Pauline Ferrand-Prévot hat ihre Ankündigung wahrgemacht und sich zur ersten französischen Toursiegerin seit 36 Jahren gekrönt. Doch auch die deutschen Fahrerinnen können mit ihrer Tour de France Femmes zufrieden sein.
Die Tränen kamen ihr schon auf den letzten paar hundert Metern: Pauline Ferrand-Prévot hat das geschafft, was sie vollmundig angekündigt hatte. Innerhalb von drei Jahren wollte sie die Tour de France Femmes gewinnen, direkt im ersten Jahr ihres Comebacks steht sie nun als beste Fahrerin der Frankreich-Rundfahrt ganz oben auf dem Podest. Und versetzt damit ein ganzes Land in Verzückung.
Dazu gehört auch Staatspräsident Emmanuel Macron, der Ferrand-Prévot noch in der Mixed Zone während der ersten Interviews anrief. Ganz artig bedankte sich Frankreichs neue Radsportheldin für die netten Worte, dann durfte sie sich bei der Siegerehrung endlich feiern lassen. Übrigens in Anwesenheit von Jeannie Longo, der es als letzte Französin gelang, die Tour de France zu gewinnen. Das ist 36 Jahre her.
Sportschau Tourfunk, 03.08.2025 21:35 Uhr
Die Startnummer 51 bringt Glück
Bei ihrer Triumphfahrt zum Toursieg trug Ferrand-Prévot die Startnummer 51, die ein bisschen den Ruf eines Glücksbringers innehat. Das mag daran liegen, dass solch Radsport-Legenden wie Eddie Merckx, Bernard Hinault und auch Bernard Thévenet, der sich die persönliche Gratulation in Chatel ebenfalls nicht hat nehmen lassen, sie bei ihren Toursiegen ebenfalls schon getragen hatten. Es zeigt aber auch, was die Tour-Organisatoren um Renndirektorin Marion Rousse ihrer Landsfrau im Vorfeld zutrauten.
Mit dem Toursieg hat Ferrand-Prévot ihrer eh schon glanzvollen Karriere – bevor sie Anfang des Jahres auf die Straße zurückkehrte, wurde sie 2024 Olympiasiegerin auf dem Mountainbike – die Krone aufgesetzt. „Der Olympiasieg war der Sieg, den ich brauchte, um meine Karriere als erfolgreich bezeichnen zu können. Der Sieg bei der Tour de France war dagegen ein Kindheitstraum und eher die Kür.“ Für junge Radsportlerin hatte Ferrand-Prévot dann auch noch eine Botschaft. „Man muss an seine Träume glauben und hart dafür arbeiten. Selbst wenn man Momente des Zweifels hat, Momente, in denen es einem nicht so gut geht, muss man durchhalten und immer weitermachen.“
Die Tour der Französinnen
Überhaupt waren es die Tage der Französinnen. Vier der neun Etappen gingen an das Mutterland der Tour – zweimal gewann Ferrand-Prévot, zweimal die junge Maeva Squiban. Und auch in der Gesamtwertung schneidet Frankreich gut ab. Juliette Labous und Cédrine Kerbaol beenden das Rennen als Siebte beziehungsweise Achte, Evitá Muzic rundet das gute Ergebnis mit dem zehnten Platz ab. Das fand auch Ferrand-Prévot. „Es war eindeutig ein großer Erfolg. Die beiden Etappensiege von Maëva waren unglaublich. Und auch Juliette hat heute einen super Job gemacht. Unsere Französinnen fahren wirklich auf einem hohen Niveau.“
Demi Vollering und Kasia Niewiadoma-Phinney müssen sich dagegen mit den Plätzen hinter Ferrand-Prévot zufrieden geben. Während aber Vollering das Lachen während der Siegerehrung schwerfiel, freute sich Niewiadoma-Phinney, die für das deutsche WorldTour-Team Canyon-SRAM zondacrypto fährt, sichtlich. Beide Fahrerinnen standen seit der Neuauflage der Tour de France Femmes 2022 in jedem Jahr auf dem Podium – eine beeindruckende Serie.
