Trumps Respekt vor Deutschland wächst jetzt womöglich paradoxerweise noch weiter, weil Merz sich nicht hat ködern lassen. Statt bilateraler Sonderwege ließ die Bundesregierung die EU-Kommission verhandeln und betonte Europas Bedeutung für Deutschland. Eine Lektion lässt sich aus dem Umgang mit dem oft wechselhaft agierenden Trump tatsächlich ableiten: Er schätzt Standhaftigkeit, auch wenn sie gegen ihn gerichtet ist.

Aber was nützt diese amerikanische Anerkennung, wenn die deutsche Wirtschaft jetzt unter erschwerten Exportbedingungen, schwächerem Wachstum und höheren Schulden leidet?

Hier zeigt sich das Dilemma: Ohne die EU wäre Deutschland niemals so stark geworden, wie es heute ist. Die Bundesrepublik verdankt ihre wirtschaftliche Macht dem Binnenmarkt, der gemeinsamen Währung und auch der kollektiven Verhandlungsstärke einer Region mit 450 Millionen Menschen. Das bedeutet bisweilen aber auch: kurzfristiges Zurückstecken, um langfristig zu profitieren. So zumindest lautet die riskante Wette.

Sie einzugehen, ist nicht falsch. Denn Trump erkennt längst, dass die EU als Ganzes eine Supermacht darstellt. „They are tough“, sagt er in den vergangenen Monaten immer wieder anerkennend über die Europäer. Militärisch mag Europa zwar noch verwundbar sein. Daher kann Trump Europa angesichts der russischen Bedrohung auch nach wie vor wirksam erpressen. Wirtschaftlich aber sieht er die Europäer als extrem starken Wettbewerber.

Darum war es strategisch klug, dass Europa diese Stärke zunächst nicht voll ausgespielt hat. Und dass auch Deutschland diese Entscheidung mitgetragen hat. Denn gelingt es der EU, unter deutscher Führung, die gewonnene Zeit zu nutzen, um insbesondere die gemeinsame militärische Eigenverantwortung konsequent zu stärken, ist das gut für alle Staaten.

Wenn sich die Partner jetzt nicht in nationalen Einzelinteressen verlieren, könnte Trumps Anerkennung am Ende für ganz Europa so groß werden, wie sie für Deutschland bereits ist. Das wäre am Ende ein Gewinn für beide Seiten des Atlantiks.

Deutschland profitiert von Trumps Respekt nur dann nachhaltig, wenn es ihn nicht isoliert genießt, sondern als Teil eines starken Europas. Die Bundesregierung hat hier bislang geschickt agiert, auch wenn das nicht einfach zu vermitteln ist – weder der heimischen Industrie noch der eigenen Bevölkerung.

Wichtig ist es jetzt, diesen Weg immer weiter zu beschreiten. Nur dann wird aus der Durststrecke wieder ein Spaziergang. Auch wenn bei Trump immer alles anders kommen kann. Fürs Erste aber läuft es für Europa und Deutschland besser, als viele zu hoffen wagten.