Die frühere Verteidigungsministerin Christine Lambrecht von der SPD muss heute noch schmunzeln, wenn sie in ein Fleischkäsbrötchen beißt. Das geht aus ihrer soeben im Selbstverlag erschienenen Schrift „Auf Stöckelschuhen durch Absurdistan“ hervor. Das Buch war im politischen Berlin sehnsüchtig erwartet worden, seit Lambrecht die Buchankündigung zusammen mit einem Foto gepostet hatte, das sie in rosafarbenen Sandalen – flacher Absatz – vor aufgeklapptem Laptop zeigte. Im Hintergrund Berge. Die Inszenierung warf die Frage auf, ob das alles ernst gemeint sei. Nun zeigt sich: durchaus.
Leicht ließe sich spotten über die Tippfehler, den schlechten Satz à la Hausarbeit im ersten Semester, die vielen vieldeutigen Pünktchen („Fragen über Fragen …………….. bleiben unbeantwortet“, Seite 50), überhaupt den stöckelschuhspitzen Ton der 133 Seiten umfassenden Abrechnung mit dem Politikbetrieb, genannt Absurdistan. Aber interessanter ist es, sich Lambrechts Blick aufs Essen zuzuwenden. Kenner ihres Instagram-Profils wissen, dass sie eine Vorliebe fürs Bodenständige hat, Limoncello beim Italiener oder Currywurst und Pommes am Flughafen.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
So überrascht es kaum, dass ein Kapitel des Buches den Titel „Skandalöses Fleischkäsbrötchen“ trägt. Es handelt von einem Vorfall, der sich 2022 ereignete, als Lambrecht einmal die Hardthöhe besuchte, den Dienstsitz des Verteidigungsministeriums in Bonn. Auf dem Weg dorthin, erinnert sich die Ministerin a. D., habe sie „in einem nahegelegenen Supermarkt“ ein Fleischkäsbrötchen mit Krautsalat gekauft. „Ich liebe Fleischkäsbrötchen.“ Verständlich, wie die F.A.S. beim die Lektüre begleitenden Schmaus zugesteht – wobei Krautsalat an den heißen Theken Berlins leider Mangelware ist.
Das Buch der Ministerin und passend dazu: ein FleischkäsbrötchenFriederike Haupt
Lambrecht nahm also ihr Fleischkäsbrötchen aus dem Supermarkt mit ins Ministerium und verzehrte es am Schreibtisch. „Alltag eben“, wie sie volksnah kommentiert. Auf der anschließenden Personalversammlung habe sie dann aber ein Mitarbeiter angesprochen. Sie sei beim Brötchenkauf im Supermarkt gesehen worden. Nun wollte er wissen, warum sie nicht stattdessen in der Kantine auf der Hardthöhe ein Brötchen gekauft habe. So hätte sie ihre Verbundenheit mit ihren Leuten ausdrücken können.
„Ich muss zugeben, ich bin nicht oft sprachlos, aber in dieser Situation war ich es schon“, empört sich Lambrecht in der Rückschau. Erstens weil wohl jemand aus dem Ministerium sie gesehen und verpetzt habe, zweitens weil derjenige ja selbst im Supermarkt eingekauft habe und das „anscheinend kein Aufreger“ war. Doch bei Spitzenpolitikern ist eben auch die Mittagspause politisch. Der Fall offenbart einerseits, dass Lambrecht hier – wie oft in ihrer Zeit als Ministerin – das Gespür fehlte. Andererseits illustriert er die verführerische Kraft von Fleischkäsbrötchen.