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Trump setzt Russland mit einem Ultimatum im Ukraine-Krieg unter Druck. Gleichzeitig will Merz mehr Patriot-Systeme liefern. Für Putin wird es unbequem.

Kiew/Washington, D.C. – Nach einer Woche der politischen Wendungen im Ukraine-Krieg sprechen Analysten von einer „schlechten Woche für Putin“. US-Präsident Donald Trump verschärfte überraschend seinen Kurs gegen Moskau und stellte der russischen Führung ein Ultimatum: Sollte nicht binnen 50 Tagen ein Friedensabkommen zustande kommen, drohen sekundäre Strafzölle gegen sämtliche Länder, die weiter mit Russland Handel treiben. Vor allem China und Indien wären betroffen. Gleichzeitig brachte Bundeskanzler Friedrich Merz einen Kurswechsel bei den deutschen Patriot-Lieferungen ins Spiel.

Trump-Wende und Merz-Vorstoß im Ukraine-Krieg setzen Putin unter Druck

Das Ultimatum von Trump an Putin markiert einen radikalen Kurswechsel: Noch zu Beginn seiner zweiten Amtszeit hatte Trump die Schuld am Krieg wiederholt der Ukraine zugeschoben und die Militärhilfe zeitweise gestoppt. Vergangene Woche betonte der US-Präsident laut Reuters jedoch, er sei „sehr unzufrieden“ mit Putins Verhalten und kündigte neue Waffenlieferungen für die Ukraine an – darunter zusätzliche US-Patriot-Systeme, die von europäischen Verbündeten finanziert werden sollen.

Die geplanten „sekundären Sanktionen“ und das 50-Tage-Ultimatum gelten als bedeutender Strategiewechsel der USA. Mehrere Analysten, darunter Doug Klain von der Wohltätigkeitsorganisation „Razom for Ukraine“, fordern nun „echte, gezielte und eskalierende Sanktionen“ statt symbolischer Zölle.

Klain erklärte gegenüber der Kyiv Post: „Jetzt brauchen wir echte Sanktionen gegen Russland – und die Ukraine die notwendigen Mittel zur Verteidigung.“ Der Kurswechsel aus Washington habe zudem eine Rolle dabei gespielt, dass Deutschland bis zu fünf Patriot-Systeme an die Ukraine liefern will – deutlich mehr als bislang vorgesehen.

50-Tage-Ultimatum von Trump an Putin: US-Demokraten sehen „gefährliches Signal“

Während führende Republikaner wie Mitch McConnell Trump auffordern, die Waffenhilfe für Kiew weiter zu erhöhen und nicht durch parteiinterne Isolationisten ausbremsen zu lassen, kritisieren führende Demokraten im US-Kongress das 50-Tage-Ultimatum scharf. Sie sehen darin ein „gefährliches Signal“, das Putin 50 weitere Tage für militärische Vorstöße einräume, statt ihn sofort zur Verantwortung zu ziehen, schreibt The Hill.

Wladimir Putin früher: So stark hat sich der russische Präsident verändertWladimir PutinFotostrecke ansehenKreml irritiert – Friedensgespräche zwischen Russland und Ukraine im Stillstand

Die Reaktion aus Moskau ließ nicht lange auf sich warten: Kremlsprecher Dmitri Peskow nannte Trumps Ankündigungen am 15. Juli gemäß tagesschau.de „sehr ernst“, Teile davon seien „persönlich an Präsident Putin gerichtet“. Russland werde die Aussagen prüfen und setze weiter auf „politisch-diplomatische Arbeit“ – lehne jedoch jede Art von Ultimatum ab.

Gleichzeitig unterstrich Peskow, Moskau sei grundsätzlich zu Verhandlungen mit der Ukraine bereit. Die bisher geführten Gespräche zwischen russischen und ukrainischen Delegationen hatten bisher keine greifbaren Fortschritte erbracht. Moskau besteht weiterhin auf Maximalforderungen, etwa die internationale Anerkennung der annektierten Gebiete.

