Berlin – Zum Start seiner Regierung Anfang Mai versprach Kanzler Friedrich Merz (69, CDU) eine Wende in der Migrationspolitik. Es sollte mehr Grenzkontrollen geben, deutlich weniger Asylanträge, mehr Abschiebeflüge, z. B. nach Afghanistan.

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Innenminister Alexander Dobrindt (55, CSU) hat seitdem einiges umgesetzt: Die Grenzen werden besser kontrolliert, die Asylzahlen sinken momentan. Am Freitag wurden 81 Straftäter nach Afghanistan ausgeflogen.

Also alles klar mit der Migrationswende? Nicht im CDU-regierten Berlin. Dort läuft es genau andersherum: Das Landesamt für Einwanderung (LEA) hat den Turbo eingelegt – und vergibt so viele deutsche Pässe wie nie!

Im vergangenen Jahr wurden demnach 21.802 Ausländer eingebürgert. Die Behörde feiert dies nach exklusiven BILD-Informationen als Erfolg – bei einer Feier wurde eine Torte mit der Aufschrift „Einbürgerung 20.000“ serviert.

BILD konnte interne Protokolle des Landesamtes für Einwanderung auswerten

BILD konnte interne Protokolle des Landesamtes für Einwanderung auswerten

Foto: privat

Für das laufende Jahr hat LEA-Chef Engelhard Mazanke (61) die Latte richtig hochgelegt: Er will, dass seine Mitarbeiter insgesamt 40.000 Ausländer einbürgern – und damit doppelt so viele wie 2024. So steht es in einem internen Protokoll (liegt BILD vor).

Die Behörde scheint dabei auf gutem Weg: Bis Ende Juni wurden bereits 20.600 Ausländer zu Deutschen.

Das Ziel dahinter: Die Ausländerverwaltung spart und die Ausländerquote sinkt.

Eine Abteilungsleiterin schnitt die Torte an. Sie leitet den Bereich Einbürgerungen

Eine Abteilungsleiterin schnitt die Torte an. Sie leitet den Bereich Einbürgerungen

Foto: privat

Ein Behördensprecher lobte auf BILD-Anfrage, dass die Einbürgerungsverfahren komplett digital ablaufen. Persönlich vorsprechen müssen die neuen Bundesbürger in der Regel erst „zur Aushändigung der Einbürgerungsurkunde“, so ein LEA-Sprecher.

Während die Merz-Regierung keine konkreten Zahlen nennt, z. B. wie viele Asylbewerber 2025 maximal nach Deutschland kommen dürfen, macht die Hauptstadt das Gegenteil. Der regierende Bürgermeister Kai Wegner (52, CDU) lässt ein konkretes Ziel setzen, wie viele Ausländer den deutschen Pass mindestens erhalten sollen.

Die hohe Vorgabe setzt die LEA-Mitarbeiter unter Druck. „Wir müssen hohe Zahlen bei der Einbürgerung produzieren“, so ein Mitarbeiter zu BILD. Er will aus Angst vor Konsequenzen anonym bleiben. Jeder Beschäftigte in der zuständigen Abteilung S müsse mindestens acht Ausländer pro Woche einbürgern, sagt er. Als Belohnung könne man dann auch im Homeoffice arbeiten. Die Behörde widerspricht nur halbherzig: Solche Anträge würden „individuell entschieden“.

Einige LEA-Mitarbeiter nehmen es mit dem Gesetz nicht so genau. Sie bürgern auch Ausländer ein, die niemals einen deutschen Pass erhalten dürften.

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Am Donnerstag durchsuchte der Berliner Generalstaatsanwalt die Wohnung eines LEA-Beschäftigten. Vorwurf: Bestechlichkeit und Falschbeurkundung im Amt. Der Mann soll illegal und unzuständig im April „eine Familie mit zwei minderjährigen Kindern aus Nordmazedonien eingebürgert haben“.

► Auch die Deutschkenntnisse vieler Ausländer lassen zu wünschen übrig. Trotzdem werden sie oft eingebürgert. „Mein krassester Fall war, dass ich einer Einbürgerungskandidatin die Urkunde nicht aushändigen wollte, weil sie einfach zu schlecht Deutsch sprechen konnte“, erzählt der LEA-Mitarbeiter, der anonym bleiben will, zu BILD. Er habe bei seinem Vorgesetzten „betteln müssen, dass ich die Einbürgerung verschieben durfte“.

Auch Juden-Hasser können so offenbar leicht den deutschen Pass bekommen – obwohl das laut Gesetz ebenfalls ausgeschlossen sein sollte.

„Die Abgabe des Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist oft nur ein Lippenbekenntnis und eine Unterschrift auf dem Papier“, sagt der LEA-Mitarbeiter. Hier gebe es keine Kontrolle, weil man die Antragsteller auch vorher nie gesehen hat. Man sieht sie nur noch zum Zeitpunkt der Aushändigung der Urkunden. „Das ist ein großer Nachteil der Digitalisierung des Verfahrens.“

Offiziell sieht die Behörde nur Vorteile: „Wie viel sicherer unser digitales Verfahren ist, haben die laufenden Ermittlungen gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Landesamtes für Einwanderung bewiesen“, sagt Behördenleiter Mazanke auf BILD-Anfrage.

Hinweis

Der Reporter kennt den zitierten LEA-Mitarbeiter gut und er ist vertrauenswürdig, weshalb wir uns entschlossen haben, das Thema zu veröffentlichen. Aus nachvollziehbaren Gründen möchte er anonym bleiben.