Bielefeld. Jetzt, da die schwarzen Kisten so leer auf den langen Tischen stehen, sieht es ein bisschen nach XXL-Rollenrutsche eines Spielmobils aus. Aber es ist kein Spiel, sondern lebenswichtiger Ernst, der im ehemaligen Begegnungszentrum des Verbandes der Evangelischen Kirchengemeinden an der Neuen Schanze 3 Einzug gehalten hat: Der Brackweder Lebensmittelpunkt hat dort eine neue Heimat gefunden. Eine, bei der die Kunden – im wahrsten Sinne des Wortes – auch nicht mehr im Regen stehen müssen.

Rund 400 Quadratmeter hat die ehrenamtliche Initiative, die bedürftige Menschen aus dem Bielefelder Süden in erster Linie mit Lebensmitteln versorgt, nun zur Verfügung. Deutlich mehr als im Senner Gemeinschaftshaus am Friedhofsweg, aus dem der Lebensmittelpunkt raus musste. Mehr Platz für die Ausgabe, die Logistik, die Helferinnen und Helfer, aber vor allem auch für die Kunden des Brackweder Lebensmittelpunktes. Sie haben nun in der Wartezeit ein Dach über dem Kopf, Ältere und Kranke können sich setzen, es gibt ein großes WC.

Glücklich ist Klaus Milsmann, Sprecher der Ehrenamtsinitiative, auch darüber, dass der Lebensmittelpunkt Ausgabetische und Lebensmittelboxen nun nicht mehr wegräumen muss, wie in Senne, wo das Gemeinschaftshaus von vielen genutzt wird. In Brackwede kann alles stehen bleiben. Das erleichtere die Arbeit ungemein. Zudem gibt es jetzt eine eigene kleine Kleiderkammer.

Abläufe in der Neuen Schanze müssen sich noch einspielen


Ein großes Schild neben dem Eingang kündet von den neuen Nutzern. Bepflanzte Blumenkübel bilden ein nettes Willkommen für die Kunden des Lebensmittelpunktes. - © Sarah Jonek

Ein großes Schild neben dem Eingang kündet von den neuen Nutzern. Bepflanzte Blumenkübel bilden ein nettes Willkommen für die Kunden des Lebensmittelpunktes.
| © Sarah Jonek

Noch muss sich am neuen Standort alles einspielen, die Abläufe in der Gruppe, die Besucherlenkung. Am Freitag, 18. Juli, hat die erste Ausgabe in der Neuen Schanze stattgefunden. „Das war schon eine Herausforderung“, sagt Milsmann und lacht. Alle seien zur gleichen Zeit gekommen, weil sie neugierig gewesen seien. Normalerweise gibt es gestaffelte Ausgabenummern, sodass es sich nicht zu sehr staut. Der 78-Jährige ist aber gewiss, dass sich alles einspielen wird. Der ehemalige Geschäftsführer eines Maschinenbauunternehmens überlässt dabei nichts dem Zufall.

An diesem Tag hat er Brackwedes Kirchmeisterin Angelika Amman, Cornelia Winter, Geschäftsführerin der Kirchlichen Wohnungswirtschaft (KWW) und Nora Manze vom Verband zu Besuch. Sie haben mitgeholfen, schnell eine Alternative für den Lebensmittelpunkt zu finden, der sein Quartier in Senne nach acht Jahren verlassen musste. Das dortige Gemeinschaftshaus soll renoviert werden, und danach wäre für die Ehrenamtler dort kein Platz mehr gewesen.

Unwürdige Zustände und Notarzteinsätze beim Lebensmittelpunkt: Bielefelder müssen stundenlang in der Kälte warten

Das hat Klaus Milsmann lange Zeit sehr zu schaffen gemacht. Umso glücklicher ist er jetzt über diese Fügung. Kleiner Wermutstropfen: Zwar darf die Initiative die großen Räume in zentraler Lage nutzen, ohne Miete zahlen zu müssen, aber die Betriebskosten kann ihr Cornelia Winter nicht erlassen. Der Brackweder Lebensmittelpunkt finanziert sich komplett aus Spenden.

Lebensmittelpunkt hat sich Nachbarn in Sozialwohnungen schon vorgestellt


Großzügige Flure im ehemaligen kirchenlichen Begegnungszentrum dienen nun als Wartebereiche. In Senne standen alle bei Wind und Wetter draußen. - © Sarah Jonek

Großzügige Flure im ehemaligen kirchenlichen Begegnungszentrum dienen nun als Wartebereiche. In Senne standen alle bei Wind und Wetter draußen.
| © Sarah Jonek

Dass der Lebensmittelpunkt bald noch zusätzliche Kunden bekommt, glaubt Cornelia Winter ganz fest. Im Umfeld der Neuen Schanze gibt es zahlreiche Sozialwohnungen für Menschen über 60 Jahre. Wenn Unterstützung nun so nah ist, würde einige bestimmt darauf zugreifen. Der Lebensmittelpunkt hat sich bereits mit Flyern vorgestellt.

Mehr als 600 Personen aus Brackwede, Quelle, Ummeln und Senne sind bei der Initiative abholberechtigt. Klaus Milsmann berichtet, dass wöchentlich etwa 430 bis 450 Personen aus rund 150 Haushalten mit Lebensmitteln versorgt werden. „Pro Haushalt darf nur eine Person zur Abholung kommen“, erklärt der Sprecher.

Was der Initiative jetzt noch fehlt, sind weitere Helferinnen und Helfer. Daran herrscht immer Mangel, sagt Klaus Milsmann. Vor allem werden Menschen gesucht, die donnerstags und freitags mit den Bullis auf Tour durch Bielefeld gehen und bei den Geschäften die Lebensmittel abholen. Kurzfristig wären auch helfende Hände in den Sommerferien gut, da seine Truppe aktuell arg ausgedünnt sei. Wer mitmachen möchte, temporär oder dauerhaft, kann sich direkt an Klaus Milsmann wenden, Tel. 0176 82096948.

Mehr Infos über alle Bielefelder Tafeln finden Sie hier.

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