Vier afrikanische Staaten – Libyen, Südafrika, Algerien und Tunesien – sind mit den höchsten von der US-Regierung verhängten Zöllen konfrontiert, die zwischen 25 und 30 Prozent liegen. Achtzehn weitere Länder des Kontinents wurden mit Abgaben in Höhe von 15 Prozent belegt, wie aus einem am Donnerstag vom Weißen Haus veröffentlichten Dokument hervorgeht. Die Zölle sollen am Donnerstag in Kraft treten.
Schon längst ist China der größte Handelspartner des Kontinents – mit einem geschätzten Jahresvolumen von 300 Milliarden Dollar. Die angekündigten US-Zölle würden afrikanische Länder nun noch weiter in die Arme Chinas treiben, warnt der nigerianische Wirtschaftswissenschaftler Bismarck Rewane am Freitag gegenüber CNN. Afrika begebe sich „direkt in die Hände Chinas“.
China bietet Rettungsleine an
Vor Ablauf der vom Weißen Haus gesetzten Fristen schlossen die USA – trotz einiger Bemühungen des Kontinents, die Zölle zu vermeiden – mit keinem afrikanischen Land ein Handelsabkommen. Das unterstreiche, „welchen Platz Afrika auf der Prioritätenliste des Weißen Hauses einnimmt“, heißt es bei CNN.
Debatte
Wohin führt Trumps Unberechenbarkeit?
Der südafrikanische Forscher Neo Letswalo bezeichnete das Versäumnis der USA, ein Abkommen mit Afrika auszuhandeln, gegenüber CNN als „ein offenes Tor für China“: „Amerika büßt allmählich seine globale Führungsrolle ein“, sagte er: Je mehr Länder „weniger von den USA abhängig werden, desto größer ist die Chance für China, eine Alternative zu werden“. China bot Afrika schon im Vorfeld eine Rettungsleine an und erklärte im Juni, dass es die Einfuhrzölle für fast alle seine afrikanischen Partner aussetzen würde.
China treibt Afrika in Abhängigkeit
China investiert enorm in Wirtschaftsprojekte in Afrika. Im Zuge der Investitionsoffensive „Neue Seidenstraße“ wurden auf dem afrikanischen Kontinent Häfen, Eisenbahnlinien, Flughäfen und Industrieparks errichtet.
International wird die „Seidenstraße“-Initiative teils scharf kritisiert, da sie wirtschaftlich schwächere Länder des Globalen Südens in die Verschuldung und Abhängigkeit von China treibe, so die Argumentation. Denn Afrika liefere vor allem Rohstoffe an China und importiere umgekehrt die damit produzierten Güter – Industrialisierungsprozesse würden verhindert.
Laut dem US-amerikanischen Thinktank Council of Foreign Relations (CFR) hätten chinesische Investitionen zwar dazu beigetragen, die Entwicklung der Infrastruktur und das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, doch seien diese oftmals mit laxen Umwelt- und Arbeitsstandards sowie fragwürdigen Menschenrechtsvorgehen verbunden.
Streit mit Südafrika
Am Beispiel Südafrika wird auch diskutiert, ob die Zölle nicht auch politisch motiviert sind: Trumps Verhältnis zu Südafrika ist angespannt. Im Mai hatte der US-Präsident den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa bei dessen Besuch im Weißen Haus mit unbelegten Vorwürfen überzogen, dass Südafrika einen „Genozid“ an weißen Bauern begehe.
AP/Evan Vucci
Die angeblichen Beweisfotos für Massenmorde an Weißen in Südafrika stammen aus der Demokratischen Republik (DR) Kongo
Anfang Februar hatte Trump Hilfen für Südafrika eingefroren, im März wiesen die USA den Botschafter des Landes aus. Zudem nahmen die USA eine Gruppe weißer Südafrikaner auf und erteilten ihnen Flüchtlingsstatus – obwohl Trumps Regierung die Aufnahme von Flüchtlingen etwa aus Kriegs- und Krisengebieten weitestgehend gestoppt hat.
Enormer Schaden in Lesotho
Besonders gravierende Auswirkungen haben die Zölle schon jetzt in Lesotho. Im April kündigte die US-Regierung für das Land die höchste Tarifrate von 50 Prozent an. Der Handelsminister Mokhethi Shelile warnte damals vor einem „Blutbad auf dem Arbeitsmarkt“ des 2,3 Millionen-Einwohner-Landes. Die Wirtschaft des kleinen Binnenstaats im südlichen Afrika hängt in hohem Maße vom Export von Textilien und Diamanten in die USA ab. Die Regierung rief einen zweijährigen nationalen Katastrophenzustand aus.
APA/AFP/Roberta Ciuccio
Rund 50.000 Menschen arbeiten in Lesotho in der Textilbranche
Zwar ist jetzt von Zöllen in der Höhe von 15 Prozent die Rede, der Schaden ist laut „New York Times“ aber bereits angerichtet: Große US-Ketten wie Walmart, JCPenney und Levi’s stornierten bereits ihre Aufträge, mehrere große Textilfabriken mussten schließen und ihre Arbeiter entlassen. Im März verunglimpfte Trump Lesotho als Staat, „von dem niemand je gehört hat“. Doch wie die BBC berichtet, werden jene Poloshirts, die in Trumps Onlineshop erhältlich sind, in einer Fabrik in Lesotho gefertigt.