- In den Räumen der Kunststiftung Sachsen-Anhalt ist ab Freitag eine Auswahl von 120 Werken zu sehen, die das Bundesland seit 1991 erworben hat.
- Bei aller künstlerischen Vielfalt nimmt die Stadt Halle und ihr Lebensgefühl einen besonderen Raum ein.
- In Form von Zitaten aus vorab geführten Interviews kommen auch viele Kunstsschaffende selbst zu Wort.
Eine Hochhausfassade, mit Buntstift und Textmarker gezeichnet, ein Blätterwald als Holzschnitt oder Tiere auf einem gewebten Teppich – einiges davon spiegelt sich in einer silbernen Skulptur in Form von zwei Diskus-Scheiben, die nebeneinander an der Wand hängen. Ein Szenario, das die Idee der Schau deutlich macht. Denn die beiden Kuratorinnen Anne Kaden und Magdalena Meißner hatten die Aufgabe, 120 Exponate aus einem Konglomerat von 2.800 Werken auszuwählen und miteinander in Beziehung zu bringen.
Sachsen-Anhalt öffnet Schatzkammer des Landes
„Wir haben eine zweitausendseitige PDF bekommen und die haben wir unter ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten gesichtet“, erzählt Anne Kaden, „weil wir auch eine Varianz zeigen wollten von Werken, also von Fotografie, Schmuckkunst, Skulptur, Collage – dann haben wir sie gewichtet und verglichen und auch geschaut, welche spannenden Gegenüberstellungen oder Symbiosen können in der Ausstellung entstehen.“
Kaden ist 35 Jahre alt, Meißner 26. Beide stammen aus Chemnitz, sie sind beider mit der Kunsthochschule Burg Giebichenstein verbunden, teils auch mit der Kunststiftung, die die Räume für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hat – denn letztlich ist alles vom Kulturministerium beauftragt. Man wolle, heißt es von Kulturminister Rainer Robra, „mit einem besonderen Augenmerk auf Fragen der Sichtbarkeit und Repräsentation zeigen, was Gegenwartskunst in Sachsen-Anhalt zu leisten vermag“.
Für die beiden Kuratorinnen war das eine Herausforderung, aber auch ein Privileg. Sie seien sich der großen Verantwortung bewusst gewesen, sagt Kaden: „Da kann man nicht alles richtig machen, in dem Sinne, dass man die ‚richtigen‘ Künstler und Künstlerinnen auswählt, man kann nur eine kleine Auswahl treffen, die die Vielfalt des Landes Sachsen-Anhalt abbilden soll.“
Wir wollen zeigen, was Gegenwartskunst in Sachsen-Anhalt zu leisten vermag.
Rainer Robra
Kulturminister Sachsen-Anhalt
So haben sie seit Januar 120 Werke von 47 Künstlern und Künstlerinnen ausgewählt, darunter 33 Frauen – um auch sie besser zu repräsentieren, so Kaden. Auch die Spannweite der Sammlung wollten sie zeigen: So stammt das älteste Werk von 1991 von Anette Groschopp und das jüngste von 2023 von Lucia Werner. Auch prominente Namen wie Wasja und Moritz Götze sind vertreten.
Stadt Halle in den Kunstwerken sehr präsent
Bei der Auswahl, sagt Magdalena Meißner, ging es aber vor allem um die Wirkung und das Gefühl: „Für mich persönlich war einfach total dieser Alltag in Halle sichtbar, diese kleinen Details: Zum Beispiel erinnert mich die Treppe von Uwe Pfeiffer an den Riebeckplatz, wenn man da die Treppe hochgeht. Anja Warzechas Werk erinnert mich an die Plattenbauten von Halle-Neustadt, wo ich auch arbeite. Die Litfaßsäule von Otto Möhwald findet man in dieser Art immer wieder, glaube ich, in ganz Sachsen-Anhalt.“
Etliche Werke stammen auch von ehemaligen Stipendiaten der Kunststiftung: So hat die in Berlin lebende Barbara Wrede in Salzwedel kleine Alltagssituationen in Bild und Text verarbeitet und Mathias Ritzmann auf einfühlsame Weise das Mansfelder Land in seinen Schwarz- Weiß Fotografien festgehalten.
Zitate aus Interviews mit den Künstlern eingeflossen
Anne Kade war beeindruckt von der materiellen und technischen Vielfalt, teilweise auch von der Präzision, die man etwa in den Teppichen, in den Schmuckstücken und hölzernen Skulpturen von Lucia Werner findet – oder davon, wie sich Ulrike Zabel „mit ganz feinen, dünnen Buntstiftbewegungen auf dieses fragile Papier bewegt und immer wieder Linien zieht und dadurch ein Gebilde entstehen lässt. Das ist wirklich wunderschön.“
Zu all diesen Werken, die nun auf inhaltlicher oder ästhetischer Ebene miteinander korrespondieren sollen, finden sich auch Zitate an der Wand, um etwas mehr über die Beziehung zwischen Kunstschaffenden und Werk zu erfahren. Dazu haben die Kuratorinnen im Vorfeld mit den Künstlerinnen und Künstlern kleine Interviews geführt, um zum Beispiel Anekdoten zu den Arbeiten und ihrer Entstehung einzufangen. Viele von ihnen hätten auch sehr persönliche Antworten geschickt, sagt Kaden.
Auch wenn die beiden Kuratorinnen ihr Bestes gegeben haben, möglichst vielen Kunstwerken gerecht zu werden, die Spanne von 2.800 Objekten konnten sie nicht komplett abdecken. Und so haben sie am Ende doch noch die Liste aller Künstler auf dem Eingangsbanner verewigt. Und vielleicht gibt es ja bald auch die nächste Ausstellung.