Buenos Aires – „Völlig entsetzt und sprachlos“ sei er gewesen, sagte Friedrich Merz (69) im Dezember bei Maischberger auf die Frage, was er über die Aussage des damaligen FDP-Chefs Christian Lindner „Mehr Milei wagen“ denke. „Was dieser Präsident dort macht, ruiniert das Land, tritt die Menschen mit Füßen“, empörte sich Merz.
Javier Milei (54), der in seinem Land auch „El Loco“ („der Verrückte“) genannt wird, setzte die Kettensäge an – und schaffte unter anderem die Hälfte seiner Ministerien ab, feuerte 15.000 Beamte, strich Sozialleistungen und kürzte Staatshilfen für Unternehmen. Die Methode des Argentiniers: Möglichst wenig Staat. Anstatt mehr Gesetze zu verabschieden, schaffte er viele Regeln einfach ab. Das Ziel: Die Wirtschaft soll so frei wie möglich sein.
Jetzt zeigt sich: Das war genau richtig! „Argentinien stand im Jahr 2023 kurz vor einer Hyperinflation und es drohte der nächste Staatsbankrott“, sagt Wirtschaftsprofessor Stefan Kooths (56, IfW Kiel) zu BILD. Milei habe mit „einer Radikalkur eine ökonomische Gesundung eingeleitet“.
Milei holte Argentinien aus der Krise
Bisher scheinen die Zahlen dem Argentinier recht zu geben:
▶︎ ARMUT: Seit der Amtsübernahme Mileis im Dezember 2023 fiel die Armutsrate im großen Argentinien (achtgrößter Flächstenstaat der Welt, ca. 45,7 Mio. Einwohner) von 53 auf 38 Prozent (Stand Ende 2024).
▶︎ INFLATION: Auch die Preissteigerungen verlangsamten sich unter Milei deutlich. Die Inflation fiel von mehr als 200 Prozent (Ende 2023) auf knapp 40 Prozent (Juni 2025).
▶︎ MIETEN: „Die Abschaffung der Mietpreiskontrollen war ein großer Erfolg“, schreibt das Flossbach von Storch Research Institute in seinem aktuellen Bericht über Argentinien. Zwar seien die Preise für Wohnungen in der Hauptstadt Buenos Aires (15 Mio. Einwohner) durch die Abschaffung der Mietpreisbremse zunächst drastisch gestiegen, kurz darauf aber auf das Niveau von 2022 gefallen. Grund: Wegen der Mietpreisbremse seien schätzungsweise rund 200.000 Wohnungen nicht auf dem Markt angeboten worden, die nun verfügbar sind.
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▶︎ STAATSHAUSHALT: Durch die drastischen Sparmaßnahmen bei den Staatsausgaben konnte Milei das Haushaltsminus (mehr als fünf Prozent der Wirtschaftsleistung) innerhalb eines Jahres in einen Überschuss verwandeln. Die Staatsschulden sanken von 155 Prozent der Wirtschaftsleistung (2023) auf 83 Prozent (Ende 2024). Eine Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) geht davon aus, dass die Verschuldung bis 2030 auf weniger als 60 Prozent sinken wird.
▶︎ WIRTSCHAFTSLEISTUNG: Während das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2024 leicht geschrumpft ist (minus 1,7 Prozent), erwartet der IWF für dieses Jahr ein reales Wirtschaftswachstum von 5,5 Prozent. Eine beachtliche Zahl, denn auch Staatsausgaben fließen in das BIP ein. Werden sie – wie in Argentinien – gekürzt, drückt dies auf das BIP.
Kooths‘ Fazit: „Im Ergebnis wurde durch drastische Haushaltskonsolidierung mit der staatlichen Verschuldungsspirale auch die Inflationsursache gestoppt. Mittlerweile zieht die wirtschaftliche Leistung wieder kräftig an und auch die Armutsraten sind – nach anfänglicher Verschlechterung – bereits deutlich unter das Niveau gesunken, das beim Amtsantritt von Milei herrschte.“
▶︎ Kann sich Deutschland in Sachen Haushalts- und Wirtschaftspolitik etwa was vom Kettensägen-Argentinier abschauen?
Die Ausgangslage in Argentinien sei mit der Lage bei uns „kaum vergleichbar“, so Ökonom Kooths. Doch wenn es eine Botschaft gibt, die – bei allen Unterschieden im Ausmaß – auch für die deutsche Wirtschaftspolitik eine Rolle spielt, dann diese: Strukturreformen wirken, „wenn sie konsequent umgesetzt werden“.
Prof. Stefan Kooths leitet das Forschungszentrum Konjunktur und Wachstum des Wirtschaftsinstituts IfW Kiel. Kooths gilt als ausgewiesener Experte für Konjunktur- und Wirtschaftspolitik. In seiner Arbeit verbindet er ökonomische Theorie mit aktueller Analyse wirtschaftlicher Entwicklungen. Kooths, der auch Vorstandsvorsitzender der wirtschaftsliberalen Hayek-Gesellschaft ist, verlieh Javier Milei 2024 einen Preis.