Kiel. Auf der Prinz-Heinrich-Brücke über den Nord-Ostsee-Kanal kollidierten am Dienstag gegen 14 Uhr in Fahrtrichtung Kiel vier Fahrzeuge. Es sollte ein ungewöhnlich folgenschwerer Unfall werden: Es kam zu einem Verkehrschaos, komplexe Ermittlungen waren nötig.
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„Wir waren um 16 Uhr vor Ort und wollten eigentlich abräumen”, berichtete der Beschäftigte eines Abschleppunternehmens am Abend. Nach Abschluss der Rettungsmaßnahmen sollte das Trümmerfeld aufgeräumt werden. Zu diesem Zeitpunkt sah alles noch nach einem vergleichsweise normalen Unfall aus.
Als sich dann aber herausstellte, dass mindestens in einem Fall der beteiligten Autofahrer Drogen im Spiel waren, kam es zu einer Wendung. „Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft fiel die Entscheidung zur Anforderung eines Sachverständigen für den Unfallort“, berichtete am Mittwoch Alina Kelbing, Sprecherin der Polizei Kiel.
Die Folge: Die Abschlepper rückten wieder ab, ein Sachverständiger rückte an. Zu diesem Zeitpunkt leitete die Polizei schließlich Maßnahmen ein, um die im Stau stehenden Fahrzeuge rückwärts nach Altenholz umzulenken. Die Maßnahme sei unter Polizeibegleitung erfolgt, um den Verkehr nicht unkontrolliert abfahren zu lassen und weitere Unfälle zu vermeiden, so Kelbing.
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Auch die Buslinien waren massiv von der Sperrung betroffen. Gisela Konnowski aus Kiel-Holtenau zum Beispiel wollte um 14.02 Uhr mit dem Bus der Linie 91 zu einem Arzttermin in der Stadt. Weit kam die 77-Jährige aber nicht. „Wenige Minuten später kam es zum Stau, dann Stillstand. Nichts ging mehr.“
Verkehrschaos nach Unfall auf Holtenauer Hochbrücke: Lob an Busfahrer
Bald wurde der Seniorin bewusst: „Der Arzttermin ist gelaufen.“ Die Stimmung unter den Passagieren im Bus sei zunächst schweigsam, doch dann „relativ nett” gewesen. Ihr Lob geht an den Mann hinter dem Lenkrad. „Es gibt Busfahrer, die einfach toll sind.“
Dieser sei besonders freundlich gewesen, das habe sich auf die gesamte Stimmung übertragen. Der Fahrer habe Kaffee aus seiner Thermoskanne angeboten. Als jemand Hungergefühle geäußert habe, habe der Mann sogar seine Schokoriegel zur Verfügung gestellt.
Wir haben in sehr schneller Zeit verschiedene Linien zwischen Strande, Schilksee, Friedrichsort und Kanalfähre shuttlen lassen.
Andrea Kobarg
Sprecherin der Kieler Verkehrsgesellschaft
Aussteigen sei vorerst nicht erlaubt gewesen, berichtet die Kielerin. Sie sei zunächst bei ihrem Plan geblieben, „auf die andere Kanalseite“ zu fahren. Das änderte sich nach zwei Stunden Wartezeit – und einem Hinweis, dass es mindestens noch zwei Stunden länger dauern würde.
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Gisela Konnowski zeigt auch am Tag danach für den geringen Informationsfluss kein Verständnis. „Das war schlecht organisiert“, sagt die Seniorin. Gegen 16 Uhr schließlich marschierte sie zu Fuß zurück von der Hochbrücke nach Hause. „Ich treibe viel Sport, für mich war das kein Problem.“
Wie sie saßen Hunderte Menschen in den Bussen oder ihren eigenen Autos nördlich des Nord-Ostsee-Kanals fest. Als die Sperrung eingerichtet wurde, stoppten die Verkehrsunternehmen KVG und Nah.SH auch die Fahrten der Busse über die Olympiabrücke gen Norden, da die Fahrzeuge dann nördlich des Kanals festgesessen hätten.
Fähre „Adler 1“ wurde im Bus-Verkehr zum Bindeglied nach Kiel-Holtenau
Deshalb wurde schließlich die Fähre „Adler 1“ auf dem Nord-Ostsee-Kanal zu einem Bindeglied im Bus-Netz. Die Buslinien endeten zunächst in der Immelmannstraße. „Wir haben in sehr schneller Zeit die Linien 12, 13, 91 und X90 zwischen Strande, Schilksee, Friedrichsort und Kanalfähre shuttlen lassen“, berichtet KVG-Sprecherin Andrea Kobarg.
Auf der Wiker Seite erfolgte die Umleitung der Fahrgäste über die Linie 11 zur Fähre „Adler 1″. „Über die Kanalfähre haben wir auch den Wechsel des Fahrpersonals der nördlichen Shuttlebusse vorgenommen“, so Kobarg. Viele Fahrer hatten ihre maximalen Lenkzeiten erreicht.
Auch an der „Adler 1“ war allerdings Geduld gefordert: Pro Überfahrt konnte die Fähre nur 50 Passagiere mitnehmen.
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Glück im Unglück: Nur vier Minuten nach der letzten Überfahrt der „Adler 1″ vor ihrer Nachtpause endeten die Reinigungsarbeiten an der Unfallstelle auf der Holtenauer Hochbrücke. Nach über sieben Stunden Sperrung rollte der Verkehr ab 21.04 Uhr wieder wie gewohnt.
KN