Ein Sieger? Ein großer Feldherr? Derjenige, der den Israeliten das Gelobte Land erobern konnte? Ob Josua, bzw. englisch „Joshua“, wirklich so ein großartiger Held des Alten Testaments war, scheint in Georg Friedrich Händels ihm gewidmeten Oratorium nicht so sicher. Bei ihm wird am Ende vor allem Othniel als Held gefeiert – einer, der kurz zuvor noch von Liebesschwüren sang und der den zukünftigen Völkern empfiehlt, lieber auf Freundschaft als auf Kriege zu setzen.
Der Choro d´Arte führt „Joshua“ in der fast ausverkauften Kirche St. Anton auf
Stefan Nerf und sein Choro d’ Arte nahmen sich noch einmal Händels selten zu hörendes Oratorium „Joshua“ vor – und begeisterten in einer rundum gelungenen Aufführung in der fast ausverkauften Kirche St. Anton. Das ist sicher vor allem den hervorragenden Solisten zu verdanken, aber auch Nerfs Liebe zum Detail, die nicht nur den Sätzen des großen, bestens präparierten Choro d’Arte galt. Gewitzte Vogelrufe der Flöten, ausdrucksstarke Dialoge der Streicher und natürlich die triumphalen Barocktrompeten, die glücklicherweise hier in St. Anton keine Mauern zum Einstürzen brachten, malten ein lebendiges barockes Bild in bunten Farben.
Der biblische Josua, der als Moses‘ Nachfolger das Volk Israel anführte, eroberte als kluger Stratege das Gelobte Land Kanaan. Sein Einsatz der Posaunen in Jericho, deren Wucht die Mauern einstürzen ließ, ist bis heute legendär. Händel, der in London nicht nur ein beliebter Komponist war, sondern auch klug rechnen musste, schrieb nach seinen erfolgreichen, aber finanziell riskanten Opern eine ganze Reihe von nicht minder beliebten Oratorien. Auf barocke Opulenz sowie dramatische Handlung musste man dennoch nicht verzichten. Ein gutes Libretto (meist von Thomas Morell) und ein volksnaher Stoff biblischer Herkunft dienten als inspirierende Vorlage, sodass der Komponist 1747 in nur vier Wochen das gut zweistündige Werk „Joshua“ über den siegreichen Feldherrn zu Papier brachte. Spektakulären Siegesfeiern stellte er hier eine innige Liebesgeschichte zwischen dem jungen Hauptmann Othniel und Achsa gegenüber, sodass die Fanfaren und Jubelchöre immer wieder von Naturbetrachtungen und Liebesduetten unterbrochen werden.
Das Ensemble La Banda musiziert im Originalklang
Mit La Banda hatte sich Nerf eine wahre Perle der Originalklangensembles geholt. Mit Energie und Frische gingen sie die affektreichen Sätze an, auf dem warmen Klang der Streicher und des Continuos konnten sich Solisten wie auch der Chor gut entfalten. Immer wieder überraschend musizierten aber vor allem die Bläser, feine Flöten und Oboe im Zwiegespräch und natürlich die Barocktrompeten und -hörner mit ihrem ungewohnt scharfen Klang.
Geradezu beschwingt setzte Nerf den Chor von Anfang an ein: Organisch fanden hier die versetzt-verschlungenen Stimmen schon im Eingangschor zueinander, die Spannung wie polyphone Springbrunnen aufbauend und in Kaskaden entladend. Wenn der Fall der Mauern Jerichos mit „Glory to God“ bejubelt wird, bringt Nerf aber nicht nur die gewaltige Stimmkraft der 60 Sängerinnen und Sänger zum Glänzen, sondern gestaltet auch den Wechsel zum „Zittern der Völker“ und dem „Stöhnen der geplagten Erde“ sehr malerisch und herzerweichend.
Die solisten sind „Augsburger Gewächse“
Ein Glücksgriff auch die Solisten – teils „Augsburger Gewächse“. Vor allem Susanne Kapfer als Achsah wusste als Verliebte, dann aber auch als Mahnerin zu überzeugen. Elegant und mit warmen Farben setzte sie ihre stets frischen Koloraturen. Franz Vitzthum sang die anspruchsvolle Altus-Partie des Othniel mit Bravour und Hingabe. Die Koloraturen waren auch für Tenor Richard Resch als Joshua und Bass Christian Wester eine Herausforderung, die sie souverän meisterten. Der Dank: stehende Ovationen eines durchweg begeisterten Publikums!
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Daniela Tiggemann
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Stadt
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Georg Friedrich Händel
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