Welche Optionen hat der Iran angesichts der schweren Schläge, die er im jüngsten Krieg erlitten hat, und dem zunehmenden internationalen Druck auf das Regime, sein Atomprogramm zu beenden?

In seinem jüngsten Kommentar erklärte der iranische Außenminister Abbas Araghchi, dass die Vereinigten Staaten vor Aufnahme von Verhandlungen einer Entschädigung des Irans für die Verluste zustimmen müssen, die das Land im zwölftägigen Krieg im Juli erlitten hatte. Der Minister sagte gegenüber der Financial Times in einem Interview in Teheran: »Sie müssen erklären, warum sie uns mitten in den Verhandlungen angegriffen haben und sicherstellen, dass sich so etwas (in künftigen Gesprächen) nicht wiederholt, und sie müssen (den Iran) für den Schaden entschädigen, den sie verursacht haben.« Der Iran benötige echte vertrauensbildende Maßnahmen, nachdem der US-Gesandte Steve Witkoff die Wiederaufnahme der Gespräche vorgeschlagen hatte.

Einen Tag vor diesen Äußerungen kritisierten iranische Parlamentarier die Regierung für ihr Festhalten an den Verhandlungen. So sagte Hossein Ali Haji Delighani in seiner Rede während einer öffentlichen Sitzung, er sei »sehr erstaunt über den Präsidenten und den Außenminister. Ein unterdrückerisches Regime [Israel] hat unser Land angegriffen und die Vereinigten Staaten haben ihre Aggression gegen uns fortgesetzt. Was ist Ihre Pflicht gegenüber dem Aggressor? Was ist Ihre Verantwortung als Vertreter des iranischen Volks? Wir sind mit einigen Ihrer falschen Handlungen und Positionen unzufrieden und lehnen sie ab.«

Vor einigen Tagen hielt der Iran in Istanbul Gespräche über sein Atomprogramm mit Großbritannien, Frankreich und Deutschland ab, zeitgleich mit der Drohung der drei europäischen Länder, die UN-Sanktionen gegen Teheran wieder in Kraft zu setzen, sollte keine Einigung erzielt werden. Nach dem Treffen erklärte einer der stellvertretenden iranischen Außenminister: »Wir haben ernsthafte, offene und ausführliche Gespräche mit den Europäern geführt und vereinbart, die Konsultationen über die Atomfrage fortzusetzen.«

Drei Szenarien

Während Washington also über die Wiederaufnahme der Verhandlungen spricht und die Europäer sich offen zeigen, befindet sich die iranische Regierung unter zunehmenden Druck im In- und Ausland in einer schwierigen Lage. Der Professor für internationale Beziehungen an der Universität Genf Hasni Abidi meinte, Verhandlungen blieben in dieser Situation eine strategische Option für den Iran und es scheine, dass er sich nicht auf Europa verlasse, das nach den jüngsten militärischen Aktionen der USA und Israels nach einer politischen Lösung sucht. »Stattdessen könnte es eine Rückkehr zu den Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten bevorzugen.«

Der Iran habe sich jahrelang auf die Europäer verlassen »und dann haben die Vereinigten Staaten seine Nuklearanlagen bombardiert, ohne die europäischen Länder auch nur über ihre Absicht zu informieren. Daher wären Verhandlungen mit Washington die realistischste Option für den Iran, da eine Verweigerung von Verhandlungen den Verdacht über seine nuklearen Absichten verstärken würde.«

Laut einer Analyse iranischer Medien gibt es für den Iran drei mögliche Szenarien: Die Fortsetzung der Gespräche mit den Europäern und Zeitgewinn, die Fortsetzung der nuklearen Ambiguität oder die Aufnahme umfassender und rascher Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten. Die Analyse kommt zu dem Schluss, dass nur letztere Option diplomatische Stabilität gewährleisten kann, die der Iran angesichts seiner wachsenden internen Herausforderungen, insbesondere der wirtschaftlichen und sozialen Krisen, so dringend benötigt.

Im Gegensatz dazu erklärte der ehemalige Nahost-Verhandler im US-Außenministerium Dennis Ross in einem Bericht für das Washington Institute for Near East Policy, von selbst werde das Regime nicht einlenken. Vielmehr sollten die Vereinigten Staaten die schweren Schäden, die der iranischen Atom- und Raketeninfrastruktur während des jüngsten Kriegs zugefügt wurden, nutzen, um die Bemühungen um eine diplomatische Einigung über die Zukunft dieser beiden Programme voranzutreiben: »Je stärker der Iran politisch isoliert ist, desto größer sind die Chancen für den Erfolg von Atom- und Raketenabkommen. Der Einfluss kann in dieser Frage auf zwei Arten ausgeübt werden: positiv durch das Angebot von Anreizen und negativ durch das Ausüben von Druck.«