Am Sonntag erhält US-Bischof Robert Barron den Josef-Pieper-Preis in Münster. Proteste sind angekündigt. Hannah Lingnau hat dazu eine klare Meinung.

 

Seit Monaten diskutieren erhitzte Gemüter die diesjährige Verleihung des Josef-Pieper-Preises an US-Bischof Robert Barron, der für sein besonderes Engagement in der medialen Glaubensverkündigung geehrt werden soll. Dass der Preisträger inhaltlich und auch amtlich Nähen zu US-Präsident Donald Trump aufweist, ist laut Aussagen der Stifter ein Beitrag zum demokratischen Dialog. Klingt harmlos und in Zeiten der Entgleisung politischer Diskurse nach einem wichtigen Beitrag, oder etwa nicht?

Robert Barrons Engagement ist tatsächlich erwähnenswert: Er hat weit über 500.000 Follower:innen auf Instagram, gründete eine eigene Organisation für Evangelisierung und wurde jüngst in eine Kommission der US-Regierung zu Religionsfreiheit aufgenommen. Seine Artikel sind differenziert und klug, aber deswegen nicht weniger radikal.

Auswirkungen auf die Weltkirche

Er fügt sich dabei ein in einen Trend, der auch im deutschsprachigen Bereich immer höhere Wellen schlägt: Jana Highholder, „liebezurbibel“ und viele weitere Christfluencer:innen proklamieren auf Social Media die Verkündigung der Frohen Botschaft, Liebe zu Gott und zum Nächsten und verschleiern damit frauenfeindliche Tendenzen, Queer- und Transfeindlichkeit und eine Theologie, die mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hinter sich gelassen wurde. Der Content wird tausendfach geliket und geteilt.

Der US-amerikanische Theologe Massimo Faggioli sensibilisierte im Mai bei einem Gastvortrag an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Müns­ter für die Gefahren des „katholischen Fundamentalismus“, der es bis in die höchsten Ämter der USA geschafft habe und kein regionales und zeitlich begrenztes Phänomen der Trump-Präsidentschaft sei, sondern Auswirkungen auf die Weltkirche habe. Robert Barron gehört zu den medial maßgeblichen Stimmen dieses Katholizismus.

Dialog ist wichtiger denn je

Unterschiedliche Meinungen des demokratischen Spektrums zu hören und in den Dialog zu bringen, ist heute wichtiger denn je. Problematisch aber ist das Engagement eines Menschen zu honorieren, der diskriminierende Positionen vertritt, SocialMedia nutzt, um diese Positionen unter dem Deckmantel der Evangelisierung zu verbreiten und sich vor allem nicht klar abgrenzt von einer Regierung, die ganze Bevölkerungsgruppen dem öffentlichen Diskurs entzieht, diskriminiert und verfolgt. Das bringt keine Menschen ins Gespräch, sondern legitimiert menschenfeindliche Positionen und verschiebt Grenzen des Sag- und Machbaren.

„Niemand soll dich wegen deiner Jugend geringschätzen!“, ermutigt der 1. Timotheusbrief (4,12) seinen Empfänger Timotheus. Und in der 1.500 Jahre alten Benediktsregel rät der heilige Benedikt, bei wichtigen Dingen alle Brüder anzuhören, „weil der Herr oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist“ (RB 3,3). Darum kommen in unserer Rubrik „Der junge Kommentar“ ausdrücklich Autor:innen unter 30 Jahren mit ihrer persönlichen Meinung zu einem selbst gewählten Thema zu Wort. Sie sind ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.