Halle. „Das wird schööööööööön“, verspricht Baustellenmaskottchen Iseky. Der von der Stadt zum Leben erweckte Comic-Maulwurf mit gelbem Helm und erhobenem Zeigefinger soll Einzelhändler, Anwohner und auswärtige Besucher aufmuntern und sie zufrieden durch die Zeit der aufwendigen Umbauarbeiten der Innenstadt führen. Bei Scarlett Mantei, Inhaberin vom Haller Tee- und Kaffeeparadies, hat der Maulwurf mittlerweile aber den Beliebtheitsgrad erreicht, den seine Art für gewöhnlich bei Gartenbesitzern hervorruft. Er soll schnell weg und am liebsten würde man ihm noch einen mit der Schaufel überbraten. „Wenn die Rosenstraße fertig ist, wird es bestimmt eine schöne Straße sein. Allerdings ist bis dahin kein Geschäft mehr da“, prophezeit Mantei.
Man habe im Vorfeld viele Versprechen gehört, aber dass die Lage nun so ist, wie sie ist, hätte niemand gedacht. „Es ist alles noch schlimmer gekommen, gut 45 Prozent von meinem Umsatz sind weggebrochen“, sagt Mantei. Zehn Parkplätze sollten für die Kunden auf einer Sonderfläche zwischen Martin-Luther-Straße und der früheren „Haller-Kreisblatt“-Geschäftsstelle entstehen, in der Realität sind dort aber selten Stellplätze frei. „Neben Baufahrzeugen und Baumaterialien sind dort Autos von Menschen, die in der Stadt arbeiten“, sagt Mantei.
Ohne ihre Stammkundschaft könnte sie wohl kaum überleben. „Ich hatte auch viele Kunden in Bielefeld, Werther oder Steinhagen. Die kommen jetzt nicht mehr“, sagt Mantei. Der Weg zu ihr sei einfach zu kompliziert geworden. Sie brauche auch keine Schaufenster mehr dekorieren, da niemand an ihrem Geschäft vorbeischlendert. „Ich habe echt schon überlegt, einfach alles schwarz zu machen“, sagt Mantei.
Der Ersatz-Kundenparkplatz an der Martin-Luther-Straße wird offenbar in erster Linie von Baufahrzeugen genutzt.
(© Uwe Pollmeier)
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Kein Zugang während des Haller Musiksommers
Am vergangenen Wochenende habe sich die Situation noch einmal verschlimmert. Während des Musikalischen Frühschoppens auf dem Ronchin-Platz seien beide Zugänge zu ihrem Geschäft versperrt gewesen. „Da war alles zugestellt, da muss man doch drauf achten. Manchmal bin ich echt nah am Herzinfarkt“, sagt Mantei. Der kürzlich von der Stadt herausgegebenen Mitteilung, dass man im Zeitplan liegt und möglicherweise schon zum Jahresende fertig ist, mag sie nicht trauen.
„Die Situation ist wirklich ernst, die Laufkundschaft fehlt. Die Leute gehen einfach nicht mehr in die Rosenstraße rein“, sagt Dieter Büsselberg. Der Vorsitzende der Haller Interessen- und Werbegemeinschaft (HIW) begrüßt es daher sehr, dass seitens der Verwaltung und der Politik in einer Sondersitzung des Hauptausschusses am 13. August Maßnahmen angestoßen werden sollen, die diesen Zustand ändern. In einem Treffen zwischen HIW und den Händlern sollen bereits in der kommenden Woche Marketingideen, vor allem mit Blick auf den Haller Herbst, erarbeitet werden.
Scarlett Mantei, Inhaberin vom Tee- und Kaffeeparadies an der Rosenstraße, hat viele Haller Artikel im Angebot. Die Ideen dazu hat sie selbst vor rund 30 Jahren entworfen.
(© Uwe Pollmeier)
„Es ist notwendig. Die Situation muss sich ändern. Die Rosenstraße ist derzeit das große Sorgenkind“, sagt der HIW-Vorsitzende. „Die Situation der parkenden Baufahrzeuge auf dem Ersatzparkplatz ist bereits thematisiert worden. Es ist wohl schon besser geworden“, sagt Büsselberg. Er habe aber insgesamt die Befürchtung, dass „die Händler gravierende Umsatzrückgänge verzeichnen“. Die Lage verschärft habe sicherlich auch die aktuelle Baustelle an der Martin-Luther-Straße, die für viele Kunden der Rosenstraße weitere Umwege erforderlich macht. „Dies ist jedoch seitens Stadt und TWO im Vorfeld sehr gut kommuniziert worden“, sagt der HIW-Vorsitzende.
HIW-Chef Dieter Büsselberg.
(© HIW)
Haller Geschäfte in der Rosenstraße müssen sichtbar sein
Er sei aber nun guter Hoffnung, dass die Politik eine Regelung findet. Einen Härtefallfonds, der besonders betroffenen Händlern einen finanziellen Ausgleich sichern würde, wäre seiner Ansicht nach sehr zu begrüßen. „Es geht aber auch darum, kurzfristige Marketingmaßnahmen zu starten“, sagt Büsselberg. „Jeder muss sehen, dass es die Geschäfte noch gibt, und dass die Rosenstraße ein attraktives Angebot garantiert. Man müsse Maßnahmen ergreifen, um die Rosenstraße sichtbarer zu machen.
Für Julia Westphal, Inhaberin des Blumengeschäfts Edel & Kraut an der Rosenstraße 17a, ist die Situation ebenfalls eine Katastrophe. Sie hatte bereits im Vorfeld ihre Befürchtungen mitgeteilt, nun sei aber alles noch schlimmer gekommen. „Auf dem Parkplatz an der Martin-Luther-Straße bleiben höchstens zwei Plätze für Kunden frei“, sagt Westphal.
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Die Sperrung der Martin-Luther-Straße zu Wochenbeginn habe alles noch schlimmer gemacht. „Seitdem sind wir komplett von der Außenwelt abgeschnitten“, sagt Westphal. Sie hoffe nun auf eine Lösung durch Stadt und Politik und auf erste Ergebnisse beim Treffen der Geschäftsleute mit der HIW in der kommenden Woche.
Julia Westphal hat das Blumengeschäft im Januar 2021 eröffnet.
(© Uwe Pollmeier)
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