Nach fast sechs Jahrzehnten endet eine Ära: Die Corporation for Public Broadcasting (CPB), zentrale Verteilstelle für Bundesmittel an die US-amerikanischen öffentlich-rechtlichen Sender NPR und PBS, wird ihre Arbeit einstellen. Anlass ist der von Präsident Donald Trump unterzeichnete Rescissions Act of 2025, der 1,1 Milliarden US-Dollar an bereits bewilligten Mitteln bis 2027 zurückzieht.
„Trotz der außergewöhnlichen Anstrengungen von Millionen Amerikanern, die den Kongress aufgefordert haben, die Bundesmittel für CPB zu erhalten, stehen wir nun vor der schwierigen Realität, unsere Arbeit einzustellen“, erklärte CPB-Präsidentin Patricia Harrison am Freitag in einer Mitteilung (Quelle: CPB-Statement vom 1. August 2025).
Erster Finanzierungsstopp seit Gründung
Es ist das erste Mal seit der Gründung der CPB im Jahr 1967, dass der Kongress jegliche Finanzierung verweigert. Die CPB wurde damals per Public Broadcasting Act als parteiunabhängige, gemeinnützige Organisation gegründet, um Bundesmittel an rund 1.500 lokale Radio- und Fernsehsender zu verteilen – viele davon in ländlichen und wirtschaftlich schwachen Regionen.
NPR Headquarter in Washington, DC (Bild: Stephen Voss / NPR)
Laut CPB werden die meisten der etwa 100 Mitarbeiter zum Ende des Haushaltsjahres am 30. September 2025 entlassen. Ein kleines Restteam soll bis Januar 2026 verbleiben, um Finanz- und Rechtsverpflichtungen abzuwickeln, darunter Lizenzgebühren für Musikrechte.
Politische Motivation und Kritik
Trump und führende Republikaner begründen die Streichung mit angeblicher politischer Schlagseite der Sender. „NO MORE FUNDING FOR NPR, A TOTAL SCAM!“, schrieb Trump bereits im April auf seiner Plattform Truth Social. NPR und PBS weisen den Vorwurf der Parteilichkeit zurück.
Nicht alle Republikaner unterstützen den Schritt: Senatorin Lisa Murkowski (Alaska) warnte vor „verheerenden“ Folgen für ländliche Sender in ihrem Bundesstaat, die zwischen 30 und 70 Prozent ihres Budgets aus CPB-Mitteln beziehen. „Man muss nicht die gesamte CPB zerstören, nur weil man mit NPR unzufrieden ist“ (Quelle: Rede im US-Senat, Juli 2025).
Folgen für NPR, PBS und lokale Sender
Die nationalen Programme wie PBS NewsHour oder NPRs Morning Edition werden zunächst weiterlaufen. Doch die finanzielle Lage vieler lokaler Mitgliedsstationen verschärft sich dramatisch – vor allem in „News Deserts“, Regionen ohne lokale Zeitungen oder kommerzielle Sender.
„Die Auswirkungen dieser Schließung werden jede Organisation im öffentlichen Medienbereich treffen – und vor allem jede Gemeinde im Land, die auf den öffentlichen Rundfunk angewiesen ist“, warnte NPR-Präsidentin Katherine Maher (Quelle: NPR-Pressemitteilung vom 1. August 2025). NPR kündigte an, acht Millionen US-Dollar aus eigenen Mitteln bereitzustellen, um bedrohte Stationen zu unterstützen.
Katherine Maher (Bild: © Wikimedia Foundation)
PBS, das monatlich mehr als 36 Millionen Erwachsene im linearen Fernsehen erreicht und mit PBS Kids eines der bekanntesten Bildungsangebote für Kinder bietet, bezieht im Schnitt 15 Prozent seiner Einnahmen aus Bundesmitteln.
Spendenboom als Gegenreaktion
Die Kürzungen haben eine Welle der Solidarität ausgelöst. Laut New York Times meldeten Mitgliedsstationen in den letzten Monaten über 120.000 neue Spender, was einem zusätzlichen Jahreswert von rund 20 Millionen US-Dollar entspricht. An einem Wochenende nach der Abstimmung im Kongress sammelte Rocky Mountain Public Media in Colorado über 6.600 Spenden, darunter eine Einzelspende von 500.000 US-Dollar.
