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Russland reduzierte im Mai wichtige Investitionen für die Wirtschaft. Nun könnte ein weiterer derartiger Schritt folgen. Der Kreml braucht Geld.

Moskau – Russlands Kohleindustrie schwächelt. Die Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen bleiben weit hinter den Erwartungen zurück. Die großen Banken diskutieren bereits eine mögliche Rettungsaktion durch den Kreml. In vielen Sektoren von Russlands Wirtschaft knirscht es derzeit, und die vielen kleineren Krisen summieren sich zu massiven Geldproblemen auf. Ein russischer Politiker hat jetzt einen Plan, wie der Staat trotzdem an mehr Geld kommt.

„Aufgabe für das ganze Land“ – Russlands Wirtschaft braucht Geld und Sparmaßnahmen sollen helfen

Erst im Mai hatte Russland erhebliche Haushalts-Einschnitte bei wichtigen Investitionen vorgenommen. Jetzt schlägt ein Senator aus dem Föderationsrat im Oberhaus des russischen Parlaments neue Kürzungen beim Budget vor. Das Ziel dahinter: mehr Geld für den Rüstungssektor.

Wladimir Putin in Arkhangelsk.Wladimir Putin in Arkhangelsk (Symbolfoto). Im Mai beschnitt Russland wichtige Investitionen für die Wirtschaft. Jetzt könnte ein weiterer solcher Schritt folgen. Der Kreml braucht Geld. © IMAGO / ZUMA Press

So sieht das im Detail aus: Anatoli Artamonow, Vorsitz beim Komitee für Haushalt und Finanzmärkte, will eine Summe von bis zu zwei Billionen Rubel (umgerechnet etwa 21,6 Milliarden Euro) jedes Jahr neu zuweisen, um Ausgaben für das Militär und andere Sicherheitsbelange zu decken. Diese beiden Bereiche nehmen schon jetzt etwa 40 Prozent des russischen Haushalts ein, was seit dem Ende der Sowjet-Zeit die höchsten Rüstungsausgaben markiert. Die Einschnitte sollen ausdrücklich bei ineffizienten Ausgaben stattfinden, oder bei solchen, die nicht zu den essenziellen Wirtschaftsbereichen gehören.

„Wir haben eine Aufgabe für das ganze Land. Und um diese zu bewältigen, werden wir mehr Geld ausgeben müssen, damit es schneller geht“, zitiert die Moscow Times Artamonow. Sozialausgaben sollen von neuen Einschnitten nicht betroffen sein. Dieses Jahr wird Russland 13,2 Billionen Rubel (142,8 Milliarden Euro) für den Krieg ausgeben, weitere 3,45 Billionen Rubel (37,3 Milliarden Euro) in die nationale Sicherheit fließen.

Budget-Abstriche für Russlands Wirtschaft – Kreml opfert Investitionen für Krieg

Dieser Vorschlag kommt nur etwa zwei Monate nach einer ähnlichen offiziellen Ankündigung. Im Mai berichtete die russische kreml-freundliche Zeitung Kommersant, dass die Regierung rigoros Investitionsprogramme zusammenstreichen wollte. Unter anderem traf das Sektoren wie die Luftfahrt, die Schiffsproduktion und die Herstellung von Industrierobotern.

Ein Luftfahrt-Investitionsprogramm verlor 22 Prozent seiner Finanzmittel. Ein wichtiges Programm, das den Output der russischen Güterproduktion bis 2030 um 40 Prozent stärken sollte, musste ebenfalls Abschläge hinnehmen. Im selben Atemzug beschnitt der Kreml die Förderung der „High-Tech-Industrie“ Russlands. Hier gab es ein Minus von 46 Milliarden Rubel, was umgerechnet etwa 507 Millionen Euro waren. Zuletzt setzte die russische Regierung auch bei der Automobilindustrie den Rotstift an: Kürzungen in Höhe von 385,8 Millionen Euro bei Investitionsprogrammen sollten der Kriegskasse mehr Geld bringen.

Öl und Gas bringen für Russlands Wirtschaft nicht mehr genug – Kreml sucht Lösung

Dabei stellt sich die Frage: Warum muss Russland so viel Geld sparen? Hier kommt der Markt für Öl- und Gasimporte ins Spiel, die wichtigste Einnahmequelle der russischen Wirtschaft. Westliche Sanktionen spielt der Kreml dabei immer wieder herunter. Unterstützer Russlands weisen öfters darauf hin, dass auch das Wegbrechen des EU-Marktes kein Problem für Russland sei, immerhin nehmen China und Indien ja das überschüssige Öl und Gas ab.

Allerdings ist der Energiesektor mittlerweile Russlands größte Schwäche. Die EU kauft immer weniger Öl und Gas aus Russland ein, China und Indien waren damals eingesprungen, um die Lücke zu schließen. Allerdings haben die beiden asiatischen Länder dabei teils gewaltige Rabatte ausgehandelt. Der aktuelle Preisverfall beim Öl tut sein Übriges: Russland ist auf die Einnahmen aus Öl- und Gasverkäufen angewiesen, bekommt aus diesen jedoch immer weniger Geld.

Wie das in Zahlen aussieht, verraten neueste Untersuchungen des Center for Research on Energy and Clean Air. Diesem zufolge gingen Russlands Einnahmen aus dem Export fossiler Brennstoffe im zweiten Quartal 2025 um 18 Prozent zurück, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Seit der Invasion der Ukraine hatte es kein schwächeres Quartal gegeben. Auch eine Ausweitung der Exporte um acht Prozent konnte den Einbruch nicht verhindern. Darüber hinaus soll das russische Haushaltsdefizit aktuell bei 3,7 Billionen Rubel liegen, umgerechnet 40,1 Milliarden Euro: das Sechsfache vom Vorjahreszeitraum.

Russlands Exporte auf dem Prüfstand – Putin zapft bereits eiserne Reserve an

Wie geht es weiter? Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters zeigen, dass Russlands Einnahmen aus dem Verkauf von Öl- und Gasexporten zwischen Januar und Juli gar um 20 Prozent schrumpfen könnten. Am 5. August ist dazu ein Bericht des russischen Finanzministeriums zu erwarten. Das größte Problem für Russland ist dabei, dass der Kreml derartig auf diese Einnahmen baut, dass die ganze Jahres-Haushaltsplanung mit ihnen steht und fällt. Wegen der aktuellen Krise musste der Kreml – neben den Einschnitten bei den Investitionen – bereits den Nationalen Wohlstandsfonds (NWF) anzapfen, um die Verluste zu kompensieren.