In der Ukraine herrscht große Skepsis gegenüber weiteren direkten Gesprächen mit Russland, so die USA Today. Präsident Wolodymyr Selenskyj hat zwar neue Verhandlungen in Istanbul angeboten, doch westliche und ukrainische Beobachter rechnen angesichts der bisherigen Erfahrungen kaum mit konkreten Ergebnissen.

Selenskyj betonte zugleich erneut die Notwendigkeit zusätzlicher westlicher Luftverteidigungssysteme, um die anhaltenden russischen Drohnen- und Raketenangriffe auf Städte und Infrastruktur abzuwehren

Putin, Trump, MerzPutin unter Druck: US-Präsident Trump und Bundeskanzler Merz setzen neue Zeichen im Ukraine-Konflikt. Westliche Geschlossenheit bringt Moskau in die Defensive. © Foto links: IMAGO / Russian Look | Foto rechts: IMAGO / XinhuaAufrüstung und neue Angriffe im Ukraine-Krieg – Putin bleibt auf Konfrontationskurs

Parallel zum diplomatischen Stillstand hat Russland in den vergangenen Wochen die Luftangriffe auf ukrainische Städte massiv verstärkt. Besonders die jüngsten Drohnen- und Raketenwellen auf Kiew und andere Metropolen zeigten nach Ansicht von Analysten, dass Russland auf eine militärische Eskalation anstatt Kompromisse setzt, urteilt etwa die New York Times. Die ukrainische Luftabwehr meldete allein in der Nacht zu Montag (14. Juli) den Abschuss von über 400 russischen Drohnen; dennoch gab es zahlreiche Einschläge, Tote und Verletzte.

Auch in Moskau sorgten ukrainische Drohnenangriffe zuletzt für Chaos, etwa durch die zeitweilige Schließung von Flughäfen, berichtete die Newsweek. Trotz der verschärften Lage sieht die russische Führung um Putin aber keinen Grund, von ihren Kriegszielen abzurücken: „Wir werden unsere Interessen durchsetzen und die Aufgaben erfüllen, die wir uns von Anfang an gesetzt haben“, so Kremlsprecher Peskow gemäß CBS News.

Übersicht: Trump verschärft Druck, Merz bringt Patriot-Lieferung voran – Putin gerät in die Defensive

Laut Analysten in Russland sind die Erwartungen an die neuen Sanktionsdrohungen aus den USA gering: Trump gebe Putin faktisch einen „Blankoscheck“ von 50 Tagen, um militärisch weiter voranzugehen, schreibt The Guardian.

USA/Trump 50-Tage-Ultimatum, Strafzölle, Waffenlieferungen über Nato Kriegsende, Druck auf Russland Kreml nennt Ultimatum „unakzeptabel“, prüft Antwort Deutschland/Merz Lieferung von Patriot-Systemen, mehr militärische Unterstützung, industrielle Kooperation Stärkung der ukrainischen Luftabwehr Russland warnt vor Eskalation Ukraine Dringender Bedarf an Luftverteidigung, neue Friedensgespräche angeboten Schutz der Städte, Waffenhilfe, Verhandlungsfortschritt Moskau bleibt bei Maximalforderungen, lehnt direkte Gespräche ab Russland Verstärkte Luftangriffe, Ablehnung von Ultimaten, eigene Maximalforderungen Erhalt der Gebietsgewinne, politischer Druck auf Westen Westen erhöht Militärhilfe, neue Sanktionen in Vorbereitung

Quellen: Kyiv Post, tagesschau.de, CBS News, Newsweek, USA Today, The Guardian, New York Times, The Hill, Independent, n-tv.de.

Merz-Vorstoß: Deutschland will Patriots liefern und durch Lieferungen aus USA ersetzen

Bundeskanzler Merz zeigte sich derweil zuletzt zuversichtlich, dass eine Einigung mit den USA über die Lieferung von Patriot-Luftverteidigungssystemen an die Ukraine „bald“ erreicht werde. „Das ist keine Frage von Stunden. Das ist eine Frage von Tagen, vielleicht Wochen“, erklärte der CDU-Chef Ende der vergangenen Woche laut ntv. Aktuell würden die Verteidigungsminister bereits über die technischen Details verhandeln. Merz hob hervor, dass die Systeme nicht nur geliefert, sondern auch transportiert und vor Ort aufgebaut werden müssten.

