Gewerkschaft oder Verein?

AfD-nahe Organisation will bei VW aktiv werden

01.08.2025 – 02:13 UhrLesedauer: 2 Min.

Das Arbeitsgericht in Braunschweig (Symbolbild): Hier wird in drei Wochen über die Klage gegen VW entschieden.Vergrößern des Bildes

Das Arbeitsgericht in Braunschweig (Symbolbild): Hier wird in drei Wochen über die Klage gegen VW entschieden. (Quelle: Julian Stratenschulte/dpa)

Premiere bei VW: Die AfD-nahe Organisation Zentrum klagt um Betriebszugang beim Autobauer. Etablierte Gewerkschaften nennen Vertreter verächtlich „Altgewerkschaften“.

Die AfD-nahe Arbeitnehmerorganisation Zentrum dringt erstmals in den Volkswagen-Konzern vor – und muss dafür vor Gericht ziehen. Vor dem Arbeitsgericht Braunschweig verhandelte der Verein am Donnerstag gegen die VW-Tochter Volkswagen Group Services um Zugang zu deren Betrieb in Isenbüttel im Landkreis Gifhorn.

Zentrum, das sich selbst als „alternative Gewerkschaft“ bezeichnet, will dort gewerkschaftliche Vertrauensleute wählen lassen. Dafür verlangt die Organisation Zugang zum Betrieb, um für die Abstimmung zu werben, Informationsmaterial zu verteilen und die Wahl durchzuführen. Volkswagen stellte sich jedoch quer und verwehrte den Zugang.

Die Begründung des Konzerns: Der Verein sei keine in dem Betrieb vertretene tariffähige Gewerkschaft und könne sich daher nicht auf die gesetzlichen Sonderrechte einer Gewerkschaft berufen. Zudem bestünden Zweifel, ob Zentrum überhaupt Mitglieder in dem Betrieb habe, in dem VW Achsen fertigt.

Der Verein legte beim Kammertermin eine Mitgliederliste vor, die sechs Mitglieder an dem Standort mit knapp 150 Beschäftigten ausweist. Eine Einigung zwischen den Parteien kam nicht zustande. Richter Ingo Hundt kündigte am Ende der ergebnislosen Verhandlung an, dass das Urteil am 21. August fallen soll.

Vertrauensleute fungieren als Ansprechpartner einer Gewerkschaft im Betrieb und gelten als Bindeglied zwischen Belegschaft und Gewerkschaft. Anders als beim Betriebsrat ist ihre Wahl nicht gesetzlich geregelt.

Bei Volkswagen wäre es das erste Mal, dass Zentrum eigene Vertrauensleute wählen lassen will. „Wir haben in verschiedenen Betrieben bereits erfolgreich Vertrauensleutewahlen durchgeführt“, teilte Zentrum-Gründer und Vorstandsvorsitzender Oliver Hilburger auf Anfrage mit. „Im Volkswagen-Konzern planen wir derzeit erstmals eine solche Wahl, was für uns ein weiterer wichtiger Schritt beim Ausbau unserer gewerkschaftlichen Präsenz ist.“

Bisher ist der 2009 als „Zentrum Automobil“ im Mercedes-Benz-Werk Stuttgart-Untertürkheim gegründete Verein vor allem in Süd- und Ostdeutschland aktiv. 2010 gelang dort mit einer eigenen Liste erstmals der Einzug in den Betriebsrat, später auch bei Daimler in Rastatt und Sindelfingen. Ein sächsischer Ableger zog 2018 bei BMW und Porsche in Leipzig in den Betriebsrat ein. Bei Volkswagen selbst sitzen dagegen bisher keine Vertreter von Zentrum-Listen in den Betriebsräten.

Zentrum-Chef Hilburger hatte Vorwürfe, sein Verein sei gar keine Gewerkschaft, bereits bei der Eröffnung des Regionalbüros in Hannover scharf zurückgewiesen. „Natürlich sind wir eine Gewerkschaft“, sagte er. „Dieses Gerede, wir sind nur ein Verein, das soll uns im Prinzip klein machen.“ Sein Ziel sei es, die Vormachtstellung der etablierten DGB-Gewerkschaften zu brechen.