Gelsenkirchen. Ein Kommentar von WAZ-Redakteur Thomas Richter zum Start der Gelsenkirchener SPD in die heiße Phase des Kommunalwahlkampfes.
Andrea Henze geht in die Vollen: Sie will bei der Kommunalwahl im September die Nachfolge der scheidenden Karin Welge antreten und Gelsenkirchens neue Oberbürgermeisterin werden. Und um diesen Plan in die Tat umzusetzen, holt sich die SPD-Politikerin namhafte Mitstreiter an ihre Seite: Am Freitag war mit Lars Klingbeil einer der beiden Parteivorsitzenden in Gelsenkirchen. Die andere, Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas, wird zeitnah ebenso vorbeischauen. So viel Unterstützung macht Eindruck – in den eigenen Reihen, aber auch bei der politischen Konkurrenz.
Die Zeiten, in denen die SPD im Vorfeld als Wahlsieger feststand, sind endgültig vorbei
Dieser Promi-Auflauf soll aber auch das Feuer in den hiesigen Sozialdemokraten neu entfachen. Denn für den nun anstehenden Wahlkampf braucht es Hunderte engagierte und überzeugte Helfer. Die Ergebnisse der jüngsten Bundestagswahl in Gelsenkirchen haben gezeigt, dass es Spitz auf Knopf steht: SPD, CDU und AfD lagen bei den Zweitstimmen sehr, sehr eng beieinander. Die Zeiten, in denen die SPD in dieser Stadt stets schon im Vorfeld als unumstrittener Wahlsieger feststand, sind endgültig vorbei. Also heißt es nun: zu kämpfen, zu argumentieren, zu überzeugen.
Der „Aufstiegsplan“, den Henze vorgestellt hat, ist von daher ein kluger Ansatz, weil dieses Land und auch diese Stadt sich zuletzt viel zu sehr damit beschäftigt haben, was alles NICHT läuft. Henze will nun wieder mehr Optimismus wagen, nach vorne schauen, mit einem positiven Ziel vor Augen. Das ist richtig und wichtig, weil es zwingende Voraussetzung dafür ist, damit sich tatsächlich etwas zum Guten verändern kann.
Rumänen und Bulgaren dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden
Ein Gedankengang sei der SPD aber noch mit auf den Weg gegeben: Ja, die Armutszuwanderung ist DAS große Problem in dieser Stadt, das mit all seinen Auswirkungen bekämpft werden muss. Aber, nein: Das bedeutet nicht, dass alle 12.000 Rumänen und Bulgaren, die hier leben, ein Problem sind. Es ist ebenso falsch wie gefährlich, ganze Nationalitäten unter einen Generalverdacht zu stellen. Ja, wer kriminell wird, seinen Müll illegal entsorgt, sich asozial in seiner Nachbarschaft verhält und Sozialleistungen zu Unrecht abkassiert, der muss auch bestraft werden. Doch jene Zugewanderten, die hier arbeiten und etwas für ihre Kinder und Familien erreichen wollen, dürfen nicht mit den schwarzen Schafen in einen Topf geworfen werden. Jedes Individuum ist nach seinen Taten, Haltungen und Entscheidungen zu bewerten. Und nicht allein nach seiner Herkunft!