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Besuch des Regierungspräsidenten bei der Hüteschäferei TimmerbergEchter Familienbetrieb: Drei Generationen der Familie Timmerberg zeigen mit Stolz die Schafherde dem Regierungspräsidenten Mark Weinmeister (Mitte). Links daneben: Schäfergeselle Jakob Sasse. Mit dabei auch (von rechts) Marco Lenarduzzi und Nicole Rathgeber. © Drisch, Michael

Mit welchen Sorgen und Problemen haben die Schäfer Meinolf und Monika Timmerberg zu kämpfen. Sie geben einen Einblick in die Zukunft der Hüteschäferei Timmerberg.

Dudenrode – Schafe weiden auf einer freien Wiesenfläche. Auf seine Schäferschippe gestützt und den Hut gegen die Sonne tief ins Gesicht gezogen, beobachtet ein Schäfer die Tiere, während Hirtehunde die Herde beisammen halten und auf sein Signal hin weitertreiben. Was wie ein Bild aus längst vergangener Zeit wirkt, ist bei der Hüteschäferei Timmerberg immer noch Realität.

Seit 1983 gibt es den Landwirtschaftsbetrieb in Dudenrode, den Monika und Meinolf Timmerberg gemeinsam aufgebaut haben und bis heute führen. Kürzlich haben sie Besuch vom Kasseler Regierungspräsidenten Mark Weinmeister sowie der Landrätin Nicole Rathgeber erhalten, die sich über die Arbeit und die Nöte des traditionsreichen Familienbetriebs informieren wollten.

Monika Timmerberg versorgt die kleinen LämmchenMonika Timmerberg versorgt die kleinen Lämmchen © Drisch, Michael

„Angefangen haben wir damals mit Merinoschafen“, erinnert sich Schäfer Meinolf Timmerberg, beim Besichtigen seiner Herde. Seitdem habe sich einiges verändert und die Herde sei langsam zu einer Leineschaf-Herde gezüchtet worden. „Das Leineschaf stammt aus dieser Region, war hier aber, bis wir anfingen, faktisch ausgestorben“, sagt der Schäfer.

„Das Leineschaf ist gut an den Standort angepasst und produziert unter diesen Gegebenheiten eine sehr feine Wolle“, erklärt er auf die Frage Weinmeisters nach den Vorzügen des Leineschafes. Zudem erfreue sich das Fleisch der Meißnerlämmer – unter diesem Namen wird das Bio-Produkt über die Region hinaus verkauft – großer Beliebtheit.

Schäfer Jakob Sasse mit altdeutschem Hütehund MioSchäfer Jakob Sasse mit altdeutschem Hütehund Mio © Drisch, Michael

Dreimal im Jahr zieht er mit seiner Herde, die derzeit ungefähr 500 Schafe und etwa 300 Jungtiere umfasst, über die Weideflächen rund um den Hohen Meißner, darunter verschiedene Naturschutzgebiete. Die kalte Jahreszeit verbringen sie auf der Winterweide im Werratal.

„Vor 30 Jahren waren diese Schutzgebiete völlig unbewirtschaftet“, sagt Marco Lenarduzzi, Geschäftsführer des Geo-Naturparks Frau-Holle-Land. Dass die Schafherde die Flächen beweide, biete für die Region viele Vorteile, „denn die Schäferei hält Flächen für Touristik offen, auf denen wir mittlerweile Premium-Touren anbieten.“ Dazu würden die Schafe nicht einfach die Landschaft kahlfressen, sondern ihr Futter selektieren, erklärt Lenarduzzi den Besuchern: „Was stehenbleibt, ist die typische Vegetation.“ Und da die Herde weiterziehe, transportieren sie über ihre Ausscheidungen Pflanzensamen kilometerweit, was der Biodiversität zugutekomme.

Doch auch in der ländlichen Idylle gibt es Sorgen. Auf die Frage des Regierungspräsidenten, ob denn der in Deutschland wieder heimisch gewordene Wolf ihnen auch Probleme bereite, verneint Meinolf Timmerberg. Bisher habe es keine Wolfsangriffe auf die Herde gegeben. Dafür seien Angriffe durch Kolkraben zu einer großen Belastung geworden. Diese greifen laut dem Schäfer vermehrt an, wenn die Tiere Nachwuchs zur Welt bringen. Sie attackierten gezielt die Augen, damit die Schafe die Orientierung verlieren. „40 Tiere haben wir in den vergangenen drei Wochen durch Kolkraben verloren“, sagt Monika Timmerberg. „Das bricht einem das Herz.“

Auch das bei vielen Firmen in Deutschland bekannte Problem von ausufernder Bürokratie bereite dem Betrieb Probleme. „Ich liebe es, mit diesen Tieren zu arbeiten, auch nach so vielen Jahren“, betont Monika Timmerberg gegenüber dem Regierungspräsidenten. „Aber wenn man 40 Stunden die Woche im Büro sitzt, macht einen das fertig.“

„Es sieht immer toll aus, was für die Landwirte getan wird, aber es hat sehr oft Pferdefüße“, kritisiert sie. Anträge seien oft sehr umfangreich und umständlich, Dokumentationspflichten realitätsfern und Prozesse zu langwierig. So gibt es etwa ein EU-Programm zur Finanzierung von Wolfszäunen, doch müssen die Landwirte dabei in Vorkasse treten. „Es dauert ein bis zwei Jahre, bis man das Geld erstattet bekommt“, sagt die Landwirtin. „Es belastet einen auch psychisch und kostet Energie.“ Zudem kämen finanzielle Unterstützungen oft Besitzern von Weideflächen zugute und nicht denen, die diese tatsächlich bewirtschaften.

Beim Zuhören nickt Weinmeister verständnisvoll, mit hilfreichen Vorschlägen hat er ihnen nicht dienen können.

Meinolf Timmerberg mit seinen Hunden Fee und Bess, vor der Schafherde.Meinolf Timmerberg mit seinen deutschen Schäferhündinnen Fee und Bess. © Drisch, Michael

„Als wir 1983 anfingen, gab es noch fünf andere Hüteschäferein im Werra-Meißner-Kreis“, erinnert sich Meinolf Timmerberg. „Heute sind wir die Einzigen.“ Es sei eben schlicht leichter, die Herden auf Koppeln zu halten.

„Wir sind jetzt beide weit über 60 und werden für diese Art von Arbeit einfach zu alt“, sagt der Schäfer. „Deshalb geht es für uns jetzt darum, das ganze mit einem sanften Übergang an die nächste Generation weiterzugeben.“

Doch dafür brauche es auch ausgebildete Schäfer und so seien sie froh, dass sie mit Jakob Sasse jemanden gefunden haben, der in der Hüteschäferei seine berufliche Erfüllung findet. Der 23-Jährige, der im Betrieb zum Schäfergesellen ausgebildet wurde, lacht auf die Frage, weshalb er sich für diesen ungewöhnlichen Beruf entschieden habe. „Das fragen mich vorbeiziehende Wanderer auch oft“, sagt er, den Hut ein wenig höher schiebend. Ein solches Zusammenspiel von Mensch und Tier gebe es in keinem anderen Beruf. „Außerdem gefällt mir die Ruhe sehr gut und das in so wunderschöner Natur.“ (Michael Drisch)