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Von Macrons Ankündigung profitiert die Hamas, warnt „Münchner Merkur“-Chefredakteur Anastasiadis. © Le Pictorium/Imago/Klaus Haag/Montage
Die Ankündigung des französischen Präsidenten, Palästina als Staat anzuerkennen, ist spektakulär. Aber ist sie auch klug? Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
Mit seiner Ankündigung, Palästina als eigenen Staat anzuerkennen, hat Frankreichs Präsident nur der Hamas einen großen Gefallen getan; deren Terror und auch die Weigerung, die letzten 20 noch lebenden israelischen Geiseln freizulassen, wird nun spektakulär belohnt. Der schrecklich leidenden Bevölkerung in Gaza aber hilft Macrons pathetischer Auftritt nicht. Und die außenpolitisch völlig zerstrittene EU macht er mit seinem unabgestimmten Alleingang einmal mehr international zum Gespött.
Macrons Palästina-Anerkennung ist von mehr als vom Leid in Gaza getrieben
Man tut Macron wohl kein Unrecht, wenn man annimmt, dass es nicht nur die schrecklichen Bilder aus Gaza waren, die sein Herz rührten. Der Präsident ist in seinem Land so unbeliebt wie nie. Halb Frankreich spottet über die Auftritte des Ehepaars Macron und die Handgreiflichkeiten der „Premiere dame“. Seine Parteinahme im Gazakonflikt dürfte ihm in der starken muslimischen Bevölkerungsgruppe, aber auch weit darüber hinaus neue Zustimmung garantieren. Antisemitische Übergriffe sind in Frankreich schon seit langem an der Tagesordnung.
Vor dem Gaza-Krieg: Die Geschichte des Israel-Palästina-Konflikts in Bildern Fotostrecke ansehenFrankreich erkennt Palästina an – und wertet damit die Hamas diplomatisch auf
Doch ist es das wirklich wert? In der EU fühlt man sich an Macrons markige Ankündigungen aus dem Vorjahr erinnert, Frankreich könne zur Unterstützung der Ukraine Bodentruppen schicken. Damit wollte der geltungssüchtige Präsident davon ablenken, dass Frankreich zwar verbal immer der resoluteste Unterstützer Kiews war, die tatsächlichen Hilfen aber weit hinter denen des leiseren Nachbarn Deutschland zurückblieben. Am Ende löste sich die Truppen-Ankündigung in Luft auf.
Die Hamas wird ihren Erfolg als Beleg dafür verkaufen, dass es richtig war, nicht nur unschuldige Israelis, sondern auch die eigene Bevölkerung als Geiseln zu nehmen
Die Prognose ist nicht gewagt, dass es auch im Nahostkonflikt so enden wird. Deutschland und einige andere europäische Länder werden sich, anders als Spanien und Irland, der französischen Initiative nicht anschließen. Schon gar nicht werden das die Amerikaner tun, die Macrons Ankündigung in der schärfstmöglichen Form kritisierten. Und die diplomatisch aufgewertete Hamas wird ihren Erfolg als Beleg dafür verkaufen, dass es richtig war, nicht nur unschuldige Israelis, sondern auch die eigene Bevölkerung als Geiseln zu nehmen.
Das war nicht weniger erbarmungslos als die Kriegsführung der Israelis, die erst wieder in Sicherheit leben zu können glauben, wenn die Hamas die Waffen gestreckt hat. Doch zum Einlenken und damit zur Beendigung des Krieges haben die Terroristen nun noch weniger Anlass. (Georg Anastasiadis)