Sein Auftritt beim Deichbrand-Festival war schon in den vergangenen Monaten umstritten: US-Rapper Macklemore hat Israel im Gaza-Krieg abermals einen Völkermord vorgeworfen. „Ich bin sicher, dass es Menschen gibt – vielleicht sogar hier im Publikum –, denen gesagt wurde, dass es antisemitisch sei, sich gegen den Völkermord Israels am palästinensischen Volk auszusprechen. Lasst euch nicht von der kolonialen Sprache täuschen“, sagte der Musiker.
Er führte aus: „Unsere Regierungen – ob die der Vereinigten Staaten oder die Deutschlands – wollen, dass wir unsere gemeinsame Menschlichkeit vergessen.“ Die Menschen in Gaza würden „gezielt ausgehungert, eingemauert, überwacht, von der Welt abgeschnitten. Die Menschen in Palästina rennen dem Essen entgegen – und werden mit Kugeln empfangen“. Hunger sei kein Nebeneffekt, sondern „eine Strategie“.
Antisemitismusbeauftragter äußert Kritik
Niedersachsens Antisemitismusbeauftragter Gerhard Wegner kritisierte den Auftritt des US-Rappers scharf: „Es geht im Grunde um die Rechtfertigung dessen, was die Hamas macht. Es geht um eine massive Kritik, eine antisemitische Kritik an Israel.“ Von der Existenzberechtigung Israels bleibe dabei nicht viel bis gar nichts mehr übrig.
Bis zum Start des Auftritts von Macklemore verzeichnete die Polizei noch keinen politisch motivierten Zwischenfall auf dem diesjährigen Deichbrand-Festival. Die Geschehnisse während dessen Konzert werte die Polizei derzeit noch aus, sagte ein Sprecher kurz nach Mitternacht. Politische Botschaften aus dem Publikum waren nach Beobachtungen eines dpa-Reporters eher rar, jedoch zeigten Besucher mindestens eine Israel- und eine Palästina-Flagge.
Wegner hätte sich nach eigenem Bekunden von dem US-Rapper „ein, zwei Sätze zum Existenzrecht Israels“ gewünscht. „Dann hätte man ihm das auch abgenommen, dass er mit den Menschen im Gazastreifen wirklich leidet.“ Wegner hatte zuvor empfohlen, das Deichbrand-Festival zwar zu besuchen, aber vor Macklemores Auftritt wieder abzureisen.
Festivalleitung hatte mit einem Antisemitismuskonzept und Schulungen reagiert
Auch der Zentralrat der Juden wirft Macklemore Antisemitismus vor und hatte vor einem Besuch des Festivals gewarnt. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hatte den geplanten Auftritt des Rappers in einem Interview im April als „unerträglich“ bezeichnet.
Die Leitung des Festivals in Niedersachsen reagierte auf die Kritik mit einem Antisemitismuskonzept, Schulungen und einem öffentlichen Bekenntnis gegen Hass und Gewalt.
Der Rapper aus Seattle – bürgerlich Benjamin Haggerty – positioniert sich immer wieder politisch. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er den propalästinensischen Song „Hind’s Hall“ und dieses Jahr das Lied „Fucked up“. In den Liedern wirft er Israel Genozid vor, thematisiert den Terror der Hamas nicht und vergleicht in einem dazugehörigen Video einen Jungen aus dem Warschauer Ghetto mit einem aus dem Gazastreifen.
Beim Deichbrand-Festival sagte Macklemore, es habe „Druck gegeben – von einigen in der deutschen Regierung, von Institutionen, von Sponsoren, hinter verschlossenen Türen –, um mich davon abzuhalten, das hier zu sagen. Um mich und meinen Auftritt heute Abend abzusagen“. Macklemore spielte „Hind’s Hall“ und ließ das Publikum dabei auch „Free Palestine“ skandieren.
Bei seiner Kritik am Vorgehen Israels im Gaza-Krieg erwähnte der US-Rapper mit keinem Wort den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. An diesem Tag töteten Kämpfer der Hamas in Israel etwa 1.200 Menschen und verschleppten rund 250 in den Gazastreifen. Viele der Opfer waren Besucher eines Open-Air-Musikfestivals.