Knapp 20 Monate nach der Südbrücke ist am Freitagabend auch das nördliche Bauwerk der neuen Salzbachtalbrücke für den Verkehr freigegeben worden. Gegen 18 Uhr rollten die ersten Autos auf der Nordseite der neuen Autobahnbrücke in Richtung Schiersteiner Kreuz. Die Autobahn 66, die Wiesbaden und den Rheingau mit Frankfurt verbindet, kann damit zwischen den beiden Anschlussstellen Biebrich und Mainzer Straße ungehindert befahren werden. Statt zwei verengten Fahrspuren in jeder Richtung stehen dem Verkehr nun jeweils drei Spuren nebst Standspur zur Verfügung. Zudem können die bislang eingeschränkten Anschlussstellen der A 66 wieder komfortabel genutzt werden.

Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) gab vor der offiziellen Verkehrsfreigabe seiner Erleichterung über die Fertigstellung Ausdruck und verband sie mit finanziellen Forderungen an den Bund und dessen Autobahngesellschaft. Die Beseitigung des „Nadelöhrs“ auf der A 66 sei ein guter Tag für die Region, vor allem für Wiesbaden, die Bevölkerung und die Wirtschaft, so Mende. Mit der Havarie der Salzbachtalbrücke habe vor vier Jahren eine Leidenszeit begonnen, sagte der Oberbürgermeister. Die Auswirkungen seien verheerend gewesen, auch wenn die „allerschlimmsten Härten“ mit der Öffnung der Südbrücke behoben worden seien. Mende erinnerte an die „massiven Belastungen“ für die Bürger und lobte, wie „schnell, pragmatisch und zielorientiert“ alle Beteiligten damals Zwischenlösungen gefunden hätten, um „das Chaos zu ordnen“.

Mit der Freigabe auch der Nordbrücke beginnt für Wiesbaden aber ein finanzielles Nachspiel mit noch ungewissem Ausgang. Laut Mende werden die Schäden an der städtischen Infrastruktur durch die zusätzliche Belastung der Straßen auf den Umleitungsrouten während der Sperrung auf rund zehn Millionen Euro geschätzt. „Hier erwarten wir eine Kompensation durch den Bund“, so der Oberbürgermeister. Diese Forderung hatte in der Vergangenheit schon Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne) erhoben, ohne aber Zahlen zu nennen.

„Ein tragendes Stück Entlastung für die ganze Wirtschaftsregion Rhein-Main“

Hessens Verkehrsminister Kaweh Mansoori (SPD) nannte die Brücke ein „verbindendes Element und zugleich ein tragendes Stück Entlastung für die ganze Wirtschaftsregion Rhein-Main“. Die A 66 sei die wichtigste Verkehrsverbindung zwischen Frankfurt und der Landeshauptstadt. Mit der Öffnung „stellen wir die unbegrenzte Mobilität unserer Region wieder her“. Hessen bleibe das Transitland im Herzen Europas: „Wir werden unsere Investitionen in eine zukunftsfähige Infrastruktur entschlossen fortsetzen.“ Trotz der Verkehrsfreigabe müssen die Autofahrer wegen ausstehender Restarbeiten auf den Mittelstreifen für einige Wochen noch mit leichten Behinderungen auf der Brücke rechnen.

Laut Autobahn GmbH wurden die Fahrstreifen in beiden Fahrtrichtungen verengt an die Außenseiten der beiden Brückenhälften verlegt, um die sogenannten Mittelstreifenüberfahrten entfernen zu können. Erst danach stünden dem Verkehr auf der Salzbachtalbrücke die vollen Fahrbahnbreiten zur Verfügung. Und erst dann würden die Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgehoben. Vor der Havarie war die Verkehrsmenge mit bis zu 80.000 Fahrzeugen täglich angegeben worden.

Die Autobahn GmbH hatte sich gezielt einen Freitagabend während der Sommerferien für die Freigabe ausgesucht, um mit der Verlegung der Fahrspuren keine langen Staus zu provozieren. Eine frühere Freigabe war zudem wegen notwendiger Nachbesserungen bei der Abdichtung der neuen Nordbrücke nicht möglich. Den avisierten Fertigstellungstermin „Sommer 2025“ hat die Autobahn GmbH gleichwohl einhalten können.

In den 320 Meter langen Neubau der im Juni 2021 havarierten und im darauffolgenden Dezember gesprengten Brücke hat der Bund nach eigenen Angaben rund 225 Millionen Euro investiert. Diese Zahl stammt allerdings aus dem Jahr 2023. Aktualisierte Kosten wurden seitdem nicht veröffentlicht. Beim Neubau der Salzbachtalbrücke berücksichtigte die Autobahn GmbH in Hinblick auf die Abmessungen und den Lärmschutz bereits den erst in einigen Jahren vorgesehenen sechsstreifigen Ausbau der A 66.

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