In der stark umkämpften Region rund um Pokrowsk im Osten der Ukraine scheinen russische Truppen zunehmend auf kleinere Angriffsgruppen von bis zu drei Personen zu setzen. Das berichtet ein ukrainischer Aufklärungsoffizier der 5. Spezialeinheit „Omega“, der sich selbst den Rufnamen „Major“ gibt, in einem Interview mit dem Militärsender „Army TV“.

Wie gut die kleinen Trupps für ihr Vorstoßversuche ausgestattet sind, variiere laut „Major“ stark. Während einige wenige der Gruppen über „eine gute Ausrüstung“ verfügten oder sich mithilfe von Motorrädern an der Front fortbewegen, seien die meisten der russischen Soldaten eher notdürftig ausgestattet.

Russische Infanteristen wohl auch ohne Helm an der Front

„Die zu Fuß gehenden Infanteristen sind einfache ‚Wanderer‘, die nicht gut gekleidet sind“, berichtet der ukrainische Aufklärungsoffizier. Demnach sollen die meisten von ihnen lediglich eine einfache Schutzweste oder andere improvisierte Körperpanzer tragen. Nicht alle von ihnen hätten einen Helm, berichtet „Major“ weiter.

Normalerweise seien die russischen Soldaten bewaffnet. Allerdings seien dem Aufklärungsoffizier zufolge jüngst beim Feindkontakt vermehrt Fälle beobachtet worden, in denen die Angreifer keine Waffen bei sich trugen. „Ihre Vorgesetzten haben sie einfach nach vorne geschickt und ihnen gesagt: ‚Geht. Irgendwo auf dem Schlachtfeld werdet ihr schon eine Waffe finden.‘“

Der „Major“ berichtete im Interview außerdem von einer deutlichen Zunahme russischer FPV-Drohnenangriffe im Frontgebiet um Pokrowsk. Der Angreifer setze teilweise zehn bis fünfzehn Drohnen gleichzeitig auf ein Ziel an, um Fahrzeuge und Stellungen gezielt zu zerstören. „Sie versuchen, so viele Drohnen wie nur irgendwie möglich einzusetzen“, so der Offizier.

Warum setzt Russland vermehrt auf kleine Angriffstrupps?

Dass Russland in den Frontgebieten offenbar vermehrt auf kleinere mobile Einheiten setzt, ist bereits hinlänglich bekannt. Bereits Anfang Juni berichtete der Stabschef des vierten ukrainischen Nationalgarde-Bataillons „Bureviy“ dem Militärsender „Army TV“ in einem Interview, dass sich russische Kleinstgruppen in Kupjansk vor allem mithilfe von Motorrädern, Buggys und Quads fortbewegen, um in den bewaldeten Gebieten schneller Angriffe durchführen zu können.

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„Die Taktik ermöglicht eine bessere Manövrierfähigkeit“, so der Stabschef. Die ukrainischen Truppen hätten bereits auf die neue russische Taktik reagiert und gezielte Drohnenangriffe auf die Logistikkette der russischen Armee und Frontabschnitt vorgenommen.