Niroomand über Bewerbung

„Wir möchten erreichen, dass Berlinerinnen und Berliner die olympische Idee mittragen“

Kaweh Niroomand, Geschäftsführer der BR Volleys und Sprecher der Berliner Profivereine (Quelle: IMAGO / Funke Foto Services)Bild: IMAGO / Funke Foto Services

Kaweh Niroomand ist Geschäftsführer der BR Volleys, Sprecher der Berliner Profivereine und soll nun auch noch den Bewerbungsprozess um die Olympischen Spiele steuern. Im Interview spricht er über olympischen Mehrwert und die nächsten Schritte.


rbb|24: Herr Niroomand, Sie sind seit Jahrzehnten in verschiedensten Rollen im Sport unterwegs. Haben Sie einen olympischen Lieblingsmoment?

Kaweh Niroomand: Für mich gibt es sehr viele schöne Olympiaerlebnisse. Beispielsweise erinnere ich mich, wie begeistert ich das Bogenschießen mit Lisa Unruh in Rio de Janeiro 2016 verfolgt habe. Allem voran bin ich natürlich Volleyballer, weshalb mir Paris 2024 in lebhafter Erinnerung geblieben ist, wo unsere Nationalmannschaft nur denkbar knapp dem späteren Olympiasieger Frankreich unterlegen war und damit die große Chance auf eine Medaille hauchdünn verpasst hat.


Nun wollen Sie selbst dabei helfen, Berlin olympische Momente zu bescheren – als Leiter einer „zentralen Steuerungseinheit“ die für die Stadt Berlin die Olympiabewerbung für 2036, 2040 oder 2044 vorantreiben soll. Wie sind Sie zu diesem Job gekommen?

Die letzten Monate haben gezeigt, dass es eine solche zentrale Steuerung braucht, um die Aktivitäten des Senats, des Landessportbundes und der Berliner Vereine zu synchronisieren und zu bündeln. Wir brauchen jetzt eine klare Struktur, um das Thema in der Stadt zu verankern und die Berliner und Berlinerinnen dabei mitzunehmen.


Sie sind Geschäftsführer der BR Volleys und Sprecher des Bündnisses der Berliner Profiklubs, waren einst Vizepräsident des Deutschen Olympischen Sportbundes. Inwiefern wird Ihr prall gefülltes Telefonbuch der Bewerbung helfen?

Ich spreche natürlich nur ungern über mich selbst, aber ich bin in Berlin im Sport unterwegs, in der Wirtschaft und bin auch gesellschaftlich engagiert. Ich glaube, allein durch dieses Profil kann ich hoffentlich helfen, dass eine gute Bewerbung zustande kommt.


Wie ist denn ihr aktueller Eindruck von der Berliner Olympia-Bewerbung – jetzt, wo Sie offiziell ein Teil davon sind?

Bekanntlich findet aktuell ein innerdeutscher Wettbewerb statt, der entscheidet, mit welcher Stadt oder Region sich unser Land für die Olympischen Spiele bewerben wird. Unter dem Titel „BERLIN+“ haben wir ein Konzept abgegeben, das sich durchaus sehen lassen kann, das aber nun erweitert und verfeinert werden muss.


Was steht dabei besonders weit oben auf der Liste an offenen Aufgaben?

Als Erstes brauchen wir ein Leitmotiv verbunden mit einem Konzept, mit dem wir die Bevölkerung in Berlin für die Idee von Olympia begeistern können, indem wir aufzeigen, welche wichtigen Impulse dieses Vorhaben für unsere Stadt setzen kann. Die Meinung der Menschen ist im Rahmen unseres Bewerbungsprozesses von zentraler Bedeutung und wird es auch bei der Entscheidung des DOSB im nächsten Jahr sein. Wir möchten mit unserer Arbeit erreichen, dass die Berlinerinnen und Berliner die olympische Idee mittragen.

Gerade in diesen Zeiten, in denen unsere Gesellschaft spaltende Risse bekommt, ist es wichtig, sich gemeinsam hinter ein Projekt zu stellen, gemeinsam Emotionen zu erleben. Die Olympischen Spiele sind für mich ein solches Projekt, mit dem uns das gelingen kann.

Kaweh Niroomand


In Berlin scheint dies angesichts vieler kritischer Stimmen zur Olympia-Bewerbung bislang nur bedingt der Fall zu sein.

Es gibt bei vielen Menschen – durchaus verständlich – die Einstellung, dass Olympische Spiele zu viel Geld kosten, dass das IOC sowieso korrupt sei und wir uns lieber um unsere maroden Brücken, Schulen und Turnhallen kümmern sollten. Es gibt also viele Leute, die berechtigte Fragen haben. Diese Fragen zu beantworten und die Chancen, die sich aus einer Bewerbung ergeben, wird eine unserer wichtigsten Aufgaben sein.

