In Berlin findet am Samstag der Christopher Street Day (CSD) statt. Hunderttausende Feiernde versammeln sich. Kurz vor Beginn der Startkundgebung füllt sich die Leipziger Straße. Überall Regenbogenflaggen und bunte Outfits. Die Stimmung dieses Jahr sei gleichzeitig Vorfreude wie angespannt, sagt Thomas Hoffmann, CSD-Vorstand.

„Viele in der Community haben Angst und sind verunsichert. Aber gleichzeitig wollen wir ein kraftvolles Zeichen setzen. Jetzt erst recht. Deshalb auch das Motto des diesjährigen CSD. Hasskriminalität gegen uns nimmt zu, uns wird die Solidarität entzogen, die Stimmen gehen uns werden lauter und selbstbewusster. Das ist keine Situation, in der wir still sein können. Wir sind heute eine starke Stimme dagegen. Unsere Message: Wir sind die Mehrheitsgesellschaft.“ Zu den angekündigten Gegendemos sagte er: „Wir sind sicher. Die Gegendemos interessieren uns nur aus gesellschaftspolitischer Sicht. Nicht aus Gründen der Sicherheit.“

Gegendemo zum CSD angekündigt

Josephine Ortleb (SPD) eröffnet gemeinsam mit Omed Nouripour (Grüne) den CSD: „Für alle, für die das hissen der csd Flagge ein Zirkus ist: Wir machen Berlin zur größten Manege für Vielfalt und Freiheit.“ Es sei jetzt „keine Zeit, um neutral zu sein, wenn queere Menschen jeden Tag angegriffen werden. Wenn unsere Demokratie unter Druck gerät. Wir können nicht neutral sein, wenn es um Menschenwürde geht.“

Nouripour: „Hallo CSD, hallo Zirkuszelt“, so der Grünen-Politiker zu Beginn seiner Rede. Die gleichen Rechte seien „nicht vom Himmel gefallen“. „Wir sind auch hier aus Liebe. Liebe tut niemanden weh“, so Nouripour weiiter. Nouripour grüßte zudem das Regenbogennetzwerk des Bundestages, das nicht als Bundestagsgruppe am CSD teilnehmen darf.

Die Linken-Politikerin Petra Pau sagte zu Beginn der Demo, dass der Bundestag dieses Jahr „grau geblieben“ sei, wenigstens sei der U-Bahnhof mit Regenbogenfarben geschmückt. Sie kritisierte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) scharf. In Marzahn-Hellersdorf sei die Regenbogenfahne schon vor einer Woche gehisst worden. „Das ist das Berlin, das ich mir wünsche, für das ich stehe“.

Das Wetter ist durchwachsen, viele Wolken sind am Himmel zu sehen. Es wird etwas wärmer als in den vergangenen Tagen, bei Höchsttemperaturen zwischen 23 und 25 Grad. Vereinzelt kann es zu Schauern kommen.

Die Polizei ist mit verstärktem Aufgebot im Einsatz. Am Samstag ist eine Gegenkundgebung von Rechtsaußen in Berlin angemeldet. 350 Teilnehmer werden erwartet, wie die Berliner Polizei bestätigte. Sie trägt den Titel „Gemeinsam gegen den CSD-Terror und die Identitätsstörung“. Zuletzt störten rechte immer wieder CSDs in Deutschland. Die Polizei kündigte an, den CSD entsprechend zu schützen und auch die Bahnhöfe besser zu bewachen.

„Unsere Kräfte überprüften eine Personengruppe in der Messer- und Waffenverbotszone am Alexanderplatz. Im Rahmen dieser Kontrollen wurden sechs Personen festgenommen“, teilte die Berliner Polizei auf der Plattform X mit. Unter den Festgenommenen sei die Anmelderin der Gegendemo gewesen. „Es wurden Verfahren u. a. wegen Beleidigung, Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen und Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz eingeleitet,“ so die Polizei weiter.

Von den 400 angemeldeten Neonazis der Gegendemo kamen nicht viele. Nur wenige Dutzend Kameraden in Lonsdale-Jacken und „Division Berlin“ Shirts kamen zum versammlungspunkt Schöneberger Ufer 47. Die Polizei sprach von deutlich weniger als 100 Teilnehmern. Vor Ort enrollten sie Banner mit der Aufschrift „Unser Land! Unsere Regeln!“ und „Wir sind das Volk!“. Eine zweite Demo der gleichen Anmelder später am Lützowplatz wurde abgesagt.