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Mit 2000 Drohnen in einer Nacht will Russland Kiew unter Druck setzen. Der Ukraine-Krieg erreicht eine neue Dimension. Experten schlagen Alarm.
Kiew/Moskau – Der Drohnen-Terror von Russlands Präsident Wladimir Putin zählt zu den perfidesten Strategien im andauernden Ukraine-Krieg. Nacht für Nacht greifen die russischen Luftstreitkräfte Großstädte in der Ukraine mit zahlreichen Drohnen an. Oft kommen dabei vor allem Kamikaze-Drohnen aus iranischer Produktion vom Typ Shahed zum Einsatz. Die ukrainische Luftabwehr schafft es selten, alle Drohnen abzuwehren. Experten warnen jetzt davor, dass Russland bald mit der vierfachen Menge an Drohnen angreifen könnte.
Russland will Angriffe im Ukraine-Krieg vervierfachen – 2000 Drohnen pro Nacht
„Die Qualität der Luftangriffe hat sich über den Kriegsverlauf signifikant verändert“, sagte Generalmajor Christian Freuding bereits am Wochenende im Bundeswehr-Podcast „Nachgefragt“. Russland habe in den vergangenen Monaten vor allem auch die Quantität der Drohnenangriffe im Ukraine-Krieg verstärkt. Aktuell seien alle vier bis fünf Tage seien Angriffe mit bis zu 700 Drohnen möglich, doch Russland baue seine Kapazitäten in der Drohnenproduktion noch weiter aus.
„Man will die Drohnenangriffe noch ausweite“, erklärte Freuding weiter. „Die Ambitionen sind da 2000 Drohnen, die gleichzeitig eingesetzt werden können.“ 2000 Drohnen in nur einer Nacht entspräche in etwa einer Vervierfachung der aktuellen Angriffe und würden zwangsläufig zu einer weiteren Überlastung der ukrainischen Luftverteidigung sorgen.
Problematisch sind dabei vor allem auch die Kostenunterschiede zwischen Drohnen und Luftverteidigung. Eine in Russland produzierte Shahed-Drohne koste zwischen 30.000 und 50.000 Euro, rechnet Freuding vor. Da sei es „widersinnig“ diese mit einem Patriot-Lenkflugkörper im Wert von fünf Millionen Euro zu bekämpfen. Man brauche deshalb „intelligente Gegenmaßnahmen“, die wenige Tausend Euro pro Stück kosten.
Vom Schützen bis zum General: Das sind die Dienstgrade der BundeswehrFotostrecke ansehenDrohnen-Krieg gegen die Ukraine – Russland baut Produktionskapazitäten massiv aus
Der Thinktank Institute for the Study of War (ISW) geht davon aus, dass Russland bereits im November über die nötigen Produktionskapazitäten verfügen könnte, um im Ukraine-Krieg mit 2000 Drohnen in einer Nacht anzugreifen. Der ukrainischen Militärgeheimdienstes GUR meldete noch Anfang Juni, Russland könne mit seinen aktuellen Kapazitäten 170 Shahed-Drohnen pro Tag produzieren, plane aber dieses bis Ende des Jahres auf 190 Einheiten pro Tag weiter auszubauen.
„Die russischen Streitkräfte werden wahrscheinlich nicht in der Lage sein, jede Nacht so große Angriffspakete aufrechtzuerhalten, aber sie werden wahrscheinlich große Angriffspakete starten, gefolgt von Tagen mit kleineren Paketen, wie sie es jetzt tun“, schreiben die ISW-Analysten in ihrem Bericht.
Russlands Präsident Wladimir Putin will die Ukraine noch dieses Jahr mit bis zu 2000 Drohnen pro Nacht angreifen. (Montage) © Montage: Mikhail Metzel/dpa/Andreas Stroh/imago-imagesRussland droht mit 2000 Drohnen pro Nacht – ukrainische Luftabwehr an der Grenze
Generalmajor Freuding betonte weiter, dass Russland die ursprünglich aus dem Iran stammenden Drohnen im Laufe des Ukraine-Kriegs in der eigenen Produktion stark verbessert hätten. Die Drohnen verfügten inzwischen über eine deutlich größere Wirkkraft und würden sich kurz vor dem Ziel in Schwärmen zusammen tun. Ein großes Problem sei auch, dass die Drohnen inzwischen in größeren Höhen agieren würden und somit einen steileren Anflug auf die jeweiligen Ziele haben. All das erhöht die Probleme für die ukrainische Luftabwehr, die Drohnen erfolgreich abzuwehren.
Aktuell gelingt es der Ukraine nach eigenen Angaben knapp 80 Prozent der von Russland abgefeuerten Drohnen abzufangen. Bei über 700 Drohnen in einer Nacht, treffen also dennoch 140 russische Drohnen ihr Ziel und können massive Schäden anrichten. Sollte Russland es tatsächlich schaffen, seine Kapazitäten zu vervierfachen, dürfte sich also auch die Anzahl der Treffer deutlich erhöhen.
Die geplante Vervierfachung der russischen Drohnenangriffe im Ukraine-Krieg stellt Kiew vor erhebliche Herausforderungen. Ohne den raschen Ausbau kostengünstiger Abwehrsysteme und verstärkte internationale Unterstützung dürfte die bereits überlastete ukrainische Luftverteidigung an ihre Grenzen stoßen. Die Entwicklung zeigt, wie entscheidend innovative Lösungen für die weitere Kriegsführung werden könnten. (fdu)