Fußball
–
Was von Hertha-Neuzugang Dawid Kownacki zu erwarten ist
Bild: imago images/Thomas Haes
Mit dem polnischen Stürmer Dawid Kownacki hat Zweitligist Hertha BSC einen Spieler verpflichtet, der eigentlich viel zu gut für ihn ist. Warum der Transfer trotzdem logisch scheint und zu einem Gewinn für alle werden könnte. Von Ilja Behnisch
Tja, wie sagt man es am besten? Vielleicht ganz frei heraus: Der leihweise Transfer von Dawid Kownacki zu Hertha BSC mutet wie ein Fehler an. Weil der 28-jährige Pole eigentlich viel zu gut ist für einen Verein, der in den vergangenen Jahren ungefähr so viele Negativ-Schlagzeilen angehäuft hat wie Punkte und die Zweitliga-Spielzeit 2024/25 auf Platz elf beendete.
13 Tore in 29 Spielen hat Kownacki in dieser Zweitliga-Saison für Fortuna Düsseldorf absolviert, dazu fünf Tore vorbereitet. Die 13 Tore sind auch deshalb hoch einzuschätzen, weil sie einem xG-Wert von 11,69 gegenüberstehen. Also der Anzahl an Treffern, die durchschnittliche Fußballprofis aus denselben Torchancen erzielt hätten. Dabei gilt Kownacki nicht nur als reiner Abschluss-Spieler, sondern als mitspielender Stürmer, der Bälle nicht nur festmachen, sondern gewinnbringend weiterleiten kann.
Doch es kommt noch besser. Die Abschlüsse Kownackis sind zumeist sehr platziert, sein Kopfballspiel trotz „nur“ 1,86 Meter Körpergröße eine Stärke. So gewann er vergangene Saison weit über die Hälfte seiner Kopfballduelle. Das will angesichts der Hünenhaftigkeit des durchschnittlichen Zweitliga-Innenverteidigers durchaus etwas heißen.
Kownacki lebt dabei von seiner Athletik und von seinem außerordentlich guten Gespür für die richtige Position auf dem Feld. Zudem ist der siebenfache Nationalspieler Polens mannschaftsdienlich. Er selbst formuliert das so: „Ich warte nicht auf den Ball, sondern arbeite gerne für das Team. Ich suche den Raum zwischen den Spielern und kann auch den letzten Pass spielen. Über eine Torvorlage freue ich mich genauso, wie wenn ich selbst das Tor schieße.“
Skandale sucht man in seiner Vita vergebens. Kownacki scheint eher der ruhige Typ. Er wird als bodenständig, reflektiert und als Familienmensch beschrieben. Über das Leben mit zwei Kindern sagt er: „Am Ende bin ich auch nur ein Vater und Ehemann. Fußball ist wichtig, aber andere Dinge sind viel wichtiger.“ In seiner Freizeit hilft er schonmal seinen Freunden, die Speedwayfahrer sind, als Mechaniker aus. In Polen füllen diese Art von Motorrad-Rennen ganze Stadien.
Warum also wechselt so einer, der schon mit 16 als Profi in der polnischen Liga debütierte und von der britischen Zeitung „The Guardian“ 2014 auf die Liste der 60 besten Talente des Jahrgangs 1997 weltweit gesetzt wurde, zur Hertha? Einer, der schon im Alter von 20 Jahren zu Sampdoria Genua wechselte, in die erste, italienische Liga und dort in seiner Debüt-Saison immerhin fünf Tore erzielte. Einer, der Fortuna Düsseldorf 2019 die bis heute gültige Rekordablöse des Vereins in Höhe von sieben Millionen Euro wert war.
Mögliche Vorbehalte bei Erstligisten
Die Antwort auf diese Frage scheint so trivial wie lapidar. Kownacki und seine Familie fühlen sich wohl in Deutschland. Schon in der Vergangenheit hat er betont, dass seine Kinder nicht nur hier geboren sind, sondern auch mit der deutschen Sprache aufwachsen sollen. Die letzte Bundesliga-Saison jedoch, 2023/24 im Trikot von Werder Bremen, war wenig erfolgreich. In 22 (Kurz-)Einsätzen gelang ihm kein einziger Treffer. Da sind Vorbehalte bei Erstligisten auf der Suche nach einem Torjäger vorprogrammiert.
Fortuna Düsseldorf, das ihn erst ablösefrei nach Bremen ziehen lassen musste, um ihn dann in der letzten Saison leihweise zurückzuholen, konnte sich die vereinbarte Kaufoption offenbar nicht leisten. Da kommt ein Leihgeschäft mit der ambitionierten Hertha gerade recht. Sollte das Versprechen, dass sich beide Parteien aus dieser Partnerschaft erhoffen, eingelöst werden, wäre Kownacki im Alter von 29 Jahren wieder Bundesligaspieler. Und aus einem Transfer, der wie ein Fehler anmutet, wäre ein Gewinn für alle Beteiligten geworden.