Manche Kinder tun sich im Zeltlager mit Gleichaltrigen schwer, weil sie Heimweh bekommen. Foto: imago stock&people
Sobald die Kinder zum ersten Mal alleine wegfahren, kommt zur Vorfreude oft ein Bangen – auch bei den Eltern.
Zusammen mit Gleichaltrigen verreisen und mal ein paar Tage Ruhe vor den Eltern haben: In der Theorie klingt das für die meisten Kinder erst einmal gut. Wäre da nicht die Angst davor, dass man woanders vielleicht nicht so gut einschlafen kann. Dass man die anderen Kinder im Zeltlager ja noch gar nicht kennt. Dass man das vertraute Zuhause zu sehr vermissen wird.
„Solche Ängste sind ganz normal und dürfen auch sein“, sagt Silvia Weber-Vogt vom Sachgebiet Familienbildung beim Jugendamt der Stadt Stuttgart.
Sie empfiehlt Eltern, im Vorfeld einer Klassenfahrt oder einer Ferienfreizeit gemeinsam zu überlegen, was im schlimmsten Fall dort passieren könnte – und wie man mit diesen Situation dann umgeht.
„Gut ist es auch immer, etwas mitzugeben, was Sicherheit vermittelt“
„Eltern können auch erzählen, wie sie solche Reisen ohne Eltern früher erlebt haben, was sie gemacht haben, wenn sie sich einsam gefühlt haben oder nicht einschlafen konnten“, sagt Silvia Weber-Vogt. Für Kinder mache es dies leichter, die eigenen Ängste zuzugeben und zu akzeptieren – weil sie ihre Eltern sonst im Alltag oft nur so erlebten, als könnten sie alles und wären immer stark. „Gut ist es auch immer, etwas mitzugeben, was Sicherheit vermittelt und an zu Hause erinnert“, sagt Silvia Weber-Vogt. Je nach Alter und Vorlieben des Kindes kann dies ein Kuscheltier sein, ein Foto, ein Tagebuch, ein Buch oder Podcast zum Einschlafen oder ein Kissen. Und: das auswärts Schlafen langsam üben. Also nicht mit 12 Jahren zum ersten Mal gleich mit der Klasse eine ganze Woche allein ins Schullandheim ins Ausland gehen. Sondern mal für eine Nacht bei guten Freunden in der Nachbarschaft schlafen. Mal ein Wochenende bei der Oma. „Diese Erfahrungen helfen auf jeden Fall dabei, die Reise ohne Eltern nicht mehr als so große Hürde zu sehen“, sagt Silvia Weber-Vogt.
Über Heimweh vorher mit den Betreuern sprechen
Erfahrene Ausrichter von Zeltlagern wie die Pfadfinder oder die Kirchen haben in der Regel im Vorfeld auch Treffen mit den Eltern, bei denen man die Betreuer darauf hinweisen kann, dass ein Kind zu Heimweh neigt. „Hier kann man dann auch absprechen, was vielleicht helfen könnte. Manche Kinder lassen sich leicht ablenken, anderen tut ein Anruf zu Hause gut“, sagt Silvia Weber-Vogt.
Ist das Heimweh trotzdem zu stark, gibt es immer die Möglichkeit, ein Kind notfalls auch abzuholen. „Es ist dann auch die Aufgabe der Betreuer, das so zu begleiten, dass sich das Kind vor den anderen in der Gruppe nicht schämen muss deswegen“ sagt Silvia Weber-Vogt. So könnte man in der Gruppe beispielsweise darüber reden, dass jeder Mensch unterschiedliche Stärken und Schwächen habe.
Nicht selten tragen auch die Eltern dazu bei, dass es einem Kind schwerfällt, sich auf ein Zeltlager oder eine Klassenfahrt zu freuen. Sie äußern selbst ihre Sorgen, was unterwegs alles passieren könnte. Sie wünschen sich, dass das Kind jeden Tag anruft oder eine Nachricht schickt. Sie stehen beim Abschied weinend am Bus. „Solche Dinge sind sicherlich hinderlich. Denn Kinder wollen ihre Eltern glücklich machen mit dem, was sie tun“, sagt Silvia Weber-Vogt. Wenn der Nachwuchs allein auf Reisen geht, ist es also vor allem auch an den Eltern, sich zu sagen: Ich lasse das Kind gern gehen. Und ich freue mich, wenn es wieder zurück ist.