Vor der russischen Halbinsel Kamtschatka hat sich mit einer Stärke von 8,8 das weltweit heftigste Erdbeben seit Fukushima im Jahr 2011 ereignet. Millionen von Menschen wurden evakuiert.

Aufnahmen zeigen, wie Wellen auf die Küstenstadt Severo-Kurilsk auf der Inselgruppe der Kurilen treffen.

Reuters

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Ein heftiges Beben der Stärke 8,8 hat den Osten Russlands erschüttert. Der Erdbebenherd lag rund 130 Kilometer vor der Küste der Halbinsel Kamtschatka, tief unter dem Meeresboden. Es war laut der amerikanischen Erdbebenwarte das heftigste Beben weltweit seit Fukushima 2011 und löste Tsunami-Warnungen für Russland, Japan und Teile der USA aus.

In der Nähe des Epizentrums in Russland stürzten Klippen ins Meer, Gebäude bebten, und Küstengebiete wurden überflutet. In der ostrussischen Region Kamtschatka wurden Wellen von bis zu 4 Metern Höhe registriert. In der Regionalhauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski gerieten Menschen in Panik, und es kam zu Stromausfällen und Unterbrüchen bei den Telefonverbindungen. Ein Kindergarten wurde schwer beschädigt. Laut den örtlichen Behörden gab es mehrere leicht verletzte Personen.

Auch auf der russischen Insel Sachalin wurden Küstenbewohner vorsichtshalber evakuiert. Stellenweise brandeten Wellen von 3 bis 4 Metern Höhe an Land. Es kam zu Stromausfällen. Bei Sewero-Kurilsk, einer Stadt auf den Kurilen südlich von Kamtschatka, wurden Wellen von bis zu 5 Metern registriert. Laut dem russischen Zivilschutz wurden der Hafen der Stadt und ein Fischereiunternehmen teilweise überflutet. Die Bevölkerung wurde evakuiert. Mittlerweile wurden die Tsunami-Warnungen durch die russischen Behörden wieder aufgehoben.

Meterhohe Wellen in Japan registriert

Millionen Menschen entlang der Pazifikküste wurden evakuiert. In Japan berief die Regierung einen Krisenstab ein und forderte etwa zwei Millionen Menschen auf, sich in höher gelegene Gebiete zu begeben. Auch der Strassen-, Bahn- und Flugverkehr war beeinträchtigt. In einem Hafen der nordöstlichen Präfektur Iwate sei eine 1 Meter 30 hohe Welle registriert worden, berichteten lokale Medien. Am Abend (Ortszeit) stuften die Behörden die Warnungen wieder herab.

In Japan wurde für viele Küstengebiete am Pazifik eine Tsunami-Warnung ausgegeben. In Japan wurde für viele Küstengebiete am Pazifik eine Tsunami-Warnung ausgegeben.

David Mareuil / Imago

Atomruine in Fukushima evakuiert

Auch der Betreiber der Atomruine Fukushima hat wegen der Tsunami-Warnung alle Arbeiter zur Evakuierung aufgefordert. In dem Atomkraftwerk im Nordosten Japans kam es am 11. März 2011 nach einem schweren Erdbeben und gewaltigen Tsunamis zu mehreren Kernschmelzen, nachdem die Kühlsysteme ausgefallen waren. Die vollständige Bergung der geschmolzenen Brennelemente dürfte noch mehr als zehn Jahre dauern. Bis dahin müssen die zerstörten Reaktoren mit Wasser gekühlt werden.

Wellen könnten bis nach Südamerika reichen

Tsunamis zählen zu den verheerendsten Naturkatastrophen, denn ein mächtiger Tsunami kann seine zerstörerische Energie über Tausende von Kilometern weit mitführen. Ohne schützende Küstenfelsen können schon wenige Meter hohe Wellen mehrere hundert Meter weit ins Land vordringen.

Tsunamis können sich in tiefem Wasser mit einer Geschwindigkeit von mehr als 800 km/h fortbewegen und einen Ozean in weniger als einem Tag überqueren. Sie können auch starke Strömungen verursachen, die Stunden oder Tage andauern. Diese Wellen könnten gemäss Experten bis nach Südamerika reichen.

Flughäfen in Hawaii vorübergehend geschlossen

Das staatliche Tsunami-Frühwarnsystem in den USA sprach zunächst ebenfalls von Wellen von bis zu 3 Metern Höhe, die die Küste Hawaiis erreichen könnten. Später wurde die Warnung zurückgestuft. Auf der Inselgruppe wurden Wellen mit einer Höhe von bis zu 1 Meter 70 gemessen. Die Küstenbewohner, die zur Evakuation aufgerufen worden waren, konnten am Abend (Ortszeit) wieder nach Hause zurückkehren – es wird jedoch weiterhin davor gewarnt, sich an Stränden aufzuhalten. Es sei weiterhin mit ungewöhnlichen oder starken Wasserströmungen in einigen Küstenregionen zu rechnen. Schwimmer und Bootsfahrer sollten vorsichtig sein, hiess es. Vorübergehend waren in Hawaii Häfen und Flughäfen geschlossen.

Bewohner auf der Insel Oahu, Hawaii, begeben sich nach der Tsunami-Warnung in Sicherheit. Bewohner auf der Insel Oahu, Hawaii, begeben sich nach der Tsunami-Warnung in Sicherheit.

Michelle Bir / AP

Auch in Alaska, Teilen der amerikanischen Westküste sowie Mexiko, Guatemala, Peru und Chile wurden Tsunami-Warnungen ausgesprochen. Ebenso in gewissen Gebieten Indonesiens und in den Philippinen. In Ecuador warnten die Behörden davor, dass Flutwellen die berühmte Galápagos-Inselgruppe erreichen könnten.

Nachbeben sind zu erwarten

Laut der Russischen Akademie der Wissenschaften handelte es sich um das heftigste Erdbeben auf der Halbinsel Kamtschatka seit 1952. Mit weiteren Nachbeben sei noch etwa einen Monat lang zu rechnen. Diese könnten Stärken von bis zu 7,5 erreichen.

Kamtschatka liegt auf dem Pazifischen Feuerring. Die Region gilt als anfällig für Erdbeben und Vulkanausbrüche. Nach dem starken Erdbeben ist auch der Vulkan Kljutschewskoi wieder ausgebrochen. Er gilt der höchste aktive Vulkan Eurasiens.

Mit Agenturmaterial