Werner Bischofs in nur wenigen Jahren entstandenen Aufnahmen aus Japan und anderen asiatischen Ländern sind inzwischen über 70 Jahre alt und haben ihre visuelle Kraft nicht verloren. Trotz seines tragischen, frühen Unfalltodes mit 38 Jahren gilt der 1916 geborene Schweizer Fotograf als einer der wichtigen Fotografen des 20. Jahrhunderts. Nachdem er mit Aufnahmen aus dem kriegszerstörten Europa Bekanntheit in fotojournalistischen Kreisen erlangt hatte, wurde er 1949 Mitglied der kurz zuvor gegründeten Fotoagentur Magnum Photos. Im Auftrag der großen Magazine reiste er fortan durch Asien und den Rest der Welt und brachte den Zuhausegebliebenen die Ferne in die Heimat. Bischofs überwiegend schwarz-weiße Fotos waren stilbildend für das Genre der Reisefotografie. Die große visuelle Inszenierung interessierte ihn dabei nicht. Er erkannte die Poesie im vermeintlich unspektakulären, normalen Leben.

Die sehenswerte Ausstellung „Zwischen Farbe und Schwarzweiß“ in der Leica Galerie in Frankfurt präsentiert nun eine weniger bekannte Seite Bischofs fotografischer Arbeit. Ausgestellt wird – neben einigen schwarz-weißen Klassikern – eine überraschende Vielzahl bereits zwischen 1939 und 1947 entstandener farbiger Arbeiten, die Bischof mit einer selten benutzten, legendären Kamera, der Devin Tri-Color, aufnahm. Deren Besonderheit ist, dass bei jeder Aufnahme gleich drei zerbrechliche Glasnegative belichtet werden, denen jeweils ein roter, grüner und ein blauer Filter vorgelagert ist. Erst in der richtigen Reihung übereinandergelegt, ergeben die drei Negative dann ein Farbfoto.

Werner Bischofs Sohn Marco Bischof arbeitet seit mehr als 30 Jahren mit dem Nachlass seines Vaters und leitet dessen Archiv. Er berichtet im Gespräch im Gespräch mit der F.A.Z., dass diese Negative stets in besonderen Stahlschränken gelagert wurden, dass sie aber über Jahrzehnte keine große Beachtung fanden – auch weil alle davon ausgegangen waren, dass es sich ebenfalls um Schwarz-Weiß-Bilder handelte. Vor einigen Jahren entdeckte Bischof dann mit der Hilfe von Experten, dass jeweils drei Negative zusammengehörten und dass sich durch die Farbigkeit der einzelnen Platten ein natürlicher, bunter Rahmen für die Motive ergab. Die ausgestellten Werke erhalten durch diese Negativ-Rahmen und die ungewöhnchen Farben eine fast malerische Qualität. Marco Bischof sieht hier eine Verbindung zum früheren Berufswunsch seines Vaters, der zunächst Maler werden wollte und sich auch später zum Teil zunächst über Zeichnungen seinen fotografischen Motiven anäherte. 

Nachdem die Bilder 2023 erstmals in der Schweiz ausgestellt worden waren, ist es ein Glücksfall, dass die Stillleben, abstrakten Kompositionen und Modefotos neben eindrücklichen Farbaufnahmen von Kriegszerstörungen nun in Frankfurt zu sehen sind und auch hier das Bild von Werner Bischofs Arbeit um diese künstlerischer Komponente vervollständigen.

Modell mit Stoff, Studiofotografie, Zürich, Schweiz, 1939Modell mit Stoff, Studiofotografie, Zürich, Schweiz, 1939Werner Bischof Estate/Magnum PhotosOrchideen, Zürich, Schweiz, 1943Orchideen, Zürich, Schweiz, 1943Werner Bischof Estate/Magnum PhotosReichstag, Berlin, Deutschland, 1946Reichstag, Berlin, Deutschland, 1946Werner Bischof Estate/Magnum PhotosApfel mit Schatten für die Kunstzeitschrift Du, Zürich, Schweiz, 1943Apfel mit Schatten für die Kunstzeitschrift Du, Zürich, Schweiz, 1943Werner Bischof Estate/Magnum PhotosIm Innenhof des Meiji-Tempel, Tokyo, Japan, 1951Im Innenhof des Meiji-Tempel, Tokyo, Japan, 1951Werner Bischof Estate/Magnum PhotosReporter der Weltpresse, Kaesong, Korea, 1952Reporter der Weltpresse, Kaesong, Korea, 1952Werner Bischof Estate/Magnum PhotosPinguine aus dem Zoo auf ihrem wöchentlichen Spaziergang auf dem Weg durch die Stadt, Edinburgh, 1950Pinguine aus dem Zoo auf ihrem wöchentlichen Spaziergang auf dem Weg durch die Stadt, Edinburgh, 1950Werner Bischof Estate/Magnum PhotosSelbstportrait des Fotografen Werner Bischof in seinem Studio, 1940Selbstportrait des Fotografen Werner Bischof in seinem Studio, 1940Werner Bischof Estate/Magnum Photos

Werner Bischof – „Zwischen Farbe und Schwarzweiß“
Leica Galerie Frankfurt

Die Ausstellung läuft noch bis zum 28.8.2025