rosinenpickerei“ zulasten des ländlichen Raums vor. Weil die Telekom ohne Abstimmung angekündigt hatte, die einwohnerstärksten Taunussteiner Stadtteile Hahn und Bleidenstadt sowie die Idsteiner Innenstadt ans Glasfasernetz anzuschließen, zog sich das Kieler Unternehmen GVG Glasfaser zurück, obwohl es schon 4000 unterschriebene Verträge mit Bürgern vorliegen hatte.
GVG hatte zwei Jahre zuvor den Zuschlag erhalten, weil es ohne öffentliche Zuschüsse alle Ortsteile der beiden Kommunen ans Glasfasernetz anzubinden versprach. Das rechnet sich aber nur bei einer Mischkalkulation: Der Anschluss der Dörfer mit zum Teil wenigen Hundert Einwohnern wird durch die wirtschaftlich lukrativeren großen Stadtteile oder Zentren kompensiert.