marktbericht

Stand: 23.07.2025 18:13 Uhr

Die Zoll-Einigung zwischen den USA und Japan ist heute an der Börse gut angekommen, der DAX legte zu. In trockenen Tüchern ist ein Deal für die EU aber damit noch nicht.

Neue Zollhoffnungen im Streit mit den Vereinigten Staaten hat die Anleger am deutschen Aktienmarkt heute motiviert. In der Spitze stieg der deutsche Leitindex bis auf 24.310 Punkten, nachdem er am Vortag noch mit der runden Marke von 24.000 Zählern zu kämpfen hatte.

Zuletzt konnte der Index aber das Top-Niveau aber nicht behaupten und schloss bei 24.240 Zählern um 0,83 Prozent höher. Das Tagestief lag bei 24.122 Punkten. Der MDAX der mittelgroßen Aktien gewann 1,23 Prozent auf 31.512 Punkte.

Hintergrund der heutigen Kursgewinne war das laut US-Aussagen „massive“ Zoll-Abkommen mit Japan, das US-Präsident Donald Trump in der Nacht verkündet hatte. Man habe sich auf „gegenseitige“ Zölle von 15 Prozent geeinigt. Zuvor hatte Trump noch Zölle in Höhe von 25 Prozent gefordert. Die Anleger in Europa hoffen, der Deal könnte eine Blaupause für ein Abkommen der EU mit den USA sein.

Doch die heutigen Gewinne könnten auf tönernen Füßen stehen. Denn ein Deal der EU mit den USA nach dem Vorbild Japans ist keineswegs ausgemachte Sache. Die von Trump gesetzte Frist für einen möglichen Deal – der 1. August – schwebt weiterhin wie ein Damoklesschwert über den Märkten.

Die Bundesregierung sieht die Verständigung zwischen Washington und Tokio denn auch nicht als Blaupause für ein transatlantisches Abkommen. „Die Handelssituation ist nicht vergleichbar“, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius in Berlin.

Die EU-Kommission betonte, Gespräche mit den USA hätten derzeit Priorität. Man werde sich allerdings parallel auf alle möglichen Szenarien vorbereiten, einschließlich möglicher Gegenmaßnahmen. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic sollte am Nachmittag mit US-Handelsminister Howard Lutnick beraten. Trump hatte der EU zuletzt mit pauschalen Zöllen von 30 Prozent gedroht. Nach EU-Darstellung hätten sie das Potenzial, den gegenseitigen Handel massiv zu beeinträchtigen.

Die erste Euphoriewelle über das Handelsabkommen zwischen den USA und Japan sei mittlerweile verflogen, schrieb Marktexperte Andreas Lipkow. Insgesamt wollten die Marktteilnehmer nun endlich Fakten sehen, denn: „Die jüngste Vergangenheit hat zu oft aufgezeigt, dass der Teufel im Detail steckt.“

So hätten die Japaner ganz dezidiert auf den Automobilsektor gedrungen. Ob das auch bei dem Handelsabkommen zwischen den USA und Europa funktionieren werde, stehe auf einem anderen Blatt.

Hauptprofiteur der neuen Zoll-Hoffnungen waren die im DAX reichlich vertretenen Autoaktien, die den Index anführten. Tagesgewinner waren die Papiere des LKW-Bauers Daimler Truck, auch die Anteilsscheine des Sportwagenbauers Porsche waren mit einem Plus von fast sieben Prozent stark gefragt. Erst am Freitag hatte Porsche- und VW-Chef Blume noch ein düsteres Bild gemalt, gehören doch die USA zu den wichtigsten Absatzmärkten des Stuttgarter Autobauers.

Die SAP-Aktie stand hingegen am DAX-Ende mit einem Minus von fast fünf Prozent. Der Software-Konzern meldete gestern Abend nach US-Handelsschluss zwar ein anhaltendes Wachstum des Cloud-Geschäfts, verzichtete aber wegen der Unsicherheit durch die US-Zölle auf die von einigen Anlegern erhoffte Anhebung des Gewinnziels für das Gesamtjahr.

An der Wall Street wird der Japan-USA-Deal derweil ebenfalls mit Wohlwollen aufgenommen, auch wenn sich die Euphorie in Grenzen hält. Die großen US-Indizes stehen am Mittag Ortszeit weiter allesamt moderat im Gewinn. Der Leitindex Dow-Jones-Index gewinnt knapp 0,5 Prozent, während es für die technologielastige Nasdaq nur um 0,1 Prozent nach oben geht. Der S&P 500 steigt knapp 0,3 Prozent.

Im Fokus der Anleger steht neben dem überraschenden Zollabkommen mit Japan der Fortgang der laufenden Berichtssaison der unternehmen.

Beim Telekomkonzern AT&T stießen sich die Anleger an den für dieses Jahr geplanten Investitionen, die wohl etwas höher ausfallen als gedacht. Die Zahlen für das zweite Quartal waren unterdessen etwas besser als gedacht. Die Aktien drehten im Verlauf ins Plus und gewinnen moderat 0,4 Prozent. Sie waren zuvor schon gut gelaufen.

