Es gab das übliche Lächeln für die Fotografen und warme Worte des chinesischen Staatschefs Xi Jinping. Doch hinter den Kulissen des Gipfeltreffens brodelt es gewaltig zwischen Europa und China. Schon häufig glichen Besuche westlicher Politiker in Peking einem Drahtseilakt – doch so angespannt wie derzeit war die Lage selten. Europa wirft China zu Recht unfaire Handelspraktiken und die Unterstützung Russlands bei seinem zerstörerischen Angriffskrieg in der Ukraine vor.
Xi Jinping macht derweil gute Miene zum bösen Spiel und fordert ein tieferes Vertrauen zwischen beiden Mächten. Europa kann nach wie vor wohlwollend gegenüber dem Riesenreich agieren, doch muss es dabei jegliche Naivität ablegen. Denn die Konfliktthemen sind gewaltig: von dem gigantischen Handelsdefizit mit China über illegale Subventionen für E-Autos und intransparente Exportkontrollen für Seltene Erden bis hin zu den Themen Russland-Politik, Kriegsdrohungen gegenüber Taiwan und Menschenrechtsverletzungen.
Ja, es ist alles andere als eine Liebesbeziehung zwischen der EU und dem Reich der Mitte: Auf der anderen Seite muss sich Europa mit China – genauso wie mit dem ungeliebten Trump-Amerika – so weit wie möglich arrangieren. In der neuen Weltordnung, in der es mehr denn je um nationale Interessen geht, muss Europa bestehen und seinen Platz finden – idealerweise als dritter Pol. Wir können uns China nicht machen, wie wir es gerne hätten, sondern müssen mit dem Land klarkommen, wie es nun einmal ist – und bis auf absehbare Zeit auch bleiben wird.
Für die EU heißt das konkret, gegenüber China selbstbewusst, aber auch kompromissbereit auftreten, sich mehr auf die eigenen Stärken besinnen und eine knallharte Interessenpolitik betreiben. Das heißt nicht, dass Werte wie Demokratie, Freiheit und Menschenrechte künftig überhaupt keine Rolle mehr spielen dürfen – aber im Vordergrund muss eine Politik stehen, die Europa nützt, die handfeste Vorteile für die Menschen auf dem alten Kontinent bringt.