Ein schweres Erdbeben vor der russischen Halbinsel Kamtschatka hat Warnungen vor Tsunamiwellen an den östlichen Küsten Russlands und Japans sowie in westlichen Bundesstaaten der USA ausgelöst.

Tsunamiwellen in Japan

An Japans Pazifikküste ist inzwischen eine mehr als einen Meter hohe Flutwelle eingetroffen. In einem Hafen der nordöstlichen Präfektur Iwate sei eine 1,30 Meter hohe Welle registriert worden, berichteten lokale Medien. An der Küste anderer Präfekturen wurden Flutwellen von bis zu 80 Zentimetern beobachtet. Die Behörden haben Warnungen vor einem bis zu drei Meter hohen Tsunami ausgegeben. Bei einem Tsunami bauen sich Wellen mitunter in Stufen auf.

Japans nationale meteorologische Behörde rief die Menschen auf, sich in höher gelegene Gebiete oder Evakuierungsgebäude zu begeben. Sie sollten trotz der enormen Sommerhitze dort auch vorerst bleiben. In dem fernöstlichen Inselreich wurde heute in Tamba in der Präfektur Hyogo eine Rekordtemperatur von 41,2 Grad Celsius gemessen, wie die Wetterbehörde weiter mitteilte.

Die Tsunami-Warnung könne noch einen Tag oder sogar länger in Kraft bleiben, hieß es. Nach Aussagen eines Regierungssprechers gab es bislang weder Berichte über Opfer noch über Schäden. Auch in Atomkraftwerken gebe keine Unregelmäßigkeiten. Die Regierung hatte zuvor einen Krisenstab eingerichtet.

Fukushima-Arbeiter in Sicherheit gebracht

Unterdessen brachte der Betreiber des havarierten japanischen Atomkraftwerks Fukushima eigenen Angaben zufolge seine Arbeiter in Sicherheit. „Wir haben alle Arbeiter und Angestellten evakuiert“, sagte eine Sprecherin des Akw-Betreibers Tepco. In dem Kraftwerk seien keine Auffälligkeiten festgestellt worden, fügte sie hinzu.

Das am Meer gelegene Atomkraftwerk Fukushima war kurz nach einem schweren Seebeben am 11. März 2011 von einem fast 15 Meter hohen Tsunami getroffen worden. Das Kühlsystem des Kraftwerks fiel aus, in drei der sechs Reaktoren kam es zur Kernschmelze. Es war das schlimmste Atomunglück seit der Tschernobyl-Katastrophe von 1986.

Tsunami-Warnung für Hawaii: keine Flüge von und nach Maui

Wegen der Tsunami-Warnung für die Hawaii-Inselgruppe im Pazifik gibt es aktuell keine Flüge von und nach Maui. Alle Flüge seien für heute Abend gestrichen worden, sagte Gouverneur Josh Green in einer Pressekonferenz. Etwa 200 Menschen hätten in einem Terminal Zuflucht gefunden. Die Flughäfen seien bislang nicht von Schäden betroffen. 

Auch für Alaskas Westküste wurde eine Tsunami-Warnung erlassen.

Menschen in Indonesien in Sicherheit gebracht

Im Zuge der Tsunami-Warnungen haben mehrere östliche Provinzen in Indonesien Tsunami-Warnungen ausgegeben. In besonders gefährdeten Küstenregionen wurden vorsorglich Schulen geschlossen und Evakuierungen eingeleitet. 

Auch in Mexiko, Peru und Ecuador gab es örtliche Warnungen.

Dieses Satellitenbild der US-Ozean- und Atmosphärenbehörde NOAA zeigt Tsunami-Warnungen (rot), Hinweise (orange), Beobachtungen (gelb) und Gefahren (violett).

© AFP/NOAA/-

Es begann in Russland

Das Zentrum des Bebens lag der US-Erdbebenwarte USGS zufolge in der offenen See rund 136 Kilometer von der Stadt Petropawlowsk-Kamtschatski, der Hauptstadt der Region Kamtschatka, entfernt.

Demnach ereignete es sich am Mittwoch um 01.25 Uhr MESZ in einer Tiefe von 19,3 Kilometern vor den nördlichen Kurilen-Inseln. Mit einer gemessenen Stärke von 8,8 war das Beben den US-Angaben zufolge das weltweit stärkste seit der Katastrophe von Fukushima im März 2011.

Meterhohe Tsunamiwelle trifft russische Hafenstadt

Infolge des schweren Erdbebens kam es im Norden der russischen Inselgruppe Kurilen zu Überschwemmungen. Es habe vier Tsunamiwellen gegeben, sagte Alexander Owsjannikow, Verwaltungschef im Kreis Sewero-Kurilsk auf der Insel Paramuschir.

Tsunami infolge eines Erdbeben vor der russichen Küstenregion Sewero-Kurilsk auf der Kurilen-Insel Paramuschir.

© REUTERS/Social Media

Die russische Katastrophenschutzbehörde teilte mit, eine drei bis vier Meter hohe Tsunamiwelle habe die Hafenstadt Sewero-Kurilsk getroffen und überflutet. 2000 Einwohner seien in Sicherheit gebracht worden.

Behördenangaben aus Kamtschatka zufolge wurden mehrere Menschen verletzt. Die Patienten würden in Krankenhäusern die erforderliche Hilfe erhalten, sagte der regionale Gesundheitsminister Oleg Melnikow auf Telegram.

Ein in russischen Onlinediensten veröffentlichtes Video zeigte offenbar von Meereswasser überflutete Gebäude. Staatliche Medien berichteten, dass mehrere Menschen durch das Beben verletzt worden seien, jedoch niemand schwer.

Einsatzkräfte an einem zerstörten Kindergarten in der russischen Stadt Petropawlowsk-Kamtschatski.

© REUTERS/Russian Ministry for Emergencies

In der Regionalhauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski rannten laut Tass-Reportern verängstigte Menschen barfuß ins Freie, Kleiderschränke stürzten um und Autos rutschten über wackelnde Straßen.

Teils sei das Strom- und Telefonnetz zusammengebrochen. In der russischen Region Sachalin wurden Küstenbewohner vorsichtshalber evakuiert.

Starke Nachbeben im Osten Russlands erwartet

Das Erdbeben sei schwer und das stärkste seit Jahrzehnten gewesen, sagte der Gouverneur von Kamtschatka, Wladimir Solodow, in einer Videobotschaft auf Telegram.

„Eine Tsunami-Warnung wurde ausgegeben, und die Stärke der Welle wird derzeit ermittelt“, erklärte Solodow. „Ich fordere alle auf, sich von der Küste in gefährdeten Gebieten fernzuhalten und den Lautsprecherdurchsagen zu folgen.“

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Derweil riefen die Behörden in der fernöstlichen russischen Region Sachalin für eine betroffene Inselgruppe im Pazifik den Notstand aus. „Im Bezirk Nordkurilen, wo sich heute ein Erdbeben und ein Tsunami ereignet haben, wurde der Notstand ausgerufen“, erklärte die Regierung von Sachalin.

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Der Kamtschatka-Zweig des Geophysikalischen Dienstes der Russischen Akademie der Wissenschaften teilte mit, das Erdbeben sei das schwerste seit 1952 gewesen. Mit starken Nachbeben sei zu rechnen. Am 20. Juli hatte sich in derselben Region ein Erdbeben der Stärke 7,4 ereignet. Dabei kam es zu keinen größeren Schäden. (dpa/AFP)