Die Bundesregierung hatte in Absprache mit den USA angeboten, zwei Patriot-Systeme aus Bundeswehrbeständen an die Ukraine abzugeben und später durch US-Lieferungen zu ersetzen. Norwegen erklärte sich bereit, ein drittes System zu finanzieren. Insgesamt könnten so innerhalb kurzer Zeit bis zu drei neue Staffeln für die Ukraine bereitstehen. Es ist ein komplexes Unterfangen, da auch Kompatibilität und Transport geklärt werden müssen.

Merz unterstrich außerdem die Bedeutung industrieller Kooperation: Deutschland werde die Ukraine nicht nur mit Luftabwehr, sondern auch mit weitreichenden Waffensystemen und neuer industrieller Zusammenarbeit unterstützen. Bereits in Kürze werde „in großem Umfang weitere Unterstützung“ folgen, so Merz. Einzelheiten nannte er aus Sicherheitsgründen nicht.

Merz, Macron und Starmer kooperieren bei Verteidigung – notfalls auch ohne Trump

Doch damit nicht genug aus deutscher Sicht: Als Reaktion auf die Befürchtung, die USA unter Trump könnten die Nato verlassen oder Truppen aus Europa abziehen, arbeitet Merz aktuell mit Frankreich und Großbritannien an einem neuen europäischen Sicherheitsabkommen, das explizit ohne die USA als Partner auskommt.

Am 17. Juli unterzeichneten Merz und der britische Premierminister Keir Starmer in London den sogenannten „Kensington Vertrag“, der eine enge deutsch-britische Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheit, Verteidigung, Wirtschaft und Migration vorsieht. Ziel ist eine stärkere europäische Eigenständigkeit bei der kollektiven Verteidigung und Abschreckung gegenüber Russland.

Auch Frankreich ist in die Gespräche eingebunden: Zusammen mit Präsident Emmanuel Macron soll ein Dreiecksbündnis entstehen, das Europas sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit unabhängig von Washington sichern soll. Internationale Medien wie die New York Times sprechen bereits von Europas neuen „Waffenbrüdern“.

Europäische Experten halten diese neue Kooperation für einen überfälligen Schritt angesichts der Unsicherheiten durch Trumps Politik. Das sogenannte E3-Format (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) wird als „stabile Plattform“ für die europäische Sicherheitspolitik gewertet, wie Nicolai von Ondarza von der Stiftung Wissenschaft und Politik betont.

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Politik-Analyst Doug Klain urteilt indes in der Kyiv Post, die Entwicklungen der Woche bedeuteten eine klare Verschlechterung der Lage für Putin: „Das war schon jetzt eine schlechte Woche für Putin“, so Klain. Entscheidend sei nun, dass das angekündigte Sanktionspaket tatsächlich umgesetzt werde und die Ukraine möglichst schnell Zugriff auf moderne Luftverteidigungssysteme und Waffen bekomme.

Gleichzeitig dämpfen westliche Diplomaten Hoffnungen auf einen schnellen Durchbruch. Auch die von Trump geforderten neuen Friedensgespräche in Istanbul am Mittwoch (23. Juli) werden wohl kaum zu einer Lösung führen, so russische und ukrainische Offizielle übereinstimmend, heißt es in der New York Times. Putins Forderungen – darunter die Neutralität der Ukraine, Begrenzung ihrer Streitkräfte und die Anerkennung der russischen Gebietsgewinne – bleiben für Kiew inakzeptabel.

Für die kommenden Wochen erwarten Analysten intensive diplomatische Manöver, eine weitere Aufrüstung der Ukraine und möglicherweise einen neuen Showdown bei einem möglichen Treffen von Trump und Putin Anfang September in Peking.