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Evolution eines sowjetischen Meisterwerks: Wie der Hubschrauber Mil Mi-26 zum Kassenschlager wurde und warum er für die russische Wirtschaft bis heute unverzichtbar ist.

Rostow/Moskau – Stellen Sie sich einen Helikopter vor, der so groß ist, dass er spielend einen ganzen Bus schlucken könnte – und das nicht nur sprichwörtlich.

Die Mil Mi-26, auch als „fliegender Riese“ bekannt, hebt Lasten, an denen andere Hubschrauber scheitern, und ist nicht nur deshalb ein faszinierendes Symbol russischer (in den Anfängen sowjetischer) Ingenieurskunst und wirtschaftlicher Effizienz.

Mil Mi-26: Die Geschichte eines russischen Schwergewichts

Wer an russische Technikgiganten denkt, hat meist schwere Panzer oder riesige Flugzeuge wie die Antonow vor Augen. Doch in Sachen Hubschrauber hat Russland ebenfalls einen Weltmeister hervorgebracht: Die Mil Mi-26. Mit einer maximalen Startmasse von 56 Tonnen und einer Nutzlast von bis zu 20 Tonnen ist sie bis heute der größte und stärkste Serienhubschrauber der Welt – und das bereits seit vier Jahrzehnten.

Entwickelt wurde das Ungetüm, weil die sowjetischen Streitkräfte immer größere und schwerere Lasten transportieren wollten. Die Mi-6, einst selbst Rekordhalterin, konnte da irgendwann nicht mehr mithalten, wie Flugrevue berichtet. Dem Portal zufolge sei eine „deutlich potentere Helikopterkonstruktion“ vonnöten gewesen – eine Anforderung, welche die Ingenieure wie folgt umsetzten:

Vor 40 Jahren ging der russische Riesenhubschrauber Mil Mi-26 in Dienst – und wird noch heute produziertVor 40 Jahren ging der russische Riesenhubschrauber Mil Mi-26 in Dienst – und wird noch heute produziert. © SNA/ImagoMil Mi-26: Technische Superlative – und ein Innenraum wie ein LKW-Depot

Die Zahlen der Mi-26 sind beeindruckend: Ihr Frachtraum fasst 136 Kubikmeter – mehr als das bekannte viermotorige Frachtflugzeug Antonow An-12. Im Inneren finden 60 Patienten auf Tragen samt Pflegern oder sogar zwei Luftlandeschützenpanzer Platz. Möglich machen das ein Achtblatt-Hauptrotor mit 32 Metern Durchmesser und zwei Triebwerke mit jeweils 11.240 Wellen-PS.

Trotz des enormen Gewichts ist die Mi-26 mit einer Reiseschwindigkeit bis zu 255 km/h unterwegs und kann 800 Kilometer weit fliegen. Der Topspeed beträgt nach Angaben von Fliegerweb.com sogar 295 km/h. Diese Leistungsdaten machten den weltgrößten Hubschrauber zum rasanten Liebling für anspruchsvolle Transportaufgaben – nicht nur beim russischen Militär.

Der russische Hubschrauberhersteller Mil

Mil (russisch Миль) ist der Kurzname des 1948 gegründeten russischen Hubschrauberherstellers Moskauer Hubschrauberfabrik M. L. Mil, benannt nach dem Konstrukteur Michail Leontjewitsch Mil. Die Firma hat nach Angaben von Hubschraubermuseum.de nahe der russischen Hauptstadt Moskau ist auch unter dem englischen Namen Mil Moscow Helicopter Plant bekannt.

Russlands gigantöser Helikopter: Wirtschaftsfaktor und Dauerbrenner

Die Mi-26 hat sich in der Folge zu einem echten Exportschlager entwickelt: Der Riesenhubschrauber wird nicht nur in Russland, sondern unter anderem auch von der UN, dem weißrussischen Katastrophenschutz und Spezialfluggesellschaften wie UTair eingesetzt. Die Nachfrage ist bis heute so hoch, dass sogar eingemottete Maschinen teilweise wieder flottgemacht werden, so Flugrevue.

Besonders gefragt ist der Hubschrauber demnach bei Einsätzen, wo es auf große Außenlasten ankommt: Strommasten, Rettungseinsätze bei Erdbeben, Waldbrände oder sogar der Transport von Flugzeugen – für die Mi-26 alles kein Problem.

Mil Mi-26: Riesenhubschrauber auch bei Tschernobyl im Einsatz

Schon kurz nach ihrem offiziellen Dienstantritt 1985 konnte die Mi-26 bereits ihre Vielseitigkeit beweisen: Beim Super-GAU von Tschernobyl wurde eine Spezialversion für Dekontaminationsflüge und Strahlungsmessungen entwickelt.

Die neueste Version des größten Serienhubschraubers aller Zeiten trägt den Modellnamen Mi-26T2 und feierte 2019 PremiereDie neueste Version des größten Serienhubschraubers aller Zeiten trägt den Modellnamen Mi-26T2 und feierte 2019 Premiere. © Depositphotos/Imago

Auch bei Katastrophen und in entlegenen Regionen der Welt gilt die Mi-26 noch bis heute als einzige Möglichkeit, große Lasten schnell und sicher zu bewegen. Die Kombination aus Kraft, Flexibilität und Zuverlässigkeit macht den russischen Hubschrauber zum wirtschaftlichen Trumpf für viele Betreiber.

Modernisierte Mi-26T2W: Russlands Helikoptergigant am Puls der Zeit

Internationales Aufsehen erregte die Mi-26, als sie Anfang Juni 1981 auf dem Pariser Aérosalon in Le Bourget erstmals westlichen Fachleuten gezeigt wurde. Stillstand kennt das Projekt Mi-26 bis heute nicht: Die neueste Version, die Mi-26T2, ist mit digitalem Glascockpit, moderner Avionik, GLONASS-Navigation und Autopilot ausgestattet. Die technischen Errungenschaften reduzieren die Besatzung auf zwei bis drei Personen und machen den Hubschrauber voll nachtflugtauglich.

Gebaut wird die Mi-26 seit jeher in Rostow am Don, im südöstlichen Teil des Landes nahe der Ukraine. Von Massenproduktion kann jedoch keine Rede sein: Derweil gibt es in Russland offenbar nach wie vor einen dringenden Bedarf an westlichen Importen. (PF)