Breite öffentliche Unterstützung – aber politisch gespalten
Eine Harris-Umfrage im Juli ergab, dass 66 Prozent der US-Amerikaner die Bundesförderung für den öffentlichen Rundfunk unterstützen, darunter 58 Prozent der Republikaner und 77 Prozent der Demokraten.
Für viele in der Branche bleibt die Schließung dennoch ein Schock. „Ich habe mir nie vorstellen können, dass diese Institution, die geschaffen wurde, um der Öffentlichkeit zu dienen, einfach geschlossen wird“, sagte Tim Bruno, Geschäftsführer des NPR-Affiliates Radio Catskill (Quelle: NPR-Bericht vom 1. August 2025).
Mit dem Ende der CPB steht der amerikanische öffentliche Rundfunk vor einer ungewissen Zukunft – und kleine Sender in strukturschwachen Regionen vor einer existenziellen Krise.
PBS – Fakten und Bedeutung
Programmgeschichte und Inhalte
- PBS ist seit seiner Gründung ein Zuhause für innovative Programme und Formate. Bereits 1970 lief mit The French Chef eine der ersten Kochsendungen in den USA.
- Bildungsprogramme für Kinder sind ein Kernstück, darunter Sesame Street (längstlaufende Kindersendung der USA), Mister Rogers’ Neighborhood, Reading Rainbow und Wishbone.
- Moderne Produktionen wie Carl the Collector setzen neue Maßstäbe, etwa mit dem ersten PBS-KIDS-Format mit einer autistischen Hauptfigur.
- PBS bietet seit Jahrzehnten politische Debatten und Nachrichtenformate, etwa PBS NewsHour (seit 1975), Firing Line (seit 1966) und Frontline (seit 1983).
- Wissenschaftsreihen wie NOVA (seit 1974), Cosmos (1980) und Nature (1982) gehören zu den bekanntesten ihrer Art.
- Masterpiece bringt seit 1971 preisgekrönte Dramen wie Sherlock, Downton Abbey oder Wolf Hall.
- Historische Dokumentationen wie American Experience (fast 400 Folgen seit 1988) und Werke von Ken Burns (The Civil War, Baseball, Mark Twain) prägen das Profil.
- PBS war Wegbereiter des Reality-TV mit An American Family (1973) und weiteren historischen Experimentformaten.
- Dauerbrenner wie Antiques Roadshow, Austin City Limits, Great Performances oder Finding Your Roots prägen das Kultur- und Musikangebot.
Reichweite und Publikum
- 58 % aller US-Haushalte (über 130 Mio. Menschen) sehen jährlich PBS-Sender, 60 % der Zuschauer leben in ländlichen Gebieten.
- 63 % der Zuschauerschaft identifizieren sich als Republikaner oder Unabhängige, PBS gilt als politisch breit aufgestellt.
- 85 % der Amerikaner finden, PBS biete einen exzellenten Wert für ihre lokale Gemeinschaft.
- PBS erreicht jährlich fast 20 Mio. hispanische, 19 Mio. schwarze und über 7 Mio. asiatische Zuschauer.
Lokaler Bezug und Gemeinwohl
- Mitgliedssender sind oft die einzigen unabhängigen, lokal betriebenen Medien in ihrer Region und produzieren Inhalte zu regionalen Themen (z. B. Bergbau in Wyoming, Landwirtschaftsgeschichte in Iowa).
- Veranstaltungen wie Sonnenfinsternis-Events mit NASA-Beteiligung unterstreichen die Gemeindevernetzung.
Kinder- und Bildungsangebote
- PBS Kids ist kostenlos über TV, Apps, Websites und YouTube verfügbar und erreicht monatlich 364 Mio. Video-Streams sowie 40 Mio. gespielte Spiele.
- Das „Ready to Learn“-Programm, teils mit Bundesmitteln gefördert, zeigt nachweislich positive Effekte auf Sprach-, Lese-, Mathematik- und Naturwissenschaftskenntnisse, besonders bei Kindern aus einkommensschwachen Haushalten.
Finanzierung
- Öffentliche Finanzierung beträgt rund 1,60 US-Dollar pro Person und Jahr.
- Über 70 % der Bundesmittel gehen direkt an lokale TV- und Radiosender, ein großer Teil davon in ländliche und unterversorgte Regionen.
- Ohne diese Mittel sind kleinere Stationen gefährdet, was zu weniger lokalem Inhalt und geringerer Reichweite in Notfällen führen könnte.
Quellen:
NPRöffentlich rechtlicher Rundfunköffentlich-rechtlichPublic RadioTrumpUSA