Paris – Damit wurde ein Vorhaben gestoppt, das massive Investitionen in die Atomkraft vorsah – unter anderem die Reaktivierung alter Reaktoren und ein Moratorium für den Ausbau erneuerbarer Energien. Umweltorganisationen und Energieexpert:innen sprechen von einem Etappensieg für die Energiewende.
Der Gesetzentwurf war stark von rechts außen Politik geprägt und beinhaltete unter anderem die Wiedereröffnung des AKW Fessenheim, ein Verbot des Begriffs „erneuerbare Energien“ sowie die Herausnahme von Solar- und Windkraft aus der Kategorie „dekarbonisierte Energien“.
Atomkraft durch die Hintertür?
Trotz der Ablehnung in der Nationalversammlung drohen zentrale Punkte des Gesetzes durch andere Kanäle wieder aufzutauchen – etwa bei der nächsten Lesung im Senat oder durch Änderungen im geplanten mehrjährigen Energieprogramm (PPE) der französischen Regierung. Dazu zählt insbesondere der Bau von 14 neuen EPR2-Reaktoren, deren Kosten laut aktuellen Schätzungen bereits auf fast 80 Milliarden Euro gestiegen sind – ohne gesicherte Finanzierung oder klare Informationen zur Rentabilität.
„Weder der Rechnungshof noch die öffentliche Debattenkommission konnten bisher Einsicht in die Kostenstruktur dieser Projekte nehmen“, kritisiert ein Zusammenschluss aus Umweltorganisationen. Die EDF verweigere Transparenz, obwohl bereits 2020 entsprechende Empfehlungen ausgesprochen wurden.
Plutonium, Reaktormythen und ein Rückfall in alte Denkweisen
Weitere umstrittene Punkte sind die geplante Fortsetzung der Plutoniumaufarbeitung in La Hague sowie die Entwicklung eines neuen Demonstrationsreaktors nach dem Vorbild des gescheiterten Superphénix. Fachleute weisen darauf hin, dass diese Technologien weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll seien und massive Umweltprobleme mit sich bringen – etwa notwendige radioaktive Einleitungen in Nordsee und Atlantik.
Auch EDFs Kleinkraftwerksprojekt „Nuward“ wurde inzwischen fallengelassen – ein Symbol für die brüchige Realität der französischen Atomstrategie, die sich laut Kritiker:innen zunehmend auf Symbolpolitik und ideologische Lager stützt.
Europäische Klimaziele in Gefahr
Frankreich droht mit seiner energiepolitischen Ausrichtung auch gegen zentrale EU-Vorgaben zu verstoßen. Die aktuellen Pläne und der gescheiterte Gesetzentwurf verfehlen das EU-Ziel von 44 % erneuerbarer Energie bis 2030 deutlich und ignorieren den in der EU-Richtlinie verankerten Grundsatz der Energieeffizienz – einem besonders gravierenden Punkt angesichts der niedrigen Effizienz nuklearer Energie.
Erneuerbare Energien sind der Weg
Angesichts steigender Kosten, ungelöster Endlagerfragen und zunehmender Umweltbelastungen plädieren Fachleute und Umweltorganisationen klar für einen vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien. Eine aktuelle Studie des OFCE belegt zudem, dass Szenarien ohne neue Atomkraft auch volkswirtschaftlich mehr Beschäftigung schaffen würden.
„Atomkraft ist nicht nur teuer, riskant und ineffizient – sie lenkt auch von den realen Lösungen zur Bewältigung der Klimakrise ab“, so das Fazit einer Presseaussendung von Réseau „Sortir du nucléaire“, einem Netzwerk von französischen Anti-Atomorganisationen. Der Ausstieg aus der Atomkraft, der nach Ablehnung des Gremillet-Gesetzentwurfes begonnen wurde, dürfe nicht durch die Hintertür rückgängig gemacht werden.