Kurz vor dem EU-China-Gipfel in Peking am Donnerstag, an dem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident António Costa teilnehmen, verschärfen sich die Spannungen zwischen China und der EU deutlich.
Der chinesische Handelsminister Wang Wentao hat in einer Videokonferenz mit dem EU-Kommissar für Handel und wirtschaftliche Sicherheit, Maroš Šefčovič, eine „formelle Beschwerde“ vorgebracht, was in der diplomatischen Sprache als ernster, offizieller Protest gilt. Anlass dafür war die Aufnahme zweier chinesischer Finanzinstitute – Suifenhe Rural Commercial Bank und Heihe Rural Commercial Bank – in das 18. Sanktionspaket der EU gegen Russland.
Beide sind nicht Teil der großen, staatlich kontrollierten Banken („Big Four“) wie ICBC oder ABC, sondern regionale ländliche Genossenschafts‑ bzw. Handelsbanken nahe der Grenze zu Russland. Laut offizieller Mitteilung aus Peking führten beide Seiten „offene und tiefgehende“ Gespräche über zentrale Themen der bilateralen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Neben den Banken wurden im Rahmen des 18. Sanktionspakets auch fünf chinesische Unternehmen sanktioniert – u. a. Firmen, denen laut EU Verbindungen zu Russland über Medizin‑ oder Industriegüter nachgesagt werden.
EU: Kaja Kallas bezeichnet China als „entscheidenden Unterstützer des russischen Krieges in der Ukraine“
Die diplomatische Verstimmung überschattet das Treffen, das eigentlich den 50. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen China und der EU markieren sollte. Die EU möchte laut der Spitzendiplomatin Kaja Kallas insbesondere Probleme wie das massive Handelsungleichgewicht sowie Chinas vermutete inoffizielle Unterstützung Russlands im Ukrainekrieg thematisieren. Kallas bezeichnete China gegenüber der britischen Zeitung Financial Times als „entscheidenden Unterstützer des russischen Krieges in der Ukraine“.
Peking hingegen versucht, den Gipfel als positives Zeichen für Multilateralismus zu inszenieren und damit zugleich eine Abgrenzung von den USA zu erreichen. Europäische Offizielle werfen China jedoch vor, europäische Märkte mit preiswerten Waren zu überschwemmen und Güter mit doppeltem Verwendungszweck nach Russland zu exportieren.
Das Verhältnis war bereits belastet, nachdem Präsident Xi Jinping eine Einladung zu einem Gipfel in Brüssel abgelehnt hatte. Trotz der Differenzen wollen beide Seiten eine offene Konfrontation vermeiden, insbesondere angesichts der jeweiligen Handelskonflikte mit den USA. Die EU hat ihr 18. Sanktionspaket zudem um scharfe Maßnahmen gegen den russischen Energiesektor erweitert: Der Ölpreisdeckel wurde von 60 auf rund 47,60 US-Dollar je Barrel gesenkt, ein Importverbot für veredelte russische Erdölprodukte aus Drittländern beschlossen und zusätzliche Sanktionen gegen die sogenannte Schattenflotte eingeführt. Zwar bleibt China von direkten Exportverboten verschont, doch Marktbeobachter gehen davon aus, dass der neue Preisdeckel und Einschränkungen im Ölhandel mittelbar auch chinesische Importe aus Russland beeinflussen könnten.
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