Im weitgehend gesättigten US-Markt buhlen die großen Telekom-Anbieter AT&T, Verizon und T-Mobile mit vergünstigten Kombi-Angeboten um Kunden. Alle drei haben daher in den vergangenen Monaten Glasfasernetzbetreiber übernommen, um diesen Bereich auszubauen. In den vorangegangenen Quartalen hatte T-Mobile beim Kundenwachstum die Nase vorn. Die US-Tochter der Deutschen Telekom hat die Vorlage ihrer Quartalsbilanz nach Wall-Street-Schluss angekündigt.

Deutlich um über zwölf Prozent bergab geht es für Texas Instruments. JPMorgan-Experte Harlan Sur lobte zwar die Ergebnisse des Juni-Quartals. Der Ausblick sei jedoch vorsichtig beziehungsweise konservativ angesichts des Zoll-Gegenwinds und mauen Geschäfts mit Chips für die Autobranche. Sur geht davon aus, dass die Nachfrage für Texas etwas schwächer bleibt als saisonal üblich.

Im Sog von TI fielen auch Infineon im DAX und ST Micro zurück. Nachdem tags zuvor die skeptischere Prognose von NXP Semiconductors die Branche belastet hatte, sind es nun die Signale von Texas Instruments und ASM International, die für Mollstimmung sorgen. Papiere von ASM International brachen an der Euronext zeitweise zweistellig ein auf das Niveau vom Mai.

Nach US-Börsenschluss geht heute Abend die Berichtssaison mit gleich zwei Schwergewichten aus der Technologiebranche weiter: Die Google-Mutter Alphabet und der Elektroautobauer Tesla öffnen ihre Bücher. Dabei dürfte der Fokus der Anleger vor allem auf dem Ausblick der beiden Tech-Giganten liegen.

Was die Bilanz angeht, dürfte Alphabet Mutter die stärkeren Ergebnisse präsentieren, während sich bei Tesla derzeit vieles um die Aufpolierung des ramponierten Images drehe und solide Zahlen hier nur einen kleinen Beitrag leisten dürften, ist Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets überzeugt. „Hier muss von Firmenlenker Musk schon mehr kommen.“

Im Devisenhandel fiel der Euro zuletzt zwar leicht zurück, verteidigt aber bei 1,1732 Dollar sein hohes Niveau weiter. Gestern wurden im späten US-Handel noch 1,1755 Dollar bezahlt. In den vergangenen sechs Monaten hat der Euro bereits 15 Cent zulegen können. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,1726 (Dienstag: 1,1699) Dollar fest.

Die Verbraucherstimmung in der Eurozone hat sich im Juli derweil etwas stärker als erwartet aufgehellt. Der Indikator für das Konsumklima stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,6 Punkte auf minus 14,7 Zähler, wie die EU-Kommission heute in Brüssel mitteilte. Analysten hatten im Schnitt lediglich eine Verbesserung auf minus 15,0 Punkte erwartet. Der Indikator liegt damit aber weiter deutlich unter seinem langfristigen Durchschnitt.

Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re bekommt einen neuen Chef. Der Vorstandsvorsitzende Joachim Wenning wolle seinen Vertrag nicht verlängern und übergebe den Posten zum 1. Januar 2026 an den bisherigen Finanzvorstand Christoph Jurecka, teilte der DAX-Konzern nach einem Beschluss des Aufsichtsrats heute im München mit. Neuer Finanzchef wird Andrew Buchanan.

Aktien der Commerzbank profitierten von Neuigkeiten ihres größten Aktionärs: Die UniCredit hat die angepeilte Übernahme von Banco BPM abgeblasen. Das verstärkt am Markt Spekulationen, dass sich die italienische Großbank nun auf die Übernahme der Commerzbank fokussieren könnte.

Die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) und das Bundeskartellamt hatten zuletzt grünes Licht gegeben, dass die Italiener ihren direkten Commerzbank-Anteil auf knapp 30 Prozent aufstocken dürfen.

Der Baukonzern Hochtief hat im zweiten Quartal 2025 von einer guten Auftragslage profitiert. Umsatz und operatives Ergebnis legten kräftig zu. Dazu trugen vor allem die US-Tochter Turner und die australische Tochter Cimic bei. Weniger rund lief es beim spanischen Autobahnbetreiber Abertis, an dem Hochtief rund 20 Prozent hält.

Das Gewinnziel für das Gesamtjahr bestätigte der MDAX-Konzern. Die Aktie rutschte am Nachmittag zwar ins Minus, seit dem Jahreswechsel hat das Papier aber um mehr als 40 Prozent zugelegt.

China hat nach Hacker-Angriffen auf Microsoft-Software davor gewarnt, Probleme bei der Cybersicherheit zur „Verleumdung der Volksrepublik“ zu nutzen. Microsoft hatte nach den Cyber-Angriffen auf zahlreiche Unternehmen und Behörden laut eigenen Angaben drei chinesische Hackergruppen identifiziert, von denen zwei für Aktionen im staatlichen Auftrag bekannt sind.

Wegen unerlaubter Absprachen im Devisenhandel der ehemaligen Schweizer Bank Credit Suisse muss die Schweizer Großbank UBS dem EU-Gericht zufolge eine Geldbuße von knapp 29 Millionen Euro zahlen. Damit setzte das Gericht eine zuvor von der EU-Kommission verhängte Buße von rund 83 Millionen Euro herab. Die UBS hatte die Credit Suisse 2023 übernommen.