Berlin. Jedes Jahr erkranken in Deutschland viele Menschen an Demenz – nun gibt es Hinweise, dass eine Impfung das Risiko deutlich mindern könnte.

Ein Vakzin, das ursprünglich zur Vorbeugung schwerer Atemwegsinfektionen entwickelt wurde, sorgt derzeit für Aufsehen in der Demenzforschung. Forscher der Universität Oxford berichten: Eine Impfung gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) könnte älteren Menschen auch einen bislang kaum beachteten Schutz bieten – vor Demenz.

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Im Mittelpunkt der Studie steht ein Zusatzstoff mit dem Namen AS01, ein sogenanntes Adjuvans, das die Immunantwort nach einer Impfung verstärken soll. Dieser Hilfsstoff ist nicht nur Bestandteil der Gürtelrose-Impfung (Shingrix), sondern auch in einem neueren RSV-Impfstoff enthalten, der seit 2023 für über 50-Jährige in der EU zugelassen ist. Schon frühere Untersuchungen hatten gezeigt, dass Shingrix mit einem geringeren Demenzrisiko verbunden sein könnte. Die Oxford-Forscher vermuten nun, dass der AS01-Zusatzstoff selbst eine Schlüsselrolle spielt.

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Für ihre Untersuchung wertete das Team um Maxime Taquet anonymisierte elektronische Gesundheitsdaten von über 436.000 Menschen über 60 Jahren aus. Alle waren zu Beginn der Beobachtungszeit demenzfrei. Die Analyse zeigte: Wer eine RSV-Impfung mit dem AS01-Zusatzstoff erhalten hatte, bekam im Schnitt 29 Prozent seltener eine Demenzdiagnose innerhalb von 18 Monaten, verglichen mit Personen, die lediglich eine Grippeimpfung bekommen hatten. Bei Menschen, die zusätzlich auch gegen Gürtelrose geimpft waren, lag das Risiko sogar um 37 Prozent niedriger.

Warum eine Impfung gegen ein Atemwegsvirus das Gehirn schützen soll, ist noch nicht vollständig geklärt. Zwei Hypothesen stehen im Raum: Zum einen könnte die Impfung Entzündungsprozesse im Körper dämpfen, die sonst das Gehirn schädigen. Zum anderen könnte das Adjuvans selbst schützend wirken, indem es immunologische Prozesse anstößt, die Ablagerungen im Gehirn verringern oder Entzündungsreaktionen hemmen, wie sie bei Demenz häufig vorkommen.

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Trotz der großen Datenbasis warnen die Forscher vor voreiligen Schlüssen. Die Studie basiert auf Beobachtungen, nicht auf klinischen Tests unter kontrollierten Bedingungen. Es ist also unklar, ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang besteht. Zudem wurde nicht im Detail erfasst, welche Version der RSV-Impfung jeweils verabreicht wurde, denn nicht alle enthalten den AS01-Zusatzstoff.

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Sollte sich der vermutete Zusammenhang in weiteren Studien bestätigen, könnten Impfungen künftig nicht nur vor Infektionen, sondern auch vor kognitivem Abbau schützen – zumindest in Teilen. Klar ist bereits: Virusinfektionen wie Gürtelrose, Grippe oder RSV können im Alter Entzündungsprozesse im Gehirn auslösen und so Demenzerkrankungen begünstigen. Eine Impfung könnte diesen Prozess womöglich bremsen.