Koch fährt ins Rampenlicht
Von den sieben deutschen Fahrerinnen, die bei der diesjährigen Tour de France Femmes am Start waren, hat sich eine ins Rampenlicht gefahren, die wohl die Wenigsten auf der Rechnung hatten. Dabei reiste Franziska Koch als deutsche Meisterin zur Frankreich-Rundfahrt. Zweimal wurde sie zur aktivsten Fahrerin gekürt, nachdem sie etliche Kilometer in Ausreißergruppen verbrachte. Die Auszeichnung bedeute ihr viel, wie sie der Sportschau vor Beginn der Etappe erzählte. „Es hat mir gezeigt, dass man, wenn man sein Herz in die Hand nimmt, auch etwas erreichen kann. Ich nehme wirklich viel Selbstbewusstsein aus Frankreich mit.“
Das kann Ricarda Bauernfeind ebenfalls von sich behaupten. Die Tour-Etappensiegerin von 2023 feierte bei der diesjährigen Tour de France Femmes ihr Comeback auf großer Bühne. Fast ein Jahr fiel die 25-Jährige wegen einer hartnäckigen Knieverletzung aus. Umso beeindruckender ihre Leistung, dank derer auch ihre Kapitänin Niewiadoma-Phinney den Sprung auf das Podium schaffte. „Ich wollte einfach in Chatel über die Ziellinie fahren und jetzt habe ich das geschafft. Ich bin jetzt nicht mehr die verletzte Person, das liegt hinter mir“, so Bauernfeind, die als 32. beste Deutsche in der Gesamtwertung wurde, im Ziel.
Das härteste Rennen des Jahres
Liane Lippert muss bei der Frage, wie die Tour für sie war, dagegen erst einmal nachdenken. Das ist wenig überraschend, ist doch für ihr Team Movistar nicht alles so gelaufen wie geplant. Eigentlich galt Lipperts Kapitänin Marlen Reusser als eine der Favoritinnen auf den Gesamtsieg, während die Deutsche vor allem auf den ersten Etappen für Tageserfolge sorgen sollte. Doch erst stürzte Lippert zum Auftakt der Tour und dann stieg auch noch Reusser wegen einer Lebensmittelvergiftung aus dem Rennen aus. „Es ist wirklich schade, dass wir direkt zu Beginn alle Chancen auf das Gesamtklassement verloren haben und ohne Podium nach Hause fahren“, antwortete sie schließlich. „Aber wir haben das Beste draus gemacht und haben nicht aufgegeben.“
Das kann nicht jede von sich behaupten. Zum ersten Mal wurde die Tour de France Femmes über neun Tage ausgetragen, von den 154 Starterinnen erreichten 117 das Ziel in Chatel. Ein hartes Rennen, wie auch Clara Koppenburg erzählte. „In diesem Jahr war wirklich jede Etappe sehr, sehr hart. Es wurde so schnell gefahren und die vergangenen Tage waren noch sehr anspruchsvoll mit den ganzen Bergen“, so die Fahrerin vom französischen Team Cofidis, die am Schlusstag ihren 30. Geburtstag feierte.
Nur Bewunderung für Ferrand-Prévot
Die deutschen Fahrerinnen haben für Ferrand-Prévot nur Worte der Bewunderung übrig. „Es ist eine der besten Leistungen, die es im Frauenradsport je gab“, findet Lippert. „Sie hat das auf jeden Fall verdient. Man hört überall ihren Namen und an der ganzen Strecke waren Schilder für sie. Ganz Frankreich ist begeistert“, beschreibt Koppenburg. Das wird dem Land wohl noch etwas länger bleiben, denn Ferrand-Prévot hat noch einiges vor.
„Ich möchte noch die Flandern-Rundfahrt und Lüttich-Bastogne-Lüttich gewinnen. Der Radsport ist einfach mein Leben. Auch wenn ich, um ehrlich zu sein, für diese Tour so hart trainiert habe, dass ich allein beim Gedanken daran, das Gleiche noch einmal zu machen, nur denke: Oh nein, das will ich nicht!“ Sagte Ferrand-Prévot und kündigte nach der Pressekonferenz erst einmal an, eine Pizza essen zu wollen. Es sei ihr gegönnt.