25. Juli 2025
Dient er vor allem dem Schachsport – oder doch eher Putin? So genau weiß man das nicht bei Arkady Dvorkovich
Der Schachbund schließt sich der Kritik der ECU an der Entscheidung des FIDE-Rates an: Russische Teams sollen laut Weltverband unter neutraler Flagge starten dürfen..
Der Deutsche Schachbund hat eine klare Haltung zu einem Beschluss, der am 18. Juli im FIDE-Council fiel – und der auch bereits von der Europäischen Schach-Union ECU scharf kritisiert wird. Demnach möchte der FIDE-Rat die Teilnahme einer „neutralen Mannschaft“ mit russischen Spielerinnen bei der nächsten Frauen-Teamweltmeisterschaft im November in Linares, Spanien, zulassen.
Teilnahme an der Frauen-WM? Lauterbach: „Das scheint nun der nächste Versuch zu sein, eine Normalität vorzugaukeln, die es so im Umgang mit Russland nicht geben darf.“
Das FIDE-Council rechtfertig die Entscheidung mit einer FIDE-Resolution vom Januar 2025, demzufolge die Teilnahme von „neutralen“ Teams von schutzbedürftigen Gruppen (Jugendliche und Spieler mit Behinderungen) an Mannschaftswettbewerben gestattet sein soll. DSB-Präsidentin Ingrid Lauterbach sagt dazu, es sei schon „sehr verwunderlich, wie die FIDE zu der Auffassung kommt, dass Frauen zu diesen besonders schutzbedürftigen Gruppen gehören“. Man könne den Verdacht hegen, die FIDE versuche unter ihrem russischen Präsident Arkady Dvorkovich, durch die Hintertür Frauen-WM wieder eine Akzeptanz russischer Mannschaften bei Wettbewerben zu erreichen – und so die Bestimmungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) Stück für Stück aufzuweichen. „Schon der Beschluss vom Januar hat uns irritiert“, so Lauterbach, „das scheint nun der nächste Versuch zu sein, eine Normalität vorzugaukeln, die es so im Umgang mit Russland nicht geben darf.“
Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine wurden russische Sportler der Maßgabe des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) folgend in Gänze oder bei Mannschaftswettbewerben von offiziellen internationalen Sportwettbewerben suspendiert. Im Schach sind russische Einzelsportler zu offiziellen internationalen Wettbewerben zugelassen, wenn sie unter der Flagge der FIDE antreten.
Vor der endgültigen Entscheidung will die FIDE nun – immerhin – noch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des IOC einholen.
Die Europäische Schachunion (ECU) antwortete unabhängig davon mit einer Stellungnahme und verweist darauf, dass der Beschluss des FIDE-Rates im Widerspruch zu den Beschlüssen der FIDE-Generalversammlung in Budapest 2024 steht, wo die Delegierten mit großer Mehrheit zwei Anträge auf eine Aufhebung der Sanktionen gegen den Russischen Schachverband abgelehnt haben. Federführend für einen Schulterschluss der Verbände war damals auch der Deutsche Schachbund, der als erster Verband eine klare Haltung in der Russland-Frage zeigte und in der Folge Allianzen geschmiedet hatte. Letztlich hatte auch Lauterbachs Einschalten des Dachverbandes ARISF (Association of IOC Recognised International Sports Federations) und dessen den Druck auf den russischen FIDE-Präsidenten erhöht. Doch der scheint nicht aufgeben zu wollen. Mehrfach gab es bereits Berichte, dass die russische Staatsführung von Dvorkovich Ergebnisse erwarte, die auch propagandistisch ausgeschlachtet werden könnten – um den Eindruck zu erwecken, Russland gewinne wieder an Akzeptanz auf der internationalen Sportbühne.
In ihrer Erklärung stellt sich die ECU nun gegen den Beschluss des FIDE-Rates und hält an der Position fest, dass „die Sanktionen gegen die Teilnahme russischer Mannschaften so lange aufrechterhalten bleiben sollten, bis die Umstände, die diese Maßnahmen erforderlich gemacht haben, vollständig geklärt sind.“ Die russische Nachrichtenagentur TASS zitiert den Geschäftsführer des Russischen Schachverbandes Alexander Tkatchov so: „Das ist die erwartete Reaktion unserer Gegner.“ Die ECU indes betont, auch die FIDE müsse die Leitlinien des IOC befolgen – und sei selbst in ihrer Haltung klar: „Als Dachverband, der 54 europäische Schachverbände vertritt, hat die ECU die Verantwortung, die Werte Fairplay, Integrität und Solidarität zu wahren, die unseren Sport auszeichnen. Wir sind der Ansicht, dass die Aufhebung dieser Beschränkungen, selbst wenn russischen Mannschaften ein neutraler Status gewährt wird, ein widersprüchliches Signal hinsichtlich des Bekenntnisses der internationalen Schachgemeinschaft zu diesen Grundsätzen sendet.“ Der DSB schließt sich dieser Auffassung vollumfänglich an. (mw)