Wolfsburg. Der Streit um die im Januar 2024 gestrichene Inflationsausgleichsprämie und Lohnerhöhung für Manager bei Volkswagen ist inzwischen ein Fall für die Arbeitsgerichte – und wird es wohl noch länger bleiben. Der Grund: Bisher sind die Urteile in der Sache unterschiedlich ausgefallen. Und vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen in Hannover als nächster Instanz sind in dem Streitfall schon die nächsten Verfahren anhängig.
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Urteile fielen bisher unterschiedlich aus
Worum geht es in dem Streit? Im Rahmen des im Jahr 2023 aufgesetzten Performanceprogramms war auch ein Beitrag des Managements vereinbart worden. Im Januar teilte Volkswagen mit, dass der zweite Teil der im Tarifvertrag von 2022 vereinbarten Lohnerhöhung in Höhe von 3,3 Prozent und die zweite Tranche der Inflationsausgleichsprämie im Wert von 1.000 Euro nicht ausgezahlt werden. Dafür wurde im Februar 2024 eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, hinzu kommt die Betriebsvereinbarung zum Performanceprogramm aus dem Dezember 2023. Mehr als 100 Klagen gingen gegen diesen Schritt beim Arbeitsgericht Braunschweig ein. Beklagte waren die Volkswagen AG, die Volkswagen Bank GmbH sowie die VW Financial Services AG. Der Grund: Das Unternehmen hatte in einem Personal-Telegramm im Januar 2023 jene Weitergabe des Tarifergebnisses an die außertariflich bezahlten Führungskräfte angekündigt.
In der Mehrzahl der Fälle entschied das Arbeitsgericht Braunschweig, dass die Klagen unbegründet sind. Im Juli 2025 entschied das Arbeitsgericht Braunschweig in einem Verfahren wiederum zugunsten des Klägers. Volkswagen wurde dazu verpflichtet, sowohl die zweite Tranche der Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.000 Euro zu zahlen als auch die nicht weitergegebene Entgelterhöhung in Höhe von 3,3 Prozent aus dem Mai rückwirkend zu zahlen. Es gibt auch ein Urteil, in dem dem Kläger zwar die zweite Tranche der Inflationsausgleichsprämie zugesprochen wird, aber nicht die Lohnerhöhung in Höhe von 3,3 Prozent. Die Sachlage ist also kompliziert.
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Die zentrale Frage: Verbindliche Zusage oder nicht?
Im Kern dreht es sich bei allen Entscheidungen um folgende Fragen: Ist das Personal-Telegramm aus dem März 2023, mit dem Volkswagen seinen außertariflich Beschäftigten die Weitergabe der im damaligen Tarifvertrag ausgehandelten zweistufigen Entgelterhöhung und die Inflationsausgleichsprämie zugesagt hat, verbindlich oder nicht? Und wurde für eine Zusage die Schriftform benötigt?
Im Urteil aus dem Juli 2025 sieht es die 7. Kammer des Arbeitsgerichts Braunschweigs so. „Das Personal-Telegramm der Beklagten aus dem März 2023 stellt eine Gesamtzusage über die Weitergabe der Tariflohnerhöhung von 3,3 Prozent und der Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.000 Euro an die Außertariflichen-Arbeitnehmer dar“, heißt es in dem Urteil. Das Personal-Telegramm sei eine Willenserklärung von Volkswagen gewesen, die Leistungen zu erbringen. Schriftformklauseln aus dem Arbeitsvertrag, dem Manteltarifvertrag und anderen Vereinbarungen stünden dem nicht entgegen. Den Wortlaut des Personal-Telegramms habe ein redlicher Vertragspartner dahingehend verstehen müssen, dass Volkswagen sich durch diese Erklärung gegenüber den Außertariflichen-Arbeitnehmern verpflichtet, die Leistungen, die im Personal-Telegramm genannt werden, zu erbringen.
Im Oktober 2024 hatte das Arbeitsgericht anders entschieden und die Klagen von 23 ehemaligen VW-Managern abgewiesen. Das Gericht sah in der bloßen Ankündigung, die Tarifergebnisse auch außertariflich Beschäftigten zahlen zu wollen, keinen Rechtsanspruch auf die tatsächliche Zahlung. In einer Mitteilung des Gerichts hieß es dazu: „Die 7. Kammer des Arbeitsgerichts Braunschweig ist der Argumentation der Klägerinnen und Kläger der heute abgewiesenen Klagen im Ergebnis nicht gefolgt, da eine etwaige Zusage des Unternehmens für diese Klageparteien keine Verbindlichkeit erlangt habe.“ Dafür hätte es der „Einhaltung der Schriftform“ erfordert – eine bloße Personalmitteilung reiche dazu nicht aus. Man hätte eine Vertragsänderung durchführen müssen.
1.000 Euro Prämie, aber keine Lohnerhöhung
Im November 2024 erzielte ein Kläger wiederum einen Teilerfolg, ihm wurde vom Gericht die Inflationsausgleichsprämie zugesprochen. Begründung: Die 1.000 Euro hätten nicht rückwirkend gestrichen werden dürfen, da der zweite Teil der Inflationsausgleichsprämie „mit Rücksicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte nach Eintritt der Fälligkeit nicht wirksam abgelöst werden konnte.“ Den Rest der Klage, also die Entgelterhöhung ab Mai 2024 um 3,3 Prozent, wies das Gericht aber zurück. Begründung: Die geschlossene Betriebsvereinbarung im Februar hat den Anspruch abgelöst, könnte aber nicht rückwirkend die Inflationsausgleichsprämie streichen.
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Deal zwischen USA und EU: Was die Zölle für VW bedeuten
Das ist passiert: EU und USA haben sich geeinigt: Ab August werden deutsche Autos in den USA mit einem Zoll von 15 Prozent belegt.
Darum ist es wichtig: Die Zölle sind eines der ganz großen VW-Themen. Sie haben den Konzern im ersten Halbjahr bereits 1,3 Milliarden Euro gekostet.
So geht es weiter: Volkswagen will den Deal und die Einzelheiten nun prüfen. Auf dieser Grundlage soll dann entschieden werden, ob und in welchem Umfang in den USA investiert wird.
Einer der Kläger rechnet im Gespräch mit dieser Zeitung damit, dass es bis zur endgültigen Klärung noch lange dauern wird. Seine Klage war in erster Instanz vom Arbeitsgericht Braunschweig abgewiesen worden. Inzwischen liegt das Verfahren beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen in Hannover. Er sei auch bereit, bis vor das Bundesarbeitsgericht zu ziehen, um Klarheit zu erlangen, so der Kläger.
AZ/WAZ