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Mexikanische Drogenkartelle schicken offensichtlich Kämpfer in die Ukraine. Sie lernen dort den Umgang mit militärischen Drohnen. Experten sind alarmiert.
Der Krieg in der Ukraine ist längst zu einem weltumspannenden Phänomen geworden, das immer wieder mit neuen Dimensionen überrascht. Die Konsequenzen aus dem Waffengang reichen über internationale Sanktionsregime und ein neues globales Wettrüsten deutlich hinaus.
Aus dem Blickfeld sind die illegalen Waffenexporte aus dem Konfliktherd, obwohl die Gefahr nach wie vor sehr real ist. So schreibt etwa die Globale Initiative gegen das Transnationale Organisierte Verbrechen, dass auch schwere Waffen von den ukrainischen Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt wurden.
Darunter seien „eine Flugabwehrkanone, ein US-Maschinengewehr und ein hochwertiges US-Sturmgewehr, das ausschließlich von Spezialeinheiten getragen wird“ gewesen. Als „bemerkenswert“ bezeichnet es die Organisation, dass es nicht Zivilisten waren, die ausrangierte Waffen sammelten und verkaufen wollten, sondern Militärangehörige im aktiven Dienst.
Illegale Waffenexporte und Expeditionskorps
Etwas besser in Erinnerung dürfte die jüngste ukrainische Einmischung im Sahel sein. In Mali hatten ukrainische Soldaten zusammen mit US-Söldnern gegen ehemalige Wagner-Einheiten gekämpft und diesen eine schwere Niederlage beigebracht. Mittlerweile spielt sogar Ghana eine Rolle in dem Schattenkrieg und leiht Kiew Geld für die Produktion von Drohnen.
Und nun Mexiko.
Wie The War Zone (TWZ) meldet, kämpften Mitglieder von mexikanischen Drogenkartellen in der Ukraine, um den Einsatz von Drohnen zu erlernen, die per Datenbrille über eine Funkverbindung aus der Ich-Perspektive geflogen werden. Die „First Person View“-Drohnen könnten etwa gegen Rivalen im eigenen Land eingesetzt werden, aber auch gegen die Strafverfolgungsbehörden.
„Praktische Erfahrungen im Einsatz von FPV-Drohnen als Waffen in der Ukraine könnten die Lernkurve für mexikanische Kartelle radikal verkürzen“, gibt TWZ zu bedenken.
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Kurze Lernkurve
Dieser Drohnentyp hat sich in der Ukraine derart bewährt, dass die Kunde davon bis nach Mexiko gedrungen ist und dortige Drogenkartelle Berichten zufolge jetzt direkt vor Ort lernen wollen, wie sie die Flieger am effektivsten für ihre Zwecke einsetzen können. Die Informationswege von Kiew nach Mexiko sind kurz, denn nicht wenige Südamerikaner – vor allem Kolumbianer – kämpfen in der Ukraine.
TWZ beruft sich in dem Bericht auf Intelligence Online, einer investigativen französischen Nachrichtenplattform. Demnach untersuchten Geheimdienste in Kiew und Mexiko-Stadt, ob Kartellmitglieder – die angeblich für die Ukraine kämpfen – dies lediglich tun, um zu lernen, wie sie FPV-Drohnen einsetzen können.
Demnach hat der mexikanische Geheimdienst kürzlich ein Memo an die ukrainischen Kollegen vom SBU geschickt, in dem er davor warnt, dass einige mexikanische Freiwillige U-Boote der Kartelle sein könnten. Der SBU habe daraufhin eine Untersuchung gegen mehrere spanischsprachige Söldner eingeleitet.
Memo an den SBU
Intelligence Online berichtet demnach auch, dass untersucht wurde, ob Mitglieder der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) der Internationalen Legion aus ähnlichen Motiven beigetreten sind.
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The War Zone betont, dass die Redaktion die Erkenntnisse von Intelligence Online nicht unabhängig überprüfen kann. Doch passten die Aussagen „direkt zu dem, was über die historische und ständig wachsende Nutzung bewaffneter Drohnen durch Kartelle bekannt ist“.
In den letzten Monaten seien Beweise aufgetaucht, dass mexikanische Drogenorganisationen FPV-Drohnen in ihren internen Konflikten einsetzen. Die zunehmend besser bewaffneten mexikanischen Drogenkartelle begannen vor etwa fünf Jahren mit der Nutzung von Quadcoptern, die mit kleinen Sprengsätzen ausgestattet sind.
Einsatz auch gegen mexikanische Strafverfolgungsbehörden
Später gingen sie dazu über, Drohnen einzusetzen, die Munition auch auf Strafverfolgungsbehörden abwerfen. FPV-Drohnen würden derzeit zudem in einem Krieg zwischen dem Cártel de Jalisco Nueva Generación (CJNG) und den Sinaloa-Kartellen im westlichen Küstengebiet Mexikos eingesetzt.
Der Einsatz von FPV-Drohnen durch Kartelle befinde sich noch in der Anfangsphase, denn das Fliegen von FPV-Drohnen sei nichts, was man einfach so mit einer Datenbrille und einem Controller erlernen könne. Es gleiche vielmehr eher dem Fliegen eines echten Flugzeugs.
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Neben Angriffen auf Fahrzeuge könnten die Kartelle ihre FPV-Drohnen auch gegen Personen und zur gezielten Ermordung einsetzen. Die Waffen seien so wendig, dass sie in der Ukraine häufig durch Fenster geflogen würden – etwas, das die dortigen Operatoren intensiv trainieren.
Kiew gibt sich empört
Die ukrainischen Behörden weisen alle Schuld von sich, und Beamte in Kiew äußerten sich empört über die Vorstellung, dass Kartellmitglieder Lektionen über FPVs suchen, nur um sie später gegen Rivalen in ihrer Heimat einzusetzen. Man habe die Freiwilligen in gutem Glauben aufgenommen.
Doch nun müsse man feststellen, dass manche nur kämen, um zu lernen, wie man mit einer 400-Dollar-Drohne tötet, um dieses Wissen dann weiterzuverkaufen.