Washington D.C./Mexiko-Stadt. Laut dem jüngsten Bericht der US-Behörde Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives (ATF) stammen 74 Prozent der in Mexiko bei Kriminellen sichergestellten Waffen aus den USA. Die Untersuchung des ATF umfasst die Jahre 2019 bis 2024 und analysiert den kommerziellen Handel sowie den illegalen Fluss von Feuerwaffen innerhalb der USA und über deren Grenzen, insbesondere nach Mexiko.
Der Bericht liefert detaillierte Daten darüber, dass ein Großteil der in Mexiko sichergestellten illegalen Waffen ursprünglich in den Vereinigten Staaten gekauft wurde. Zum Zeitpunkt des Erstverkaufs waren diese Waffen legal. In den Jahren 2023 und 2024 entfielen 43 Prozent der zurückverfolgten Waffen auf Texas, 22 Prozent auf Arizona und neun Prozent auf Kalifornien. Auf diese drei Grenzbundesstaaten entfallen somit fast drei Viertel des dokumentierten Waffenschmuggels.
Die betroffenen Regionen in Mexiko sind häufig Hochburgen organisierter krimineller Gruppen wie des Sinaloa-Kartells oder der Jalisco Nueva Generación. Der Bericht des ATF beschreibt außerdem, dass sogenannte „Ghost Guns“ – also Waffen ohne Seriennummer – zunehmend eine Rolle im Waffenschmuggel spielen.
Die mexikanische Regierung unter Präsidentin Claudia Sheinbaum hat auf die Veröffentlichung mit klaren politischen Forderungen reagiert. In einer Pressekonferenz am 8. Juli betonte Sheinbaum: „Es ist unsere Aufforderung an die US-Institutionen. Sie müssen ihren Teil in ihrem Gebiet beitragen, um Geldwäsche zu bekämpfen und den Waffenhandel zu kontrollieren.“ Bereits im März dieses Jahres beschlagnahmten Behörden einen größeren Waffentransport an der Del Río-Grenzbrücke. Sheinbaum lobte daraufhin die „funktionierende Koordination“ mit US-Behörden, forderte aber zugleich langfristig verlässliche Kooperation.
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Ein politischer und juristischer Brennpunkt bleibt die Klage Mexikos gegen elf US-Waffenhersteller, die wegen ihrer Verantwortung für den illegalen Waffentransfer vor US-Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Zu den beklagten Unternehmen gehören laut der Nachrichtenplattform Telesur einige der größten Hersteller, darunter Smith & Wesson, Barrett Firearms Manufacturing, Beretta, Century Arms International, Colt Manufacturing Company, Glock, Sturm, Ruger & Co. und Witmer Public Safety Group.
Die Klage liegt aktuell beim Supreme Court. Sheinbaum verweist in diesem Zusammenhang regelmäßig auf den Skandal „Rápido y Furioso“ (Schnell und Heftig), bei dem US-Behörden in der Vergangenheit Waffenlieferungen an mexikanische Kartelle ermöglichten. Das gilt als historisches Beispiel für fehlgeschlagene Kontrolle.
Mexiko setzt neben rechtlichen Mitteln auch auf sicherheitspolitische Zusammenarbeit. Bei einem trilateralen Treffen im Juni intensivierten die beteiligten Staaten die grenzüberschreitende Kooperation mit US- und kanadischen Sicherheitsbehörden, unter anderem durch den Austausch ballistischer Daten, die Nutzung von Rückverfolgungstechnologie (Gun Tracing) und koordinierte Maßnahmen gegen Geldwäsche. Dennoch bleibt aus Sicht der mexikanischen Regierung klar: Ohne stärkere Kontrolle auf US-Seite ist der Strom illegaler Waffen kaum zu stoppen.
Der Abschlussband der NFCTA liefert somit nicht nur neue Daten, sondern nährt auch die politische Debatte über Verantwortung und Handlungsdruck. Für Mexiko sind die Erkenntnisse ein weiteres Argument für verbindliche Vereinbarungen und ein Appell an Washington, bestehende Kontrolllücken zu schließen.