  • Feuerwerk am Berliner Olympiastadion. / imago images/Schöning

    imago images/Schöning

    Pro-Kommentar –
    Olympia in Berlin? Unbedingt!

    Berlin will Olympische Spiele in die Stadt holen. Eine gute Idee, findet rbb-Sportreporter Nikolaus Hillmann. Er sieht in der Olympia-Bewerbung große Chancen für die Entwicklung von Infrastruktur und Sportstätten – und die Vielfalt des Sports.


Wie genau wollen Sie in Ihrer neuen Rolle mit solchen Vorbehalten umgehen?

Wir müssen aufzeigen, dass sich das eine und das andere nicht ausschließen, sondern sich bestenfalls ergänzen. Wir müssen den Menschen zeigen, dass die Olympischen Spiele mehr mit sich bringen als nur zwei Wochen Sport. Mindestens genauso wichtig ist die Zeit vor und nach Olympia, in der wir nachhaltige Mehrwerte und Verbesserungen für unsere Stadt schaffen können.


Wie genau würde dieser Mehrwert aussehen?

Wir müssen die Olympischen Spiele dafür nutzen, Mittel für die zweifelsohne notwendigen Modernisierungen freizumachen. Olympia könnte ein starker Motor dabei sein, marode Sportstätten zu sanieren, aber auch den Schul- und Vereinssport zu stärken. Auch die städtischen Infrastrukturen würden im Zuge einer Olympia-Bewerbung profitieren und im Sinne einer nachhaltigen Nutzung verbessert werden.


Apropos Sportstätten: Während das Olympiastadion oder die Arena am Ostbahnhof schon olympia-geeignet sind, erscheinen beispielsweise die Schwimmhalle und die Tennisanlage eigentlich zu klein für olympische Ansprüche zu sein.

Es ist richtig, dass wir in Berlin und den Partnerbundesländern der Bewerbung schon über viele geeignete Sportstätten verfügen. Es stimmt aber auch, dass einige der Sportstätten saniert beziehungsweise modernisiert werden müssen. Hierfür ist die Max-Schmeling-Halle ein gutes Beispiel, die übrigens gar nicht existieren würde, wenn sich Berlin nicht um die Olympischen Spiele im Jahr 2000 beworben hätte.

  • Im olympischen Dorf von 1936 in Elstal nahe Berlin. (Quelle: Imago Images)

    Imago Images

    Contra-Kommentar –
    Olympia in Berlin? Nein danke!

    Berlin will Olympische Spiele in die Stadt holen. Sabine Müller hält davon wenig. Sie ist zwar bekennender Olympia-Fan und hat auch nichts gegen eine deutsche Bewerbung. Allerdings sieht sie in Berlin als nicht funktionierender Metropole ein Problem.


Die Modernisierungen von Sportstätten wären natürlich ein zentraler Kostenfaktor bei einer Olympiabewerbung. Mit einer Machbarkeitsstudie will der Berliner Senat nun eine Summe ermitteln, was Olympische Spiele die Stadt kosten würden. Gibt es hierfür einen Zeitplan?

Das ist eine sehr wichtige Frage, aber geben Sie uns bitte die nötige Zeit, das seriös zu ermitteln. Ich möchte nur ungern mit einer Summe durch die Stadt rennen, die nicht fundiert berechnet wurde. Von denjenigen, die kategorisch gegen die Olympischen Spiele in Berlin sind, werden erst zwölf Milliarden Euro, dann wieder 16 Milliarden Euro genannt. Das alles sind keine soliden Prognosen. Einen konkreten Termin kann ich Ihnen deshalb im Moment nicht nennen, aber die Finanzen werden selbstverständlich ein zentrales Thema des gesamten Bewerbungsprozesses sein, für den uns ohnehin wenig Zeit bleibt.


Jetzt haben Sie selbst das Stichwort „Zeit“ fallen lassen. Ich habe Ihre anderen umfangreichen Engagements im Sport eingangs schon erwähnt. Was treibt Sie mit Ihren mittlerweile 72 Jahren an, nun auch noch eine Olympia-Bewerbung zu schultern?

Ich mache das für meine Stadt. Natürlich könnte ich mich auch auf den Golfplatz stellen und an meinem Handicap arbeiten – das ist nicht schlecht, aber könnte auch deutlich besser sein. Aber es treibt mich an und um, mich für den Sport in Berlin einzusetzen. Gerade in diesen Zeiten, in denen unsere Gesellschaft spaltende Risse bekommt, ist es wichtig, sich gemeinsam hinter ein Projekt zu stellen, gemeinsam Emotionen zu erleben. Die Olympischen Spiele sind für mich ein solches Projekt, mit dem uns das gelingen kann.


Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Jakob Lobach.