MUCBOOK: Bernhard, du warst in den 80er Jahren in der Münchner Punkszene. Wie hat das damals angefangen?
Bernhard Springer: Alles begann mit der Alabama-Halle. Dort fanden damals die besten Punk-Konzerte statt, mit Bands wie den Dead Kennedys, Exploited und lokalen Helden wie Frotz. Frotz konnten damals nur zwei Stücke spielen, aber das Publikum wollte immer Zugaben. Das war typisch für die Szene – das Lokale zählte mehr als das Internationale. Die Exploited standen hinten und waren sauer, weil sie nicht loslegen konnten.
Das klingt nach einer Zeit voller Freiräume. Was war das Besondere an dieser „Hallenkultur“?
Die Hallenkultur war damals ein Synonym für Freiräume. Wenn ein Ort dichtmachte, ist man einfach weitergezogen. Es gab immer wieder neue Möglichkeiten – Theaterfabrik, Kunstpark Ost, später die Domagk-Ateliers. Das war ein riesiges Gelände, elf Häuser, ein absoluter Freiraum. Niemand hätte gedacht, dass so etwas in München möglich ist – das wirkte eher wie Berlin.
Und wie habt ihr euch als Künstlergruppe formiert?
Ende der 70er Jahre haben wir uns als Künstler zusammengeschlossen, die realistisch gemalt haben. Das war damals überhaupt nicht angesagt. Wir haben uns als eine Art Selbsthilfegruppe gesehen. Wir hatten unsere Produzentengalerie im Westend und haben überall in der Stadt ausgestellt, wo es ging – in Hallen, besetzten Häusern, sogar in einem Puff. Und in einem Pissoir in der Bergmannstraße, Ecke Anglerstraße. Wir haben sonntags mittags mit Schampus ausgestellt, bis die Polizei kam. Das gibt es sogar auf YouTube zu sehen. Wir haben auch in einem Puff ausgestellt, im Salambo. Viele Musiker und Künstler konnten damals nicht von ihrer Kunst leben und hatten als Taxifahrer Verbindungen zu solchen Orten, weil sie Provision bekommen haben, wenn sie Kundschaft gebracht haben.