Der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh hat den Vorstoß von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) für eine längere Lebensarbeitszeit scharf kritisiert. „Ich finde die Diskussion zum Thema Renteneintrittsalter, wie sie gerade geführt wird, respektlos gegenüber der hart arbeitenden Bevölkerung in Deutschland“, sagte Saleh der Deutschen Presse-Agentur. „Ich finde es respektlos, einfach etwas in den Raum zu schleudern, die Menschen zu verunsichern. Und diese Diskussion verunsichert gerade Millionen Menschen in der Sommer- und Urlaubszeit.“
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Äußerungen von Reiche hatten vor einigen Tagen eine Debatte ausgelöst. Die CDU-Politikerin sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Der demografische Wandel und die weiter steigende Lebenserwartung machen es unumgänglich: Die Lebensarbeitszeit muss steigen.“ Es gelte: „Wir müssen mehr und länger arbeiten“, sagte Reiche.
SPD-Fraktionschef pocht auf Freiwilligkeit
„Solche Vorschläge machen Politiker, die selbst nie auf dem Bau unterwegs waren, die nie in den Krankenhäusern Menschen gehoben haben mit ihrer schweren Rückenlage“, sagte Saleh. Im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD auf Bundesebene seien freiwillige Anreize verabredet für Menschen, die länger arbeiten wollten. Von einer generellen Erhöhung der Lebensarbeitszeit sei dort keine Rede.
„Viele in der hart arbeitenden Bevölkerung fragen sich: Wie lange soll ich dann am Ende Bus fahren? Wie lange soll ich denn am Ende im Krankenbett die Patientin hochheben? Wie lange soll ich denn am Ende auf meinen Knien die Pflastersteine einbauen?“, sagte Saleh.
Salehs Vater starb mit 66
„Mein Vater hat in der Großbäckerei gearbeitet. „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“ von Schlagersänger Udo Jürgens war sein Lieblingslied. Mein Vater ist mit 66 gestorben, aufgrund der harten Arbeit. Und solchen Menschen wird nun erzählt: Arbeite mal länger“, sagte der SPD-Politiker.
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Auch bei der hitzigen Debatte um Vergesellschaftungen in Berlin positionierte sich Saleh klar gegen die Linie der CDU. „Unsere Marktwirtschaft ist zwar noch da, aber von vielen Menschen wird sie nicht mehr als sozial empfunden“, schrieb er im Tagesspiegel. (dpa, Tsp)